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22.04.2005 18:00

Wissenschaftspreises zum Thema "Das Dilemma der modernen Medizin"

Dr. Klauspeter Strohm Akademische Angelegenheiten, Weiterbildung
Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer

    Am 22. April 2005 fand in der Aula der DHv Speyer die Preisverleihung des diesjährigen J.J.- Becher Preises statt. Der diesjährige Wettbewerb hatte das Thema "Das Dilemma der modernen Medizin: Gratwanderung zwischen Machbarkeit, Sinnhaftigkeit und Bezahlbarkeit".

    Vierteljährliche Praxisgebühr und Zuzahlungen zu Arznei und Krankenhausaufenthalt, wie sie seit Jahresbeginn das "Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung" vorsieht, sind möglicher Weise nur Vorboten einer weit grundsätzlicheren Umgestaltung unseres Gesundheitswesens. Denn gravierende Einflüsse zeichnen sich ab: Erfreulicher Weise steigt unser aller Lebenserwartung immer mehr an - allerdings nehmen damit auch Zahl und Art von Erkrankungen zu. Erfreulicher Weise macht die Medizin immense Fortschritte - allerdings steigt damit auch der Ressourcenbedarf für Forschung, Entwicklung, Diagnose und Therapie steil an. Unausweichlich steigt damit zugleich der Anteil des Sozialprodukts, der für das Gesundheitswesens aufzuwenden ist - allerdings ist die Frage, wie die Finanzmittel dafür aufgebracht werden können, keineswegs schon beantwortet.

    Das Feld der Gesundheit wird folglich uns alle - als Patienten, als Steuer- und Beitragszahler, als Wähler oder als Angehörige der Heilberufe - künftig noch weit stärker als bisher interessieren müssen. Deshalb hat die Johann Joachim Becher-Stiftung Speyer ihren diesjährigen Wissenschaftspreis unter das Thema gestellt: "Das Dilemma der modernen Medizin: Gratwanderung zwischen Machbarkeit, Sinnhaftigkeit und Bezahlbarkeit". Die Stiftung will damit einen Beitrag dazu leisten, dass dieses Thema in der öffentlichen Diskussion den ihm gebührenden Platz einnimmt und das Bewusstsein über die Neugestaltungsnotwendigkeit unseres Gesundheitssektors wächst. Sie knüpft damit zugleich an ihren Namensgeber an, den 1635 in Speyer geborenen Universalgelehrten Johann Joachim Becher, der nicht nur Nationalökonom und Naturwissenschaftler war, sondern auch Professor der Mainzer medizinischen Fakultät sowie "Hofarzt und Mathematiker" an den kurfürstlichen Höfen von Mainz und München.

    Die Auslobung des diesjährigen Becher-Preises stand unter der Schirmherrschaft der Gesundheitsministerin von Rheinland-Pfalz, Frau Malu Dreyer, und hat 53 Ideenskizzen erbracht. Aus diesen hat eine hochkarätige Jury aus zehn Medizinern, Ökonomen, Theologen und Juristen vier Wettbewerbsarbeiten für eine Auszeichnung herausgefiltert. Die Laudatio hält Prof. Dr. Heinrich Reinermann, Vorsitzender der Becher-Stiftung. Der Jury gehörten weiter an: Domdekan Hugo Büchler, Speyer; Professor Dr. Peter Drings, Heidelberg; Professor Dr. Dr. h.c. mult. Harald zur Hausen, Heidelberg; Akademiedirektor Volker Hörner, Speyer; Professor Dr. Dr. h.c. Ursula Lehr, MdB a.D. Bonn; Margot von Renesse, MdB a.D., Bochum; Professor Dr. Dr. h.c. Bert Rürup, Darmstadt sowie Professor Dr. Dr. h.c. Hans-Günther Sonntag, Heidelberg.

    Den mit 5.000 Euro dotierten Johann Joachim Becher-Preis erhält Professor Dr. Ralf Ziegenbein, International School of Management, Dortmund, für seine Arbeit: "Mit dem Gesundheits-Sparkonto zu mehr Eigenverantwortung: Ein Ansatz zur Reform des solidaren Gesundheitssystems". Seine Überlegungen setzen bei den Leistungsempfängern an und gehen von der Lebenserfahrung aus, dass ein solidarisches Umschichten der Gesundheitsrisiken auf die Schultern einer Versichertengemeinschaft ohne entsprechende Eigenverantwortung der Einzelnen auf Dauer keinen Bestand haben kann. Der Preisträger hat bei der Suche nach mehr Eigenverantwortung im Gesundheitswesen über die Landesgrenzen hinausgeschaut und in Singapur eine Form der Finanzierung gefunden, die nicht auf unserem traditionellen Umlageverfahren basiert, sondern auf einem Kapitaldeckungsverfahren, in dessen Mittelpunkt obligatorische persönliche Gesundheitssparkonten stehen. Dieses Finanzierungsmodell setzt insoweit die Idee des aufgeklärten Patienten um, auch unter dem Gesichtspunkt des Kostenbewusstseins, und eröffnet Spielräume für eine individuelle Prioritätensetzung. Zugleich aber gewährleistet es eine Grundsicherung für den Fall, dass Kosten über ein zumutbares Maß hinaus anfallen. Eigenverantwortung und Solidarität sind somit die beiden tragenden Säulen dieses Modells, das vom Autor an deutsche Verhältnisse angepasst wird.

    Die Becher-Stiftung zeichnet daneben die Autoren dreier weiterer Wettbewerbsarbeiten mit einer Anerkennung aus:

    Professorin Dr. Friederike Wall, Universität Witten/Herdecke, und Professor Dr. Werner Ischebeck, Klinik Holthausen, für ihre mit weiteren Autoren erstellte Arbeit "Kostenanalyse im Institutionen übergreifenden Prozess der Krankheitsbehandlung" (klinische Behandlungspfade als ein Schlüssel zu einer patientenorientierten, qualitativ hochwertigen und ihre Kosten rechtfertigenden Medizin),

    Professorin Dr. Angela Brand für eine Arbeit der Task Force "Public Health Genetics" des Zentrums für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld "Gesundheitssicherung im Zeitalter der Genomforschung" (rechtliche, ethische und gesundheitspolitische Aspekte einer Diagnostik, mit der man Erkrankungen frühzeitig genetisch identifizieren könnte, vor dem Hintergrund der rasch voranschreitenden Genomforschung) sowie

    Dr. Boris Augurzky und weitere Autoren vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung, Essen, und der Health Care Unternehmensberatung Admed für ihre Arbeit "Strukturreformen im deutschen Gesundheitswesen" (Quantifizierung der Einsparpotenziale bei Krankenhäusern, Ärzten, Apotheken, Krankenkassen und anderen Leistungserbringern).

    Für den Festvortrag zur Preisverleihung konnte Staatssekretär Dr. Richard Auernheimer, Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz, gewonnen werden, der zum Thema spricht: "Reform der Gesetzlichen Krankenversicherung im Spannungsfeld zwischen Solidarität und Eigenverantwortung".

    Alle mit dem diesjährigen J. J. Becher-Preis ausgezeichneten Wettbewerbsarbeiten sowie die anlässlich der Preisverleihung gehaltenen Reden werden in einer Dokumentation veröffentlicht werden.

    Kontakt: reinermann@dhv-speyer.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Informationstechnik, Medizin, Philosophie / Ethik, Politik, Recht, Religion
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Personalia
    Deutsch


     

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