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01.06.2005 19:00

Oxytocin steigert das Vertrauen

Beat Müller Kommunikation
Universität Zürich

    Ob in der Liebe oder in der Politik, ob im Familien- oder Geschäftsleben, immer
    spielt das Vertrauen eine wichtige Rolle. Wissenschafter der Universität Zürich haben
    jetzt neurobiologische Determinanten dieses menschlichen Verhaltens entdeckt.
    Ihre Forschungsergebnisse werden in der kommenden Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift
    Nature publiziert.

    Ohne Vertrauen wäre der private, gesellschaftliche und politische Alltag nicht denkbar. So
    erfordert ein funktionierender Markt Vertrauen, denn wenn wir unseren Geschäftspartnern
    nicht ein Minimum an Vertrauen entgegenbringen, kommt kein Geschäft mehr zustande.
    Auch für die Demokratie gilt: wenn das Vertrauen in die politische Führung und die politischen
    Institutionen verloren geht, dann bricht die politische Legitimation zusammen. Der
    Gewinn, den wir aus unserem sozialen Verhalten ziehen können, hängt daher zu einem
    hohen Grad auch davon ab, wie stark unsere Fähigkeit ausgebildet ist, anderen zu vertrauen.
    Ohne Vertrauen wäre das Zusammenleben unerträglich.
    Zahlreiche Forschungsergebnisse aus der Psychologie, den Rechtswissenschaften und der
    Ökonomie zeigen, wie wichtig soziale und institutionelle Randbedingungen für die Existenz
    von Vertrauen sind. So stärken etwa das Vertragsrecht und unabhängige Gerichte das
    Vertrauen in Geschäftsabschlüsse, indem sie für die Vollstreckung freiwilliger Vereinbarungen
    sorgen.

    Vertrauensförderndes Hormon

    Wenig weiss man hingegen noch über die Biologie des Vertrauens. Welche biologischen
    und psychologischen Voraussetzungen ermöglichen Menschen, Vertrauen auszubilden?
    Welche neurobiologischen Grundlagen tragen dazu bei, dass wir auch völlig Fremden unser
    Vertrauen schenken?
    Ein Forschungsteam der Universität Zürich mit den Wirtschaftswissenschaftlern Ernst
    Fehr, Michael Kosfeld (beide Institut für Empirische Wirtschaftsforschung) und dem Psychologen
    Markus Heinrichs (Psychologisches Institut) konnte jetzt zeigen, dass das Hormon
    Oxytocin eine wichtige Rolle für das menschliche Vertrauen spielt. Probanden, denen
    Oxytocin durch die Nase verabreicht wurde, haben ein signifikant grösseres Vertrauen in
    andere Menschen als Probanden, denen ein Placebo verabreicht wurde. Dieser Einfluss von
    Oxytocin auf das Vertrauen ist jedoch nicht einfach eine Folge einer allgemein angestiegenen
    Risikobereitschaft. Wie die Experimente der Zürcher Wissenschafter vielmehr deutlich
    machen, beeinflusst das Hormon spezifisch die individuelle Bereitschaft für soziale Risiken
    im Umgang mit anderen Menschen. "Mit unserer Studie haben wir die ersten Bausteine
    der biologischen Basis von Vertrauen entdeckt", erläutert Mitautor Michael Kosfeld.
    "Unsere Ergebnisse eröffnen die aufregende Aussicht, bald noch weitere Bausteine der
    Biologie des prosozialen Verhaltens zu finden."

    Die Forschungsresultate stimmen mit den Ergebnissen aus der Forschung an Tieren überein,
    die auf die entscheidende Rolle von Oxytocin für prosoziales Verhalten hingewiesen
    haben. Bei nichtmenschlichen Säugetieren besitzt das Oxytocin eine Schlüsselposition für
    die Paarbindung, die mütterliche Fürsorge, das Sexualverhalten sowie die soziale Bindungsfähigkeit.
    Ausserdem vermindert das Hormon Ängstlichkeit und die neuroendokrine
    Antwort auf sozialen Stress. Männliche Präriewühlmäuse beispielsweise, die zahlreiche
    Oxytocinrezeptoren in den Belohnungsarealen ihres Gehirns besitzen, sind monogam und
    kümmern sich um ihren Nachwuchs. Die mit ihnen genetisch nahe verwandte Bergwühlmaus
    hingegen, die kaum Oxytocinrezeptoren in den Belohnungszentren ihres Gehirns
    besitzt, ist polygam und die Männchen zeigen keine elterliche Fürsorge.

    Behandlung von sozialen Disfunktionen

    Bei Menschen wird Oxytocin während des Stillens, der Geburt und während des Orgasmus
    ausgeschüttet. Wie der Zürcher Psychologe Markus Heinrichs in einer früheren Studie gezeigt
    hat, reduziert Oxytocin die Ängstlichkeit und steigert den stressausgleichenden Effekt,
    den soziale Unterstützung hervorruft. "Unsere neuesten Ergebnisse könnten positive
    Auswirkungen auf die Behandlung von Patienten mit psychischen Störungen im Bereich
    des Sozialverhaltens haben. Zu diesen Störungen gehören etwa soziale Phobie und Autismus.
    " Die soziale Phobie ist die dritthäufigste psychische Störung. Menschen mit sozialer
    Phobie haben Angst in sozialen Situationen und vermeiden Kontakte. Die Wissenschaftler
    gehen davon aus, dass Oxytocin die psychotherapeutische Behandlung sozialer Ängste
    entscheidend ergänzen könnte.

    Kontakte:
    Ernst Fehr, Direktor des Instituts für Empirische Wirtschaftsforschung, Universität Zürich,
    Telefon: +41 44 634 3709,
    E-Mail: efehr@iew.unizh.ch

    Markus Heinrichs, Psychologisches Institut, Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie,
    Universität Zürich, Telefon: +41 44 634 4457,
    E-Mail: m.heinrichs@psychologie.unizh.ch


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Psychologie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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