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09.05.2005 13:21

Generation Klio: Augsburger Historikernachwuchs präsentiert Dissertationen und deren Ergebnisse

Klaus P. Prem Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Augsburg

    Informationskultur und Beziehungswissen - das Korrespondenznetz Hans Fuggers (1531-1598) / Vorbild USA? Studien zur 'Amerikanisierungo von Universität und Wissenschaft in Westdeutschland von 1945 bis 1976 / Drehscheibe Regensburg. Das Informations- und Kommunikationssystem des Immerwährenden Reichstags um 1700
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    In der Reihe "Genaration Klio" präsentieren auch im Sommersemester 2005 Doktorandinnen und Doktoranden der historischen Fächer der Universität Augsburg in öffentlichen Vorträgen die Ergebnisse ihrer unlängst abgeschlossenen Arbeiten und geben damit Einblick in aktuelle Forschungsdiskussionen. Regina Dauser stellt am 18. Mai Hans Fuggers (1531-1598) Korrespondenznetz vor, das Thema von Stefan Paulus ist am 22. Juni die "Amerikanisierung" der westdeutschen Wissenschaft und Universität von 1945 bis 1976", und Susanne Friedrich berichtet schließlich am 6. Juli über den frühneuzeitlichen Regensburger Reichstag als Mittelpunkt eines Informations- und Kommunikationssystems.

    18. Mai 2005, 18.15 Uhr, Universitätsstraße 10, HS 2110
    REGINA DAUSER: INFORMATIONSKULTUR UND BEZIEHUNGSWISSEN - DAS KORRESPONDENZNETZ HANS FUGGERS (1531-1598)

    Mehr als 4.800 überlieferte Briefe Hans Fuggers (1531-1598) zeugen von einem Beziehungsnetz, das über weite Teile Europas gespannt war, gebildet von rund 500 Korrespondenzpartnern aus allen Schichten. Regina Dauser macht mit dem Kommunikator Hans Fugger bekannt, zugleich Repräsentant einer traditionsreichen Handelsfirma und eines jungen Adelsgeschlechts, der mit seinen Briefen geschickt in einem weit verzweigten Geflecht unterschiedlichster, nicht selten gegensätzlicher Interessen agierte.

    Die "Leistungsbilanz" des Mediums Brief aus Fuggerscher Perspektive erschließt sich für Dauser in zwei Hauptrichtungen: Die "soziale" Leistung der Briefe rückt Fuggers zentrale Netz-Position als Fürsprecher vielerlei Anliegen, besonders am bayerischen Herzogshof, in den Blick: Sein reiches Beziehungswissen um die angemessene Unterstützung seiner Schützlinge bei einflussreichen Korrespondenzpartnern spielte eine tragende Rolle, um die vorhandenen Kontakte im Briefnetz gewinnbringend zu nutzen. Dabei hatte Hans Fugger so manche briefliche Gratwanderung zu bewältigen, um über den Zielsetzungen seiner Protegés nicht die Interessen der Fuggerfamilie zu gefährden.

    Briefe waren zur Zeit Fuggers immer noch die schnellste Möglichkeit der Nachrichten(fern-)kommunikation - die informationelle Leistung der Fuggerkorrespondenz und ihre spezifische Informationskultur beleuchtet Dauser am Beispiel von Nachrichten über politische Krisenherde im Reich und in Europa. Dass die Fugger als Kreditgeber Krieg führender Parteien fungierten, gab diesen Nachrichten höchste Brisanz. Auch auf diese Weise trug Fugger mit seinen brieflichen Strategien zur Informationsbeschaffung, -bearbeitung und -weiterleitung unter den Bedingungen des Beziehungsnetzes mit an der Verantwortung für Familie und Firma.
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    22. Juni 2005, 18.15 Uhr, Universitätsstraße 10, HS 2107
    STEFAN PAULUS: VORBILD USA? STUDIEN ZUR 'AMERIKANISIERUNGo VON UNIVERSITÄT UND WISSENSCHAFT IN WESTDEUTSCHLAND VON 1945 BIS 1976

    Nach den amerikanisch-deutschen Interaktionen und dem amerikanischem Einfluss auf Wissenschaft und Universität der Bundesrepublik in den gut drei Dekaden zwischen 1945 und 1976 fragt Stefan Paulus und leistet damit einen Beitrag zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte. Vor dem Hintergrund einer regelmäßig aufkeimenden Debatte um eine gewünschte oder - im Gegenteil - gefürchtete "Amerikanisierung" der deutschen Universität und Wissenschaft analysiert er die eigentlichen historischen Voraussetzungen sowie die Tragfähigkeit der Annahmen und Aussagen innerhalb dieser Auseinandersetzung. Darüber hinaus ist mit der Konzentration auf Universität und Wissenschaft ein für die Selbstwahrnehmung und Selbststeuerung der westdeutschen Gesellschaft bzw. des westdeutschen Staates zentraler Bereich erfasst: So waren und sind die deutschen Eliten in ihrer überwältigenden Mehrheit Hochschulabsolventen, d.h. sie haben an der Universität wesentliche Prägungen erfahren, die für ihre Wahrnehmung, Wertschätzung, Sinnstiftung und ihr Verhalten als entscheidend angesehen werden können.

    Die Vereinigten Staaten - so die These Paulus' - bildeten bereits seit den 1950er Jahren den für die weitere Entwicklung von Universität und Wissenschaft in der Bundesrepublik dominierenden Referenzpunkt. Vor allem mit Beginn der eigentlichen Hochschulreformphase um 1960 fiel der westdeutsche Blick in zentralen Fragen der Universitäts- und Wissenschaftsorganisation in zunehmenden Maße auf die USA. Diese Ausrichtung mündete schließlich in den Versuch, einige wichtige Elemente des amerikanischen Hochschulsystems in den deutschen Kontext zu transferieren, um das hiesige Hochschulwesen nach amerikanischem Vorbild zu modernisieren. Gleichzeitig indes erzielten die in Anlehnung an amerikanische Vorbilder eingeleiteten Reformmaßnahmen mehrheitlich nicht die intendierte Wirkung. Ganz offenkundig war es nicht geglückt, die entlehnten amerikanischen Hochschulelemente wirkungsvoll in das westdeutsche System zu integrieren. So blieb es in der Regel bei eher halbherzigen Teiladaptionen, die in ihrer deutschen Ausformung nur noch in sehr begrenztem Maße wirkliche Gemeinsamkeiten mit dem jeweiligen amerikanischen Vorbild aufwiesen.
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    6. Juli, 18.15 Uhr, Universitätsstraße 10, HS 2107
    SUSANNE FRIEDRICH, DREHSCHEIBE REGENSBURG. DAS INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSSYSTEM DES IMMERWÄHRENDEN REICHSTAGS UM 1700.

    Der Reichstag war die zentrale Verfassungsinstitution des Alten Reiches. Von 1663 bis an das Ende des Alten Reiches (1806) tagte jener in Regensburg, was ihm den Beinamen "Immer-währender" eintrug. Susanne Friedrich begründet diese Verstetigung vor allem mit dem steigenden Informations- und Kommunikationsbedürfnis der Stände, das vor dem Hintergrund des neuen, ständigen Gesandtschaftswesens eine völlig neue Dimension erhielt. Die dauerhafte Aufrechterhaltung der politischen Kommunikation unter den Ständen konnte Konflikte entschärfen und wirkte stabilisierend auf das Reich. Der Information wurde aber auch ein Wert an sich zugeschrieben: Die Vertreter der Stände beherrschten die Techniken der Informationsgewinnung, die von Gesprächen, über Beobachtungen bis zur Spionage reichten, ebenso perfekt wie die Spielregeln der Informationsweitergabe. Sämtliche zur Verfügung stehenden Medien- und Kommunikationsformen wurden genutzt, wobei häufig auch Nachrichten vermittelt wurden, die nicht direkt mit den Reichstagsgeschäften in Zusammenhang standen. Der vom Reichstag ausgehende Informationsfluss erreichte zudem ein sehr viel breiteres Publikum als es nach seinen eigenen Geheimhaltungsansprüchen zulässig war. Die von Vertrauen, Misstrauen und Wettbewerb geprägten Formen des internen Umgangs mit Information untergruben die Geheimhaltung, und die Bedürfnisse des sich ausbreitenden Medienmarktes taten ein Übriges. Publizität wurde dabei nicht immer für ein Schaden gehalten, sondern in vielen Fällen bewusst gesucht. Das frühneuzeitliche Regensburg, das Susanne Friedrich vorstellt, war demnach ein wichtiger Ort des Transfers von politischem Wissen und ein Knotenpunkt in der europäischen Informationsinfrastruktur.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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