Labor für Kartographie entwickelt Aufnahmetechnik weiter
Reflektographie erlaubt den Blick auf die Entstehungsphasen
berühmter Kunstwerke
Ww/ Das Labor für Kartographie der Fachhochschule Oldenburg hat die Infrarot-Reflektographie weiter entwickelt. Diese Technik erlaubt es dem Betrachter, quasi einen Blick über die Schulter eines Künstlers auf sein im Entstehen begriffenes Gemälde zu werfen.
Infrarot-Reflektogramme zeichnen den dem menschlichen Auge nicht sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums jenseits des roten Lichts auf. Dieses langwellige Licht wird von verschiedenen Materialien nur in geringem Maße reflektiert und bringt somit darunterliegende Schichten zum Vorschein. Daraus ergeben sich Anwendungsmöglichkeiten beispielsweise bei der Untersuchung von Gemälden auf Vorzeichnungen bzw. Übermalung.
Die so gewonnenen Erkenntnisse wiederum lassen zahlreiche Rückschlüsse auf die Entstehung berühmter Kunstwerke zu und stellen eine wichtige Quelle neuer Einsichten innerhalb der Kunstgeschichte dar. So konnte die Untersuchung der "Darmstädter Madonna" von Hans Holbein nicht nur die Entstehungsgeschichte des Gemäldes korrigieren, sondern zugleich einen ungeahnt komplexen Prozeß der Bildentstehung dokumentieren: die erste Unterzeichnung wurde zwar partiell in Farbe ausgeführt, dann aber durch eine neue Unterzeichnung korrigiert, um schließlich (auch wegen des Verlöbnisses der Tochter) mit einigem zeitlichen Abstand zu der ersten Malphase ein weiteres Mal zum heutigen Oberflächenbild übermalt zu werden.
Das vom Labor für Kartographie entwickelte neue Verfahren basiert auf einer Studiokamera, die mit einem im infraroten Bereich empfindlichen Scanner in der Bildebene der Kamera ausgestattet ist.
Die besonderen Eigenschaften und Vorteile dieses Verfahrens gegenüber der bisherigen Herstellung von Infrarot-Reflektographien sind:
Geringe Belastung der Gemälde und Objekte durch die Verwendung spezieller Beleuchtungseinrichtungen
Qualitativ hochwertige Aufnahmen in wenigen Minuten (u.a. durch großformatige Studiokamera, Scanner mit hoher Auflösung)
Kurze Aufnahme- und Nachbearbeitungszeiten durch großflächigen Sensor
Flexibilität beim Einsatz des Verfahrens vor Ort
Mosaikbildung ist nur noch für sehr große Flächen erforderlich. Die typische
Kachelung entfällt ebenso wie Klaffungen im Ergebnisbild.
Professor Dr. Manfred Weisensee und seine Mitarbeiter an der Fachhochschule Oldenburg haben bis jetzt zahlreiche Werke u.a. von Albrecht Altdorfer, Hans Holbein d.J., Albrecht Dürer und Jan van Eyck untersucht. Jetzt gehen die Wissenschaftler im Rahmen einer Kooperation mit dem Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt a.M. auf eine "Holbein-Tournee", um Gemälde in Solothurn, Freiburg und Karlsruhe auf Vorzeichnungen bzw. Übermalungen zu untersuchen.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Informationstechnik, Kunst / Design, Musik / Theater
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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