Bonner Parasitologen untersuchen Arten, Verbreitung und mögliche Übertragung von Krankheitserregern durch "Herbstmilben"
Lange Zeit wurde den Laufmilben (lat. Trombiculiden) kaum Beachtung geschenkt. Erst seit die winzigen Quälgeister in einigen Regionen geradezu epidemieartig auftreten und leidgeprüfte Patienten zerbissen die Praxen von Hautärzten bevölkern, hat sich daran etwas geändert. Die Parasitologen der Bonner Universitätsklinik beginnen gegenwärtig mit der Feldarbeit zu einem Forschungsvorhaben, das Milben systematisch bestimmen und ihre regionale Verbreitung erfassen will, um daraus Empfehlungen zur Vermeidung und Bekämpfung zu entwickeln. Darüber hinaus soll in einem weiteren Schritt geklärt werden, ob Milbenlarven als Überträger von Krankheiten in Frage kommen.
Von den subtropischen Verwandten unserer Milbenarten im asiatischen Raum weiß man, daß sie beispielsweise den Erreger des Tsutsugamushi-Fiebers übertragen. In unseren Breiten gibt es zwar keinen konkreten Verdacht, daß Laufmilben, ähnlich wie Zecken, Krankheitserreger übertragen können, doch fehlen bisher wissenschaftliche Untersuchungen, die dies ausschließen.
Die wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über Milben stammen weitgehend aus den 50er und 60er Jahren und beschränken sich hauptsächlich auf zwei medizinisch orientierte Aspekte: die Infektion beim Tsutsugamushi-Fieber und die Hautreaktionen auf Milbenbisse (Trombidiose). Die heute im deutschen Sprachgebrauch üblichen Bezeichnungen stellen in erster Linie einen Bezug zu einem bestimmten jahreszeitlichen Vorkommen wie Herbst- und Erntemilbe oder zum Vorkommen in bestimmten Vegetationen wie Gras-, Stachelbeer- oder Heumilbe her. Die in Deutschland wahrscheinlich häufigste Art ist die sogenannte Herbstmilbe. Da abhängig von Standort und Witterungsbedingungen Belästigungen mittlerweile von März bis Oktober auftreten können, ist dieser Namen eher irreführend. Hier setzen die Bonner Parasitologen an: Erstmals soll mit Hilfe molekularbiologischer Analysen wie der DNA-Sequenzanalyse überprüft werden, ob die bestehende Systematik ergänzt bzw. neu definiert werden muß. Aus der Existenz von Unterarten ließen sich beispielsweise die Unterschiede im jahreszeitlichen Vorkommen oder im Lebenszyklus erklären.
Bereits im letzten Jahr waren aufgrund eines Aufrufs in den lokalen Tageszeitungen persönlich Betroffene gesucht worden. Daraufhin hatten sich über 320 Familien aus dem Köln-Bonn-Aachener Raum gemeldet, die bereit waren, ihre Gärten für dieses Forschungsvorhaben zur Verfügung zu stellen. Parallel zur Materialsammlung in den bekannten Gebieten sollen die Vegetation bestimmt, Daten zum Bodenklima und zur Bodenstruktur sowie weitere klimatische Daten im potentiellen Lebensraum der Milbenlarven kleinräumig erfaßt werden. Von Interesse sind dabei lediglich die nur rund 0,3 mm großen sechsbeinigen Larven. Nur sie nehmen als echte Parasiten Gewebsflüssigkeit und Lymphe mit ihren stechend-saugenden Mundwerkzeugen auf. Der Mensch wird dabei eher zufällig befallen - die eigentlichen Wirte sind verschiedeneArten von Mäusen und Ratten. Die ausgewachsenen Milben sowie nachfolgende Larvenstadien leben unterirdisch von Kleinstlebewesen.
Gegenwärtig wird vermutet, daß Milben Böden mit Moos, Grasschnitt, Mulch und dergleichen lieben. Deshalb wird zur Zeit empfohlen, Feuchtstellen im Garten zu beseitigen und Grasschnitt zu entfernen. Leider schützen diese Maßnahmen nicht sicher vor Herbstmilben, bzw. trotz anscheinend günstigster Bedingungen werden manche Gärten nicht befallen. Aufschluß darüber kann erst ein so breit angelegtes Forschungsvorhaben wie das der Bonner Parasitologen bringen.
In einem weiteren Schritt des Forschungsvorhabens sollen die gesammelten Larven auf bekanntermaßen von Zecken übertragene Erreger getestet werden. Dazu zählen neben Borrelien und den Hirnhautentzündung auslösenden FSME-Viren auch Ehrlichien und Babesien. Dort wo infizierte Milben nachgewiesen werden, sollen dann Blutproben von Kleinsäugern der entsprechenden Areale auf diese Erreger bzw. Antikörper dagegen getestet werden. Auch Patienten, bei denen eine Trombidiose, also die deutliche Hautreaktion auf Milbenbisse, nachgewiesen wurde, sollen serologisch auf Antikörper gegen die gleichen Erreger untersucht werden. Durch geeignete Blutanalyseverfahren kann dabei ausgeschlossen werden, daß in der Vergangenheit ein Zeckenkontakt vorlag. So ließe sich sicher feststellen, ob durch Milben Krankheitserreger übertragen werden.
Ansprechpartner:
Dr. Helge Kampen, e-mail: hkampen@parasit.meb.uni-bonn.de
http://www.meb.uni-bonn.de/parasitologie/index.html
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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