idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
24.05.2005 11:53

Kleben ohne Klebstoff

Dr. Andreas Trepte Abteilung Kommunikation
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

    Für seine Arbeiten auf dem Gebiet der klebstofffreien Verbindung von
    Werkstoffen wurde Prof. Eduard Arzt, Direktor am Max-Planck-Institut
    für Metallforschung, der Wissenschaftspreis des Stifterverbandes für die
    Deutsche Wissenschaft verliehen. Der Vizepräsident des Stifterverbandes,
    Dr. Wulf H. Bernotat, überreicht den Preis am 23. Juni im Rahmen der
    Jahresversammlung der Max-Planck-Gesellschaft in Rostock. Die mit
    50.000 Euro dotierte Auszeichnung honoriert die außergewöhnlichen
    Erfolge des Stuttgarter Wissenschaftlers und seines interdisziplinären
    Teams bei der Umsetzung von Ergebnissen der Grundlagenforschung in
    technische Anwendungen. Die Forscher haben herausgefunden, warum
    Fliegen, Spinnen und sogar Geckos selbst auf Glas sicheren Halt finden
    und daraus technisch einsetzbare Haftsysteme entwickelt.

    Verbindungstechniken wie Schweißen oder Kleben sind kostenintensive
    Prozesse, und einmal auf diese Weise verbundene Bauteile lassen sich bei
    Reparaturen oder einem späteren Recycling nicht mehr ohne Materialverlust
    voneinander lösen. Herkömmliche Klettverschlüsse benötigen einen
    Haftpartner und verfilzen mit der Zeit. Die Haftsysteme von Eduard Arzt
    dagegen erlauben reversible, feste Verbindungen von Werkstoffen ohne
    Schweißen oder Kleben.
    Der Max-Planck-Wissenschaftler untersucht mit seiner Arbeitsgruppe
    Haftungsphänomene biologischer Systeme, bildet sie in mathematischen
    Modellen ab und entwickelt daraus technisch einsetzbare Lösungen.
    Ausgangspunkt sind die Forschungsarbeiten des Biologen Dr. Stanislav Gorb
    über die Fähigkeit von Fliegen und Eidechsen, kopfüber selbst auf glatten
    Flächen laufen zu können. Die Laufflächen dieser Tiere sind mit feinsten
    Härchen überzogen, die extrem hohe Adhäsionskräfte besitzen. Aus der
    Analyse der Zusammenhänge zwischen Struktur und Haftverhalten auf glatten
    und rauen Flächen entwickelten die Materialwissenschaftler um Eduard Arzt
    allgemeine Gesetze für das Verhalten solcher Verbindungssysteme.
    "Der Vergleich verschiedener Tiere von Fliegen bis hin zu Geckos zeigt, dass
    die Härchen an den Laufflächen um so feiner und zahlreicher sind, je schwerer
    das Tier ist," sagt Arzt. Kleineren Fliegen und Käfern reichen einfache
    Härchen mit Durchmessern von ein paar Mikrometern, während die sehr viel
    schwereren Geckos fein verzweigte Härchen mit Enddurchmessern von 200
    Nanometern (millionstel Millimeter) ausbilden. "Auch die Form der Härchen
    spielt eine wichtige Rolle. In der Natur haben sich vor allem kugelförmige,
    kegelförmige und haarartige Endstrukturen bewährt. Für technische Systeme
    sind hier der Fantasie kaum Grenzen gesetzt."

    In Versuchen mit den unterschiedlichsten biologischen Vorbildern überprüften die Forscher ihre
    theoretischen Ergebnisse und entwickeln nun Verfahren, mit denen sich technische Oberflächen mit den
    entsprechenden Eigenschaften erzeugen lassen. Die Wissenschaftler modifizieren die Kontaktflächen so,
    dass ein Wald kleiner Säulen entsteht. Abhängig von strukturellen Eigenschaften dieser modifizierten
    Oberflächen - wie Dicke der Säulen, Abstände, Elastizität und Form - lassen sich die Hafteigenschaften
    exakt einstellen. Ähnlich wie beim natürlichen Vorbild können sogar keulenförmige Säulen hergestellt
    werden, die wie Streichhölzer einen leicht verdickten Kopf besitzen.
    Das patentierte Verfahren ist für die Industrie hoch interessant, da der Verbindung von Werkstoffen in der
    modernen Technologie eine immer stärkere Bedeutung zukommt. Wie beim Vorbild Libelle, die ihren
    Kopf mit einem speziellen "Klettverschluss" stabilisiert, lassen sich mit den neuen Haftsystemen
    Verbindungen tausendfach fixieren und wieder lösen. Im Gegensatz zu konventionellen Klebebändern
    verschmutzen die neuen Haftstrukturen nicht so leicht. Und im Vergleich zu herkömmlichen
    Klettverschlüssen benötigen sie kein speziell strukturiertes Gegenüber mehr. Schließlich können die
    Stuttgarter Max-Planck-Forscher die Haftkräfte in einem breiten Bereich genau auf die technischen
    Anforderungen einstellen, was ihrer Technik vielfältige Einsatzmöglichkeiten im Alltag erschließt.

    Hinweis für TV-Journalisten:
    Zu den Arbeiten der Forschungsgruppe des Preisträgers gibt es Filmmaterial (Magazinfassung plus
    Footage, DigiBeta), das direkt beim Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit angefordert werden
    kann (Tel.: 089 2108-1276, e-Mail: presse@gv-mpg.de). Sie können die Filme auf unserer Website
    www.filme.mpg.de ansehen.
    Patentlösungen: Lernen von den Fliegen
    LZ: 00:6:20
    Autorin: Anne Hoffmann, Berlin
    Fliegen laufen Wände hoch, Spinnen sitzen an der Fensterscheibe, Geckos krabbeln die Zimmerdecke
    entlang: Was hält sie dort fest? Forscher am Max-Planck-Institut für Metallforschung in Stuttgart haben
    herausgefunden, was viele Tiere buchstäblich die Wände hochgehen lässt. Langfristiges Ziel der
    Stuttgarter Forscher: Sie wollen ein Verfahren finden, wie man Bauteile ohne Klebstoff fest miteinander
    verbinden, aber trotzdem leicht wieder lösen kann. Das könnte die Zukunft der Konstruktionstechnik
    revolutionieren, vom Flugzeugbau bis zur Mikrotechnik. Ihre Ergebnisse haben die Max-Planck-Forscher
    jetzt zum Patent angemeldet.
    Der Klettverschluss der Zukunft
    LZ: 00:04:00
    Autor: Jörg Moll, Berlin
    Der Film taucht ein in die mikroskopisch kleine Welt der Insekten. Libellen bedienen sich einer Art
    Klettverschluss, um ihren Kopf am Körper zu fixieren, bei Rosenkäfern sind die Deckflügel auf diese
    Weise am Rücken befestigt. Die Tiere können diesen Klettverschluss Tausende Male benutzen, ohne dass
    er sich abnutzt. Im Film wird erläutert, wie diese technische Leistung der Insekten die Materialforscher
    inspirierte. So werden wir diesen immer perfekt schließenden und niemals verfilzenden
    Mikroklettverschlüssen wahrscheinlich schon bald in unserem Alltag begegnen.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Personalia, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).