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25.05.2005 10:56

Physik und Promotion - Erklärung der DPG zur Konferenz der europäischen Bildungsminister

Dr. Marcus Neitzert Pressekontakt
Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG)

    Die Zeit der Doktorarbeit soll auch künftig in erster Linie der Forschung dienen, fordert die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) anlässlich des jüngsten Treffens der europäischen Bildungsminister in Bergen (Norwegen). Die Konferenz hatte sich vergangene Woche für eine Reform der Doktorandenausbildung ausgesprochen. "Solche Maßnahmen dürfen zu keiner Überregulierung oder Verschulung der Promotion auf Kosten der Forschungsleistung führen", so Professor Axel Haase, DPG-Vorstandsmitglied für Bildung und Ausbildung. "Die Konkurrenzfähigkeit des naturwissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland wäre sonst in Frage gestellt."

    Europaweit vergleichbare Studienabschlüsse sind das Ziel des "Bologna-Prozesses", im Zuge dessen auch hierzulande Bachelor- und Masterstudiengänge eingeführt werden. Diese Reform wird von der DPG und den Physik-Fachbereichen in Deutschland nachhaltig unterstützt. Nach dem Beschluss der europäischen Bildungsminister soll jetzt auch der Weg zum Promotion neu gestaltet werden. Die Abschlusserklärung von Bergen spricht sich dabei gegen eine Überregulierung der Doktorandenprogramme aus. "Vonseiten deutscher Kultusminister gibt es jedoch Bestrebungen, die Promotion durch Pflichtvorlesungen zu verschulen", sagt DPG-Vorstandsmitglied Axel Haase. Doktoranden gehörten aber nicht auf die Schulbank: "Hierzulande entfallen 70 Prozent der Forschungsleistung an Universitäten und Forschungseinrichtungen auf die Arbeit von Doktorandinnen und Doktoranden. Deshalb muss die Doktorarbeit auch weiterhin der Forschung dienen. Sie ist nicht dazu da, mögliche Defizite auszugleichen, die während des Studiums entstanden sind." Haase plädiert daher für eine Erhaltung der Qualität des Diploms, das infolge des Bologna-Prozesses allmählich durch den Master abgelöst wird: "In der Physik muss der Master die Qualifizierung für die Promotionsphase liefern -- so wie bislang das Physik-Diplom."

    Die DPG unterstütze Promotionsprogramme, wie es sie seit vielen Jahren in Form von Graduiertenkollegs gäbe, erläutert Haase. Dabei begleite die Doktoranden über einen Zeitraum von 3 bis 4 Jahren ein auf ihre Arbeit abgestimmtes Trainingsprogramm. "Bei interdisziplinären Forschungsthemen ist ein zusätzliches Ausbildungsangebot durchaus sinnvoll", meint Haase. "Doch der Schwerpunkt während der Doktorarbeit muss auf aktiver und selbständiger Forschung liegen", fordert er. "Die Physik ist hoch kompetitiv, die Zeit der Doktorarbeit Karriere entscheidend. Die jungen Leute können im internationalen Wettbewerb nur bestehen, wenn sie ihre ganze Arbeitskraft ihrem Forschungsprojekt widmen."

    Zudem gestalte sich die Finanzierung einer Promotion als schwierig, ginge der Ausbildungsaspekt zulasten der Forschungstätigkeit, meint DPG-Vorstandsmitglied Haase. Denn viele Doktoranden finanzieren ihre Projekte -- und ihren Lebensunterhalt -- über "Drittmittel", also Gelder von Stiftungen, der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder der Industrie. "Diese Vergütung ist in der Regel der Lohn für geleistete Forschungsarbeit - kein Ausbildungsstipendium", erläutert Haase. "Insofern ist es fraglich, ob dieses Finanzierungsmodell eine Zukunft hat, wenn die Forschungsarbeit an Gewicht verliert."

    Des Weiteren weist Haase darauf hin, dass eine Verknüpfung der Promotion mit Lehrveranstaltungen an einer Universität so manchem Nachwuchsforscher den Doktortitel verwehren würde: "Viele Doktoranden sind zu Messkampagnen monatelang im Ausland tätig und zahlreiche Doktorarbeiten entstehen an außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie den Max-Planck-Instituten oder den Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft. Die Chance, Vorlesungen regelmäßig zu besuchen, ist also nicht immer gegeben."

    Der Absicht einiger Bildungspolitiker den Erwerb so genannter "Soft-Skills" per Seminar zu verordnen, erteilt Haase eine Absage: "Für Doktoranden in der Physik ist der kompetente Umgang mit Menschen Teil des Trainings 'on the job'. Denn viele sind in die Lehre eingebunden, indem die als Assistenten Diplom-Arbeiten oder Praktika betreuen." Zudem sei die Präsentation wissenschaftlicher Ergebnisse bei Vorträgen und Tagungen fester Bestandteil der Doktorarbeit: "Wir brauchen keine Pflichtveranstaltungen über den Umgang mit PowerPoint", meint Haase.

    Hinweis an die Redaktionen: Hintergrundinformationen stellt die DPG-Pressestelle gerne zur Verfügung.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Mathematik, Physik / Astronomie
    überregional
    Studium und Lehre, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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