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28.04.2005 11:31

Promotionen, Preise und polymerer Zucker

Dr. Arnd Schweitzer Stabsstelle Kommunikation
Medizinische Hochschule Hannover

    Medizinische Hochschule Hannover (MHH) begeht morgen
    11. Promotionsfeier

    So viele Urkunden gab es noch nie: Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) begeht zum elften Mal ihre Promotionsfeier und lädt dazu Preisträger und Nominierte, Bekannte, Verwandte und Freunde herzlich in den Hörsaal F ein. Präsident Professor Dr. Dieter Bitter-Suermann wird die Urkunden für die erfolgreich beendeten Doktorarbeiten 156 jungen Ärztinnen und Ärzten und zwei Humanbiologen überreichen; 16 von ihnen haben ihre Promotionen "mit Auszeichnung" abgeschlossen. Zwei Promotionspreise gehen an Dr. med. Christine Radtke, MD, (29) und an Dr. med. Magnus Otto (29). Die Auszeichnungen sind mit je 2.500 Euro dotiert und werden von der Gesellschaft der Freunde der Medizinischen Hochschule Hannover e. V. vergeben. Der mit 2.500 Euro dotierte Hans-Heinrich-Niemann-Preis geht an Dr. rer. nat. Katharina Stummeyer (29) aus der MHH-Abteilung Zelluläre Chemie. Dieser Preis wird ebenfalls von der Gesellschaft der Freunde der MHH verliehen. Zum Abschluss vergibt Professor Bitter-Suermann die Fördergelder der Braukmann-Wittenberg-Herz-Stiftung an MHH-Forscherinnen und -Forscher - insgesamt mehr als 627.000 Euro.

    Die Promotionspreise

    Verpflanzte Stammzellen reparieren das Zentrale Nervensystem
    Alle Nervenzellen des Menschen sind von einer Isolierschicht, der Myelinscheide, umgeben, die in regelmäßigen Abständen unterbrochen ist. Sie wird gebildet von spezialisierten Zellen, die die jeweilige Nervenfaser (Axon) mehrfach spiralförmig umhüllen. Sie dienen als elektrischer Isolator der Axone und spielen eine wichtige Rolle bei der Fortleitung von elektrischen Erregungen und damit von Informationen. Bei einigen Erkrankungen des Zentralen Nervensystems (ZNS) wie der Multiplen Sklerose wird die Myelinscheide zerstört (demyelinisiert) und dadurch auch das Axon geschädigt. Im Gegensatz zur Peripherie findet im Zentralen Nervensystem keine Regeneration statt. Zudem sind die therapeutischen Mittel bislang begrenzt. Allerdings können Forscher heute bestimmte Zellen so präparieren und kultivieren, dass die Zellen geschädigte Axone im ZNS wieder remyelinisieren und deren Wachstum nach Verletzung unterstützen.

    Hier setzt die Arbeit von Dr. Christine Radtke an: Sie untersuchte, ob sich verschiedene Zellarten (Knochenmark-Stammzellen, olfaktorische Gliazellen und Schwann-Zellen) zur Reparatur des ZNS einsetzen lassen. Zunächst isolierte sie Stammzellen aus dem Knochenmark, die nicht der Blutbildung dienen und sich unter bestimmten Bedingungen in eine Vielzahl von Zellen differenzieren können - unter anderem in Gliazellen, wie Dr. Radtke erstmalig zeigen konnte. Anschließend injizierte sie im Tiermodell die Zellen in das Rückenmark. Das Ergebnis: Die verpflanzten Zellen entwickeln sich weiter und reparieren demyelinisierte Axone. Dies geschieht sogar, wenn die Knochenmark-Stammzellen in eine äußere Vene gespritzt werden. Der Vorteil: Die Zellen stammen von demselben Individuum, das sie auch später wieder erhält.

    Ein zweiter Versuch beschäftigte sich mit olfaktorischen Gliazellen, die normalerweise kein Myelin bilden. Dr. Radtke verpflanzte diese Zellen in die Nähe von verletzten Axonen bei Primaten; dort produzierten die Zellen überraschenderweise Myelin - dies war die erste Demonstration einer Remyelinisierung bei Primaten. Aufgrund dieser Ergebnisse startete eine erste Studie zur Transplantation von Schwann-Zellen bei Patienten mit Multipler Sklerose. Dr. Radtke ist es in ihrer Arbeit gelungen, experimentelle Strategien aus der Grundlagenforschung klinisch anzuwenden - ein wichtiger Schritt zu einer künftigen Therapie.

    Gegen Rheuma und Allergie - kleines Molekül mit großer Wirkung

    Das Komplementsystem ist Teil des angeborenen Immunsystems und hilft entscheidend mit, Infektionserreger abzuwehren. Zudem vermittelt es Entzündungsreaktionen, die dem Körper helfen, als fremd erkannte Zellen und Stoffe zu bekämpfen. Unter bestimmten Bedingungen kann es jedoch zur unkontrollierten, überschießenden Aktivierung des Komplementsystems kommen - und damit zu einer schwerwiegenden Erkrankung. Während der Aktivierung entsteht unter anderem das so genannte Anaphylatoxin C5a. Dieses Gift ist bei akut ("Blutvergiftung", Sepsis) und chronisch entzündlichen Erkrankungen (rheumatoide Arthritis oder allergisches Asthma) von entscheidender Bedeutung. Seine biologische Wirkung entfaltet C5a durch zwei Oberflächenmoleküle auf einer Reihe von Körperzellen, den so genannten C5a-Rezeptoren. In der Arbeitsgruppe von Professor Dr. Jörg Köhl, ehemals MHH, wurde vor einigen Jahren ein Molekül entwickelt, das die biologischen Funktionen von C5a entscheidend hemmt.

    In seiner Promotionsarbeit konnte Dr. Magnus Otto mittels molekularbiologischer Methoden den Wirkmechanismus dieses C5a-Rezeptorantagonisten aufklären und seine Wirksamkeit entscheidend verbessern. Zudem zeigte er, dass dieses Molekül in besonderer Weise die Wechselwirkung von C5a mit seinen beiden Rezeptoren unterbindet. Dank seiner Arbeit können Forscher Erkrankungen besser untersuchen, bei denen C5a entscheidend beteiligt ist. Gleichzeitig eröffnen sich mit dem verbesserten C5a-Rezeptorantagonisten neue, dringend benötigte Behandlungs-Möglichkeiten für rheumatische und allergische Erkrankungen.

    Der Hans-Heinrich-Niemann-Gedächtnispreis

    Polysialinsäure: Enzyme helfen, Bakterien und Tumoren zu knacken
    Ein großes Zuckermolekül, die Polysialinsäure (polySia), ist sehr wichtig für die Entwicklung und Funktion des Nervensystems. PolySia unterstützt ein Leben lang Lern- und Gedächtnisleistungen. Allerdings hat sie auch Schattenseiten: Bei bösartigen Tumoren des Nervengewebes tritt sie in hoher Konzentration auf. Und bei bestimmten Bakterien umgibt eine große polySia-Kapsel die Zellen wie ein Schutzmantel - dazu gehören die Meningitiserreger Escherichia coli K1 und Neisseria meningitidis, Serogruppe B. Das menschliche Immunsystem kann so die Tumor- und Bakterienzellen nicht als fremd erkennen. Deshalb bemühen sich Forscherinnen und Forscher für die Diagnostik und die Therapie, polySia zu erkennen und mit Hilfe von Enzymen abzubauen. Von besonderem Interesse sind dabei die Endosialidasen. Sie kommen in Viren vor, deren Wirte Bakterien sind, - und sind die bislang einzig bekannten Enzyme, die hochspezifisch polySia abbauen können.

    Dr. Katharina Stummeyer gelang es in ihrer Arbeit erstmals, die räumliche Struktur einer Endosialidase zu beschreiben. Dadurch ermöglichte sie detaillierte Einblicke in die einzigartigen Struktur- und Funktionsbeziehungen dieser Enzymfamilie und es gelang ihr erstmalig, die Bindung zwischen Polysialinsäure und einem Protein näher zu beschreiben. Da nun die molekulare Struktur bekannt war, konnte Dr. Stummeyer gezielt veränderte Formen der Endosialidase herstellen - so zum Beispiel Enzyme, die keine Spaltungsaktivität mehr aufweisen, aber unvermindert bindungsfähig sind. Damit lässt sich polySia in Forschung und Entwicklung künftig zielsicher aufspüren.


    Forschungsgelder der Braukmann-Wittenberg-Herz-Stiftung 2005

    Erneut unterstützt die Braukmann-Wittenberg-Herz-Stiftung wissenschaftliche Arbeiten in der MHH. Folgende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden nun gefördert:

    - Professor Dr. rer. nat. Ulrich Martin, Abteilung Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, für die "Molekulare Charakterisierung und Induktion der kardialen Differenzierung von Rhesus-ES-Zellen" (88.000 Euro).

    - Dr. med. Artur Lichtenberg, Abteilung Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, für die "Herstellung und tierexperimentelle Testung bioartifizieller Annuloplastik-Ringe aus Trachealknorpelgewebe für die rekonstruktive Mitralklappenchirurgie" (86.000 Euro).

    - Dr. med. Anne Limbourg, Privatdozent Dr. med. Kai C. Wollert und Professor Dr. med. Helmut Drexler, Abteilung Kardiologie und Angiologie, für die "Stammzelltherapie bei kardiovaskulären Erkrankungen: Parakrine und zelluläre Mechanismen der Herzregeneration" (71.340 Euro).

    - Privatdozent Dr. med. Talât Mesud Yelbuz, Abteilung Pädiatrische Kardiologie und Pädiatrische Intensivmedizin, für die "Etablierung einer neuen dynamischen 4-D-Bildgebung zur Darstellung der Koronargefäß-Entwicklung im embryonalen Herzen mittels hochauflösender optischer Kohärenz-Tomographie (OCT)" (64.780 Euro).

    - Privatdozentin Dr. rer. nat. Theresia Kraft, Abteilung Molekular- und Zellphysiologie, für das Projekt "Primäre Funktionsstörungen und Kompensationsmechanismen des Myokards am Beispiel der familiären hypertrophischen Kardiomyopathie: Untersuchungen an isolierten humanen Herzmuskelzellen" (57.404 Euro).

    - Privatdozent Dr. med. Wilfried Gwinner und Dr. med. Ulf Landmesser, Abteilung Kardiologie und Angiologie, für die "Elektronen-Spin-Resonanz-(ESR)-Spektroskopie zur Bestimmung der Stickstoffmonoxid-Bioverfügbarkeit und der Superoxid-Anionen-Produktion bei Risikofaktoren für die Entstehung und Progression der Atherosklerose" (54.949 Euro).

    - Dr. phil. Andreas Hilfiker, Abteilung Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, für die "Charakterisierung von Endothelzelltypen, als Basis zur Autologisierung pulmonaler Herzklappen nach Dezellularisierung" (54.000 Euro).

    - Privatdozent Dr. rer. nat. Andreas Pich, Abteilung Toxikologie, und Dr. med. Florian P. Limbourg, Abteilung Kardiologie und Angiologie, für das Projekt "Veränderungen in der Proteinexpression endothelialer Progenitorzellen bei koronarer Herzkrankheit: eine Proteomanalyse" (38.796 Euro).

    - Dipl.-Biochem. Ina Gruh und Dr. med. Thedoros Kofidis, Abteilung Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, für die "Isolierung und Charakterisierung von humanen kardialen Stammzellen" (36.000 Euro).

    - Professorin Dr. med. Faikah Güler, Abteilung Nephrologie, für "Neue experimentelle Ansätze zur Verhinderung des akuten Nierenversagens im Rahmen großer Herz-Thorax-chirurgischer Eingriffe" (30.000 Euro).

    - Dr. med. Christian Templin, Abteilung Kardiologie und Angiologie, "Therapie der myokardialen Ischämie durch gentechnisch manipulierte Stammzellen - Grundlagen und klinische Applikationen" (18.700 Euro).

    - Dr. med. Stefanie Buchholz, Abteilung Hämatologie, Hämostaseologie und Onkologie, für das Projekt "Zirkulierende Endothelzellen als Marker für Endothelzellschädigung nach Chemotherapien und Stammzelltransplantation - Evaluation der diagnostischen Wertigkeit der pathogenetischen Bedeutung" (17.850 Euro).

    - Dr. med. Nawid Khaladj, Abteilung Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, für die "Etablierung eines Kleintiermodells zur experimentellen Rückenmarksischämie" (9.750 Euro).


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    regional
    Studium und Lehre
    Deutsch


     

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