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22.04.2005 10:48

Uni-DuE: Zur Interaktion von Pflanze und Tier - Jeden Tag ein Leibgericht

Monika Roegge Pressestelle Campus Essen
Universität Duisburg-Essen

    Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts (MPI) für Chemische Ökologie in Jena und der Abteilung für Allgemeine Botanik und Pflanzenökologie der Universität Duisburg-Essen haben ein Enzym entdeckt, das die Zusammensetzung des Zuckers im Nektar maßgeblich beeinflusst. Dieses Enzym spaltet bestimmte Zucker, die im Nektar nicht erwünscht sind, und entfernt sie so aus der Lösung. Das gestattet den Pflanzen, ihren Nektar in einer ganz bestimmten Rezeptur anzubieten. Über dieses Ergebnis einer Mexiko-Exkursion berichten Professor Wilhelm Boland, Abteilungsdirektor am Jenaer Institut, Professor Martin Heil, erst kürzlich aus Jena nach Essen berufener Biologe, und Janine Rattke, aus Jena gerade nach England "abgewanderte" Technische Assistentin, in der aktuellen Ausgabe des hoch angesehen Wissenschaftsmagazins "Science" (Science 308 (5721), April 22, 2005).

    Die spezifische Zusammensetzung des Zuckers im Nektar erweist sich als wichtig für Symbiosen von Pflanze und Tier. Deren Zusammenleben ist vielfach dadurch gekennzeichnet, dass die Pflanze gegen eine "Belohnung" einen bestimmten Service vom Tier erhält. Nektar spielt dabei in zwei sehr verschiedenen Interaktionen eine wichtige Rolle: Während der Blütennektar Bienen anlockt, damit sie die Bestäubung übernehmen und damit den Frucht- und Samenansatz ermöglichen, dient der Blattnektar Ameisen als Nahrung. Als Gegenleistung machen diese Jagd auf Fraßfeinde der Pflanzen - etwa auf Raupen, kleine Käfer und andere Insekten - und bilden so eine sichere Verteidigungslinie.

    Die drei Wissenschaftler haben sich in Mexiko mit verschiedenen Akazien-Arten befasst. Die eine Gruppe zieht zur Bekämpfung ihrer Fraßfeinde beliebige Ameisen-Scharen aus ihrer Umgebung an, andere Arten sind von bestimmten Kolonien besiedelt. Diese Akazien bieten "ihren" Insekten speziell den Nektar an, der den Tieren besonders gut bekommt und der sie deshalb zu "Dauerbewohnern" macht. Das von Heil, Rattke und Boland gefundene Enzym sorgt dafür, dass die Pflanzen den Nektar entsprechend den Bedürfnissen der anzulockenden Tiere "zubereiten" können.

    Die nicht näher an das System angepassten Ameisen bevorzugen, so fanden die Wissenschaftler heraus, einen Nektar, der Rohrzucker - Saccharose -, Traubenzucker - Glucose - und Fruchtzucker - Fructose - enthält. Im Nektar der spezialisierten Akazien dagegen fehlt der Rohrzucker. Aus Sicht der Wissenschaftler gibt es dafür eine spannende, weil auch auf andere Gebiete ausstrahlende Erklärung:

    Rohrzucker ist für Ameisen generell eine beliebte Ernährungsquelle. Fehlt er im Blattnektar, wird dieser für die Insekten uninteressant. Den "spezialisierten Ameisen" aber fehlt das Enzym, das sie zur Verdauung der Saccharose brauchen. Sie ist für diese Tiere so unverträglich wie Milchzucker für manche Menschen. Für diese Insekten produziert die Pflanze, auf der sie heimisch sind, ein spezielles "Leibgericht" - von vornherein frei von Saccharose.

    Es sei das erste Mal, dass ein derartiges Verdauungs-Enzym im Nektar gefunden wurde, machen die Wissenschaftler das Ausmaß ihrer Entdeckung deutlich. Das Enzym - Invertase heißt es - spielt auch im Honig eine wichtige Rolle bei der Steuerung der Zuckerzusammensetzung. Bisher vermutete man, dass es von der Biene herstammt. "Ob das wirklich oder zumindest ausschließlich so ist, muss jetzt", sagt der Essener Biologe Heil, "vor dem Hintergrund unserer Arbeit neu geprüft werden."

    Keine Antwort hat Heil auf die Frage, warum die eine Akazienart "unspezialisierte", die andere aber "spezialisierte" Ameisen bevorzugt. Das sei die grundlegende Frage nach der Entstehung der Artenvielfalt in einer bestimmten Region. Einen Erklärungsversuch aber unternimmt der Wissenschaftler: Der Schutz bei den dauernd besiedelten Arten sei viel effektiver; dafür müssten die Pflanzen aber auch viel mehr in die Ameisen "investieren" und zum Beispiel auch während der Trockenperioden Blätter tragen. Diese Bäume seien also auf geographisch feuchtere Gebiete beschränkt. Ob sich der Mehraufwand für die Pflanzen rechne, hänge vom aktuellen Fraßdruck ab, und der sei eben nicht konstant.

    Hinweis für die Redaktionen: Fotos zu dieser Presseinformation stellen wir Ihnen im jpg-Format unter der Adresse
    http://www.uni-duisburg-essen.de/aktuelles/pi_fotos.shtml
    zur Verfügung. Unter den Links "Ameisen - Bild 1" und "Ameisen - Bild 2" finden Sie Bilder "spezialisierter" Pseudomyrex-Ameisen beim Verzehr von Nektar der Acacia Collinsii, unter den Links "Martin Heil - Bild 1" und "Martin Heil - Bild 2" Professor Dr. Martin Heil während der Exkursion in Mexiko.

    Redaktion: Monika Rögge, Tel.: (0201) 183-2085
    Weitere Informationen: Prof. Dr. Martin Heil, Tel. (0201) 183-4302;
    E-Mail: martin.heil@uni-due.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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