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30.05.2005 10:30

Wie der Mensch globalen sozialen Wandel besteht

Axel Burchardt Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Expertenworkshop der Universität Jena vom 4.-6. Juni in den Dornburger Schlössern

    Jena (30.05.05) Die deutsche Vereinigung brachte viele Veränderungen der sozialen Institutionen mit sich, die unser Leben beeinflussen: von der parlamentarischen Demokratie über das Rechtswesen bis zur sozialen Marktwirtschaft. Wie man an den Problemen nach der Vereinigung erkennt, etwa der hohen Arbeitslosigkeit oder der prekären Situation der Gesundheitsvorsorge, sind ihre Folgen nur im Gesamtkontext des sozialen Wandels nach der Vereinigung zu verstehen. Das wichtigste Stichwort lautet wohl "Globalisierung". Sie ist charakterisiert durch die wachsende Bedeutung von Wissen und Information, die rasante Steigerung der Produktivität, ungewöhnliche Ansprüche an die Flexibilität, eine gesteigerte Unsicherheit gegenüber der Zukunft sowie die scharfe Konkurrenz zwischen Firmen und Ländern - und damit auch den Menschen.

    Dieser permanente Fluss der Bedingungen stellt Menschen vor neue Herausforderungen, die ihre Entwicklung in jedem Lebensabschnitt nachhaltig betreffen können. Wie gehen sie damit um? Wer ist besser vorbereitet und wer schlechter? Und welche bleibenden Veränderungen erzeugen die neuen Lebens- und Entwicklungsperspektiven? Antworten finden auf solche Fragen wollen Expertinnen und Experten aus fünf verschiedenen Ländern bei einem Workshop der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU). Ausgerichtet vom Jenaer "Center for Applied Developmental Science" (CADS) und dem Sonderforschungsbereich der FSU zur Transformationsforschung (SFB 580) treffen sie sich vom 4. bis 6. Juni auf den Dornburger Schlössern, dem neuen Tagungszentrum der Universität. "Agency and Human Development under Conditions of Social Change" heißt das Motto der Tagung. "Sozialer Wandel findet in großen Zusammenhängen statt, aber letztlich sind es Menschen, die ihm nicht hilflos ausgesetzt sind, sondern von den Veränderungen auch für ihr Leben profitieren können und im positiven Fall auch zusammen mit anderen gestalten", unterstreicht Tagungsorganisator Prof. Dr. Rainer K. Silbereisen. Freilich gelinge dies nicht jedem - und hier setzt der Workshop an, bei dem zahlreiche aktuelle Forschungsergebnisse präsentiert werden.

    Forschungen in Ländern Nordamerikas und Europas zu radikalen Veränderungen politischer Systeme, zu strukturellen Krisen der Wirtschaft und zu kriegerischen internationalen Konflikten haben gezeigt, dass der Mensch bei allen damit einhergehenden Problemen auch Chancen hat. Wer über mehr Kompetenzen zur Analyse von Situationen verfügt und zur Nutzung von sozialen Beziehungen, wer auch bei Misserfolgen den Glauben an die eigenen Fähigkeiten aufrechterhält, "Agency" nennen dies die Fachleute, dem gelingt die Anpassung ohne sich zu verleugnen eher und dessen psychosoziale Gesundheit ist besser.

    Wie Forschungen zeigen, kann man an der Art und Weise der Auseinandersetzung mit den neuen Herausforderungen bereits erkennen, ob die Anpassung gelingt: Man muss in der Lage sein, Komplexität zu reduzieren (was kulturelles Wissen über ähnliche Herausforderungen verlangt), die eigene Lebensgestaltung anzupassen (was eine Analyse der Situation verlangt), neue Chancen im anderen Kontext zu suchen (etwa durch Umzug) oder den richtigen Zeitpunkt zum Verfolgen oder aber Aufgeben von überlastenden Anforderungen zu finden (besonders wichtig, um Ressourcen zu schonen). "Offensichtlich gelingt dies nicht allen und wird nicht von jeder politischen Lage oder sozialem Umfeld gestützt", erläutert Silbereisen. "Deshalb spricht man von "Bounded Agency", also Veränderungskompetenz", so der Jenaer Entwicklungspsychologe weiter, "die ihre Grenzen hat - nicht nur in der Biographie, sondern auch in der Zugänglichkeit der sich verändernden Umwelt für eigenes Handeln".

    Die Teilnehmer des Workshops haben solche Situationen zu verschiedenen Zeiten und bei verschiedenen Anforderungen des sozialen Wandels analysiert. Sie können daher beispielsweise vermitteln, dass die Menschen bei der deutschen Vereinigung nur teilweise Vorteile von persönlicher Kompetenz hatten und woran das liegt. Sie können zeigen, wer bei den sozialen Veränderungen in Großbritannien trotz großer Belastung ohne Schaden die Anpassung überstand oder unter welchen Umständen es sich in den USA lohnte, einem Kontext zu entfliehen. Sie klären, wer in der ehemaligen Sowjetunion der Bürokratie ein Schnippchen schlug und dank eigener Energie vorankam und -kommt oder inwiefern Familienbande und Werthaltungen die verlorene Stabilität des Umfelds ersetzen können.

    "Der Workshop bringt zahlreiche Doktoranden und Jungwissenschaftler aus Deutschland und den USA - dank eines Austauschs mit der Pennsylvania State University - mit der Expertengruppe zusammen", freut sich Prof. Silbereisen auf eine weitere anregende CADS-Veranstaltung.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Rainer K. Silbereisen
    Institut für Psychologie der Universität Jena /
    Center for Aplied Developmental Science
    Am Steiger 3/Haus 1, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 945201
    E-Mail: Rainer.Silbereisen@uni-jena.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Psychologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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