Berlin - Neue medizinische Verfahren müssen in der Klinik angewandt werden, um deren Nutzen für die Behandlung der Patienten zu prüfen und sie weiter zu entwickeln. Tritt die neue Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) wie geplant am 1. Juli 2005 in Kraft, wird dies den medizinischen Fortschritt negativ beeinflussen. Neue erfolgversprechende Techniken beispielsweise würden dann in der Klinik deutlich später zum Einsatz kommen oder könnten sich gar nicht entwickeln. Dadurch würden insbesondere Innovationen in der Chirurgie behindert. Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) erkennt darin sowohl eine Bremse für die Forschung als auch eine Gefahr für die Krankenhauspatienten: Diese würden von einer verbesserten Behandlung mit Hilfe modernster chirurgischer Methoden ausgeschlossen.
Die neue Verfahrensordnung sieht vor, dass Krankenhäuser - entsprechend dem ambulanten Bereich - bestimmte medizinische Verfahren nur dann nutzen dürfen und von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet bekommen, wenn diese ausreichend evidenzbasiert sind. Das heißt, der Anwendung gingen eine mehrjährige Studienphase und zusätzliche Voruntersuchungen zu deren Mehr-Nutzen-Nachweis beziehungsweise ihrer Überlegenheit gegenüber herkömmlichen Methoden voraus. Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie betrachtet den Vorschlag des G-BA mit Sorge, da dadurch die Anwendung neuer Verfahren in der Klinik zeitlich stark verzögert und somit behindert wird: "Dies würde dazu führen, dass viele Patienten nicht vom medizinischen Fortschritt profitieren könnten", betont Professor Dr. med. Hartwig Bauer, Generalsekretär der DGCH. Vor allem schwer kranken Patienten blieben durch die neue Ordnung lebensverlängernde oder gar lebensrettende sowie die Lebensqualität verbessernde neue Verfahren zum entscheidenden Zeitpunkt versagt. Die DGCH fordert deshalb, für den stationären Bereich am Prinzip "Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt" festzuhalten. Das heißt: neue Verfahren anwenden zu dürfen, auch ohne dass deren Vorteil gegenüber herkömmlichen Methoden bereits gesichert -beziehungsweise solange ihre Unwirksamkeit nicht bewiesen ist.
Im niedergelassenen Bereich dürfen neue Verfahren erst dann angewandt werden, wenn diese nach einer Evaluation durch den Bundesausschuss genehmigt sind. Das Angleichen der Vorgaben für den stationären Sektor an die des ambulanten ist für die DGCH jedoch nicht nachvollziehbar. Der Unterschied ergebe sich dadurch, dass sich Neuerungen nahezu ausschließlich im stationären Bereich entwickelten.
Auch in der Klinik können neuartige Verfahren heute nicht ungeprüft zum Einsatz kommen. Ärzte dürfen sie jedoch bereits nutzen, wenn experimentelle Vorstudien und Einzelfallbehandlungen die Machbarkeit und Sicherheit des neuen Verfahrens bewiesen haben. Die neue Verfahrensordnung würde dieses bislang innovationsfreundliche Vorgehen unterbinden. "Wird die Neuregelung umgesetzt, könnten sich Verfahren, wie etwa die heute vielfältig eingesetzte und bewährte minimalinvasive Chirurgie, vermutlich gar nicht mehr entwickeln", warnt Professor Bauer.
Die Chirurgie wäre als Fach mit einem hohen Anteil moderner Techniken von der neuen Verfahrensordnung besonders stark betroffen. Ein Anliegen der DGCH ist es, Forschung und neue Verfahren zu fördern. 2003 hat sie deshalb unter anderem ein Studienzentrum der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (SDGC) gegründet. Das SDGC prüft neue operative Strategien, chirurgische Techniken und Therapien für den klinischen Einsatz.
HINTERGRUND:
Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) wurde 1872 in Berlin gegründet. Ihr Ziel ist unter anderem die Förderung wissenschaftlicher Arbeit auf dem Gebiet der Chirurgie sowie die Fortbildung der Mitglieder und die Förderung des Nachwuchses. Vor dem Hintergrund einer Neustrukturierung der Weiterbildungsordnung mit einer gemeinsamen Basisausbildung aller chirurgischen Spezialfächer eint sie alle chirurgischen Fächer unter ihrem Dach.
Die am 15. März 2005 beschlossene Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) regelt unter anderem die Methodik von Bewertungen medizinischer Verfahren. Die Verfahrensordnung bedarf vor ihrem In-Kraft-Treten der Genehmigung durch das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist Rechtsnachfolger der Bundesausschüsse der Ärzte/Zahnärzte und Krankenkassen, des Koordinierungsausschusses und des Ausschusses Krankenhaus. Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherungen sind von den Beschlüssen des G-BA betroffen. Der G-BA legt fest, welche ambulanten oder stationären Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind. Die vom G-BA beschlossenen Richtlinien entsprechen untergesetzlichen Normen.
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