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11.05.1999 00:00

Neues Konzept zur Früherkennung von BrustkrebsMammographie mit striktem Qualitätsmanagement

Dipl. Biol. Barbara Ritzert Pressearbeit
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

    SPERRFRIST: 11. Mai 1999, 11.00 Uhr

    Alle Frauen sollen zur Früherkennung von Brustkrebs ab dem 40. Lebensjahr regelmäßige Mammographien in Anspruch nehmen können. Um eine hohe Qualität der Untersuchung zu gewährleisten, sind strenge technische und fachliche Kontrollen sowie bei Bedarf eine Zweitbegutachtung des Befundes vorgesehen. Dieses neue Konzept präsentiert die Deutsche Röntgengesellschaft auf ihrem Jahreskongreß in Wiesbaden.

    Das Vertrauen der deutschen Frauen in die Mammographie wächst, die Strahlenangst sinkt. In Westdeutschland rechneten im Jahre 1990 niedergelassene Ärzte mit den Gesetzlichen Krankenkassen knapp 1,5 Millionen Röntgen-Untersuchungen der Brust ab. Sechs Jahre später, 1996, waren es bereits rund 2,2 Millionen. Die Zahl der Frauen, die sich dieser Untersuchung unterziehen, wächst somit jährlich um fast 120.000. Einschließlich der neuen Bundesländer wurden 1996 insgesamt 2,6 Millionen ambulante Mammographien von der Statistik erfaßt. Dies bedeutet: Schätzungsweise ein Viertel jener rund zehn Millionen Frauen in der Altersgruppe zwischen 40 und 60 Jahren werden bereits mammographisch untersucht.

    Wie wichtig eine bessere Früherkennung des Mammakarzinoms ist, belegt die Statistik. Jährlich erkranken 43 000 Frauen in Deutschland an Brustkrebs und 19 000 (44 Prozent) sterben daran. Zwar steigt das Risiko an Brustkrebs zu erkranken mit dem Alter der Frau, doch es sind keinesfalls nur ältere Frauen betroffen: Etwa 40 Prozent der an einem Brustkrebs verstorbenen Frauen sind jünger als 60 Jahre.

    Die bislang empfohlene Früherkennungsmethode, das regelmäßiges Abtasten der Brust, reicht nicht aus, um diese grausame Statistik zu verändern. Nicht jeder Brust-krebs ist tastbar und wenn, ist es häufig zu spät. Bei jeder zweiten Frau, bei der ein bösartiger Tumor in der Brust eher zufällig gefunden wird, hat dieser bereits
    Krebszellen in andere Organe abgesiedelt. Haben sich Metastasen gebildet, können die Ärzte das Fortschreiten der Erkrankung zwar bremsen und Beschwerden lindern, heilen können sie jedoch in den meisten Fällen nicht.

    Die Mammographie ist die effektivste Methode zur Brustkrebs-Früherkennung. In Ländern, in denen es langjährige Erfahrungen mit mammographischen Reihenuntersuchungen gibt, konnte die Brustkrebs-Sterblichkeit erheblich verringert werden, im Durchschnitt um ein Drittel. Darum sind solche Untersuchungen in einigen Industrieländern bereits fester Bestandteil im Programm zur Früherkennung von Brustkrebs-- nur nicht in Deutschland.

    Auf der Grundlage von Studien aus Holland, Schweden, England, USA und Kanada, hat ein 15köpfiges Experten-Gremium der Deutschen Röntgengesellschaft nun ein Konzept für die Früherkennungs-Mammographie entwickelt und erstmals auf dem Jahreskongreß der Gesellschaft in Wiesbaden vorgestellt. Danach soll den Frauen empfohlen werden, sich regelmäßig mammographieren zu lassen, auch wenn kein Verdacht auf ein Mammakarzinom besteht und sie keiner Risikogruppe angehören.

    Aggressive Mammakarzinome frühzeitig erkennen

    Mit dem 40. Lebensjahr, so das Konzept, sollte jede Frau erstmals eine Früherkennungs-Mammographie erhalten. Danach wird der Frau empfohlen, sich bis zum 50. Lebensjahr jedes Jahr der Untersuchung zu unterziehen. Der Grund: In diesem Lebensabschnitt sind schnell wachsende, aggressive Mammakarzinome besonders häufig anzutreffen. Je enger die Untersuchungsintervalle sind, desto eher wird ein solches "Intervallkarzinom" noch im gut behandelbaren Frühstadium entdeckt. "Will man bei jüngeren Frauen eine erfolgreiche Früherkennung betreiben, sind kürzere Untersuchungsintervalle notwendig als bei älteren Frauen", begründet die Kieler Universitäts-Radiologin Privat Dozentin Dr. Ingrid Schreer die differenzierte Empfehlung. Die Chance ein Karzinom im Frühstadium zu entdecken steigt um gut ein Viertel, wenn statt des in den meisten Ländern üblichen zweijährigen Intervalls die Frau jedes Jahr zur Mammographie geht.

    Ab dem 50. Lebensjahr spricht sich Schreer für ein ein- bis zweijähriges Untersuchungsintervall aus, abhängig vom persönlichen Risikoprofil der betroffenen Frau und dem ärztlichen Befund.

    Qualitätsmanagement unablässig

    Die Empfehlungen der Deutschen Röntgengesellschaft zur Früherkennungs-Mammographie erfordern strenge technische und fachliche Qualitätskontrollen. "Der regelmäßige Einsatz der Mammographie", betont Schreer, "setzt ein striktes Qualitätsmanagement voraus".

    Zwar kann die Gerätequalität in den 900 radiologischen Arztpraxen, die etwa 85 Prozent aller ambulanten Mammographien vornehmen, als recht modern bezeichnet werden. Doch dies reicht nicht aus, um in Deutschland eine Qualitätssicherung zu etablieren, die mit der in anderen Ländern vergleichbar ist. Darum fordert die Deutsche Röntgengesellschaft erweiterte Prüfungen der Mammographie-Geräte gemäß den europäischen Richtlinien. Hierzu ist eine zentrale Koordination der Qualitätssicherungsmaßnahmen unumgänglich. Das bisherige System, bei dem in jedem Bundesland im Rahmen der Röntgenverordnung sogenannte Ärztliche Stellen Kontrollaufgaben wahrnehmen, halten die Experten für unzureichend.

    Im Mittelpunkt des neuen Konzepts steht die Qualitätssicherung durch Spezialisten. Wann immer der Mammographiebefund in der Arztpraxis unklar ist, wann immer Zweifel auftauchen, soll das Röntgenbild einem zweiten Experten in einem spezialisierten Zentrum zugeschickt werden. Dort soll die Patientin auch alle weitergehenden Untersuchungen erhalten, um den Befund abzuklären. Wie wichtig eine solche Zweitmeinung ist, zeigen Untersuchungen aus dem Mammographie-Zentrum Uppsala in Schweden: Selbst ausgewiesene Experten können ihre Treffsicherheit dank der Doppelbefundung um 15 Prozent erhöhen.

    Rückfragen an:
    Privat Dozentin Dr. med. Ingrid Schreer
    Universitätsklinikum Kiel, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe,
    Mamma-Zentrum, Michaelisstraße 16, 24105 Kiel,
    Tel. 0431-597-2166, Fax: 0431-597-2185
    E-Mail: SCHREER@email.uni-kiel.de

    Pressestelle Deutsche Röntgengesellschaft:
    Barbara Ritzert; ProScientia GmbH,
    Andechser Weg 17, 82343 Pöcking;
    Tel.: 08157-93 97-0; Fax: 08157-93 97-97
    e-mail: 100676.2433@compuserve.com
    Während des Kongresses:
    Rhein-Main-Hallen, Wiesbaden, Büro Nr. 3, I. OG, Rheinstraße 26, 65185 Wiesbaden;
    Tel: 0611-144-203; Fax: 0611-144-405

    A n h a n g

    Gefährdungspotential Mammographie: Risiko des Röntgens weit überschätzt

    Unstrittig birgt das Röntgen ein Gefährdungspotential. Es liegt in der möglichen Auslösung eines strahlenbedingten Tumors, der Jahrzehnte nach der Exposition auftreten kann. Doch die Höhe des Risikos einer Röntgenuntersuchung wird oftmals gewaltig überschätzt.
    In Deutschland leben derzeit 550 000 Frauen im Alter zwischen 40 und 41 Jahren. Ihr "natürliches" Risiko im Laufe ihres verbleibenden Lebens an einem Mamma-karzinom zu erkranken, liegt bei etwa zwölf Prozent. Somit müssen 66 000 Frauen in dieser Altersgruppe damit rechnen, irgendwann Brustkrebs zu bekommen.
    Entschieden sich alle diese 550 000 Frauen an einem Früherkennungsprogramm teil-zunehmen, das eine jährliche Mammographie bis zum 70. Lebensjahr vorsieht (30 Mammographien insgesamt), würden statistisch gerechnet 85 Frauen an einem untersuchungsbedingten Brustkrebs erkranken. Das sind 0,016 Prozent.
    Dieser um 0,016 Prozent erhöhten Erkrankungsrate durch eine regelmäßige röntgenologische Brustuntersuchung steht der Nutzen der Mammographie gegenüber: Durch regelmäßige Mammographie-Untersuchungen kann die Mammakarzinom-Sterblichkeit um bis zu 30 Prozent gesenkt werden, wie viele internationale Studien zeigen.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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