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04.05.2005 14:22

Erstmals Genom einer sozialen Amöbe entziffert

Dr. Eva-Maria Streier Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

DFG-Initiative förderte Erfolgsprojekt von Forschern aus Köln und Jena

Nr. 18
4. Mai 2005

In Rahmen der Initiative "Sequenzierung von Genomen kleiner Organismen" der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) haben Forscher des Instituts für Biochemie der Universität Köln und des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMB) in Jena gemeinsam mit Kollegen aus den USA und Großbritannien das Genom der sozialen Amöbe Dictyostelium discoideum entziffert. Die Forschungsergebnisse werden in der kommenden Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Nature" veröffentlicht. In mehrjähriger Arbeit analysierte das deutsche Team unter der Leitung von Angelika Noegel, Ludwig Eichinger, André Rosenthal und Gernot Glöckner als Teil einer internationalen Gruppe 60 Prozent der rund 34 Millionen Bausteine des Winzlings.

Zu ihrer Überraschung fanden die Forscher etwa 12 500 Gene - der Mensch hat nur etwa doppelt so viele. Damit könnte Dictyostelium nicht nur zur Klärung zahlreicher zellbiologischer und evolutionsgeschichtlicher Fragen herangezogen werden, sondern auch zur Charakterisierung derjenigen menschlichen Gene, deren Funktion noch unbekannt ist oder deren Veränderungen Krankheiten verursachen. Im Genom von Dictyostelium wurden Varianten von Eiweißbausteinen gefunden, die auch beim Menschen Krankheiten verursachen, und zwar häufiger als in allen anderen derzeit bekannten Genomen. Die Beantwortung der Frage, wie die soziale Amöbe diese Art von Eiweißen toleriert, könnte zu neuen Therapieansätzen führen.

Bei Nahrungsmangel bilden bis zu 100 000 einzellige Exemplare von Dictyostelium einen Verband, in dem sich einzelne Mitglieder "opfern", um das Fortbestehen der anderen zu sichern. Entwicklungsgeschichtlich betrachtet reicht die Linie der sozialen Amöbe zurück bis zur Zeit vor der Aufspaltung in Pilze und Tiere. Ihre Erforschung kann deshalb die Evolution komplexer Lebensformen beleuchten. Die nun gefundene große Zahl von Genen spiegelt offenbar die komplexen Anforderungen der Dictyostelium discoideum im Hinblick auf ihren Lebensraum und ihren Part innerhalb eines mehrzelligen Lebenszyklus wieder: Auffallend viele Gene sind für die Produktion und den Austausch von Substanzen verantwortlich, die der Ernährung, der Feindabwehr sowie der Kommunikation zwischen Dictyostelium-Zellen dienen könnten.

Das Präsidium der DFG hatte die genannte Initiative zur Genomsequenzierung 1997 ins Leben gerufen, um die noch stark unterentwickelte Genomforschung in Deutschland voranzutreiben. Zu den geförderten Projekten gehört seit 1998 auch der Vorstoß zur Entschlüsselung des Genoms von Dictyostelium. Die DFG förderte das Projekt mit insgesamt 4 Millionen Euro. Die Mitarbeiter in Houston, Paris und Hinxton (GB) wurden von den National Institutes of Health der USA, der Europäischen Union und dem britischen Medical Research Council unterstützt; für die positive Finanzierungsentscheidung dieser Organisationen war ebenfalls die Förderung durch die DFG ausschlaggebend.

Ansprechpartnerin für weitere Informationen ist Dr. Ingrid Ohlert, Gruppe Lebenswissenschaften 2, Tel. 0228/885-2258, E-Mail: ingrid.ohlert@dfg.de

Weitere Ansprechpartner:

Dr. Gernot Glöckner, Genomanalyse, Institut für Molekulare Biotechnologie (IMB), Tel. 03641/65-6440, E-Mail: gernot@imb-jena.de

Dr. Ludwig Eichinger und Prof. Dr. Angelika A. Noegel, Institut für Biochemie I der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln, Tel. 0221/478-6980, E-Mail: noegel@uni-koeln.de, E-Mail: ludwig.eichinger@uni-koeln.de


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Ergänzung vom 04.05.2005

Erstmals Genom einer sozialen Amöbe entziffert
DFG-Initiative förderte Erfolgsprojekt von Forschern aus Köln und Jena

Nr. 18 (Korrigierte Version)
4. Mai 2005

Sperrfrist: 4.5.2005, 19.00 Uhr

In Rahmen der Initiative "Sequenzierung von Genomen kleiner Organismen" der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) haben Forscher des Instituts für Biochemie der Universität Köln und des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMB) in Jena gemeinsam mit Kollegen aus den USA und Großbritannien das Genom der sozialen Amöbe Dictyostelium discoideum entziffert. Die Forschungsergebnisse werden in der kommenden Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Nature" veröffentlicht. In mehrjähriger Arbeit analysierte das deutsche Team unter der Leitung von Angelika Noegel, Ludwig Eichinger, Gernot Glöckner, André Rosenthal und Matthias Platzer als Teil einer internationalen Gruppe 60 Prozent der rund 34 Millionen Bausteine des Winzlings.

Zu ihrer Überraschung fanden die Forscher etwa 12 500 Gene - der Mensch hat nur etwa doppelt so viele. Damit könnte Dictyostelium nicht nur zur Klärung zahlreicher zellbiologischer und evolutionsgeschichtlicher Fragen herangezogen werden, sondern auch zur Charakterisierung derjenigen menschlichen Gene, deren Funktion noch unbekannt ist oder deren Veränderungen Krankheiten verursachen. Im Genom von Dictyostelium wurde auch eine Anhäufung vom bestimmten Eiweißbausteinen gefunden, die beim Menschen Krankheiten verursachen, und zwar häufiger als in allen anderen derzeit bekannten Genomen. Die Beantwortung der Frage, wie die soziale Amöbe diese Art von Eiweißen toleriert, könnte zu neuen Therapieansätzen führen.

Bei Nahrungsmangel bilden bis zu 100 000 einzellige Exemplare von Dictyostelium einen Verband, in dem sich einzelne Mitglieder "opfern", um das Fortbestehen der anderen zu sichern. Entwicklungsgeschichtlich betrachtet reicht die Linie der sozialen Amöbe zurück bis zur Zeit vor der Aufspaltung in Pilze und Tiere. Ihre Erforschung kann deshalb die Evolution komplexer Lebensformen beleuchten. Die nun gefundene große Zahl von Genen spiegelt offenbar die komplexen Anforderungen an Dictyostelium discoideum in seinem Lebensraum und bei der Entwicklung eines mehrzelligen Lebenszyklus wieder: Auffallend viele Gene sind für die Produktion und den Austausch von Substanzen verantwortlich, die der Ernährung, der Feindabwehr sowie der Kommunikation zwischen Dictyostelium-Zellen dienen könnten.

Das Präsidium der DFG hatte die genannte Initiative zur Genomsequenzierung 1997 ins Leben gerufen, um die noch stark unterentwickelte Genomforschung in Deutschland voranzutreiben. Zu den geförderten Projekten gehört seit 1998 auch der Vorstoß zur Entschlüsselung des Genoms von Dictyostelium. Die DFG förderte das Projekt mit insgesamt 4 Millionen Euro. Die Mitarbeiter in Houston, Paris und Hinxton (GB) wurden von den National Institutes of Health der USA, der Europäischen Union und dem britischen Medical Research Council unterstützt; für die positive Finanzierungsentscheidung dieser Organisationen war ebenfalls die Förderung durch die DFG ausschlaggebend.

Ansprechpartnerin für weitere Informationen ist Dr. Ingrid Ohlert, Gruppe Lebenswissenschaften 2, Tel.: 0228/885-2258, E-Mail: ingrid.ohlert@dfg.de

Weitere Ansprechpartner:

Dr. Gernot Glöckner, Genomanalyse, Institut für Molekulare Biotechnologie (IMB), Tel.: 03641/65-6440, E-Mail: gernot@imb-jena.de

Dr. Ludwig Eichinger und Prof. Dr. Angelika A. Noegel, Institut für Biochemie I der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln, Tel.: 0221/478-6980, E-Mail: noegel@uni-koeln.de, E-Mail: ludwig.eichinger@uni-koeln.de


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch


 

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