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31.05.2005 15:02

Via Satellit dem Geheimnis alter Kultplätze auf der Spur

Dr. Johannes Schnurr Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Heidelberger Akademie der Wissenschaften

    Neue Forschungsstelle "Buddhistische Steinschriften in China" nimmt Arbeit auf - "Dieses Projekt nimmt eine wichtige Stellung in der wissenschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China ein"

    Am 1. Juni stellt sich die neue Forschungsstelle "Buddhistische Steinschriften in China" der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Landesakademie Baden-Württembergs, erstmals der Öffentlichkeit vor. Im Rahmen des um 19.30 Uhr im Sitzungssaal der Akademie stattfindenden "Rhein-Neckar-Pressetreffs" sowie vor Mitgliedern des "djv" referiert Prof. Dr. Lothar Ledderose über das internationale Forschungsprojekt. 2005 wurden lediglich zwei Neuvorhaben in das deutsche Akademienprogramm aufgenommen, die Förderung der Heidelberger Forschungsstelle unterstreicht deren außerordentliche Bedeutung. Seit Beginn des Jahres wurden vier Mitarbeiter eingestellt, angelegt ist das Forschungsprojekt auf eine Gesamtdauer von 16 Jahren. Im März sammelten die Heidelberger Forscherinnen und Forscher im Rahmen der ersten Feldkampagne nun Datenmaterial in der chinesischen Provinz Shandong. Vergleichbare Kampagnen werden unter Beteiligung internationaler Wissenschaftler auch in den folgenden Jahren - jeweils im Frühjahr - stattfinden.

    Die in dieser ersten Kampagne erfassten Texte stammen hauptsächlich aus der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts. Unter ihnen finden sich neben Auszügen aus einzelnen Schriften des buddhistischen Kanons auch historische Inschriften, die den Buddhismus jener Epoche in einem ganz neuen Licht erscheinen lassen. An verschiedenen Inschriftenorten des ehemaligen Reichsgebiets der Nördlichen Qi-Dynastie (550 - 577 n.Chr.) tauchen die Namen der gleichen Stifter und Stifterfamilien auf, deren finanzkräftige Förderung die Meißelarbeiten erst möglich machte. Auf Seite des buddhistischen Klerus scheint es eine Gruppe um einen charismatischen Mönch gewesen zu sein, die für das Entstehen der Steinschriften verantwortlich zeichnet: Meister Seng'an Daoyi war, wie viele seiner Zeitgenossen, davon überzeugt, daß das Ende des gegenwärtigen Weltzeitalters nahe sei. So beschloß er, zentrale Passagen aus heiligen Texten und monumentale Buddhanamen auf den Felshängen in Shandong zu verewigen. "Die heiligen Texte verkörperten Meditationsobjekte, auf welche sich die Mönche während ihrer spirituellen Übungen konzentrierten. Die bewußte Verbindung zwischen Schrift und Stein verleiht den Bergen den Charakter einer heiligen Landschaft", erklärt Dr. Claudia Wenzel, Mitarbeiterin der Forschungsstelle. "Dank moderner Satellitentechnik ist es uns möglich, diese Orte erstmals systematisch zu erfassen und damit den topografischen Charakter dieser von Kultorten geprägten Gegend zu begreifen."

    "Im Mittelpunkt der diesjährigen Kampagne standen die buddhistischen Felsinschriften der Sechs Berge in und um die Stadt Zoucheng. Im nächsten Jahr sollen weiter nördlich gelegene Inschriftenorte, darunter die des weltberühmten Berges Taishan, in Angriff genommen werden. Für die folgenden Jahre ist die Erfassung von Inschriften in den Höhlentempeln der Provinzen Henan und Hebei geplant, außerdem einer Gruppe von daoistischen Inschriften, die noch vor den buddhistischen datieren", so Forschungsstellenleiter Ledderose. Die Gruppe der historischen Inschriften des weltweit größten je verwirklichten Meißelprojektes, der steinernen Bibliothek vom Wolkenheimkloster nahe Beijing, vervollständigen den Materialbestand der Forschungsstelle.

    Vor Ort arbeiten die Forscher in mehreren Teams: Ausgerüstet mit GPS-Gerät und Tachymeter bestimmen Vermessungsingenieure von der Technischen Hochschule in Karlsruhe die genaue Lage des jeweiligen Inschriftenorts. Sie vermessen jede einzelne Inschrift genau, um aus den gesammelten Daten später am Computer ein 3D-Modell zur Visualisierung der verstreut im Gelände liegen Inschriftensteine zu erstellen. Parallel dazu untersuchen im Projekt angestellte Geisteswissenschaftler alle in Stein eingemeißelten Texte, um Erhaltungszustand, Meißeltechnik, verwendete Schriftzeichen und deren Schreibvarianten notieren zu können. Sämtliche Texte werden übersetzt und kommentiert. Neben diesen Arbeiten an den Fundstellen der Steinschriften ist es außerdem notwendig, in Museen und Archiven nach bis zu 200 Jahre alten Tuscheabreibungen der steinernen Texte zu fahnden, auf denen häufig noch Zeichen zu lesen sind, die in den letzten Jahrzehnten der Verwitterung zum Opfer gefallen sind.

    Zurück in Heidelberg werden in der Forschungsstelle der Akademie verschiedene Textversionen verglichen. So gelingt es, den Originaltext der Inschriften sowie deren ursprüngliche Anordnung auf Felsen und Gesteinsbrocken zu rekonstruieren. Diese Textdaten werden in Verbindung mit photografisch erfassten und computergenerierten Bilddaten in eine Datenbank eingepflegt, die eigens für die speziellen Projektanforderungen entworfen wird und sich an bereits bestehenden chinesischen und japanischen Datenbanken orientiert.

    "In China wird das Projekt betreut von Wissenschaftlern der Akademie für Gesellschaftswissenschaften in Beijing sowie von den jeweiligen Verantwortlichen auf Provinz- bzw. Kreisebene. Die Zusammenarbeit gestaltet sich freundschaftlich und herzlich", sagt Ledderose. So unterrichtet der Direktor des Museums für Steinschriften der Provinz Shandong dieses Sommersemester in Heidelberg. Chinesische und deutsche Nachwuchswissenschaftler werden in den Austausch mit einbezogen, um die Qualität der Forschungsarbeit für die nächsten Jahre zu sichern. "Dieses Projekt nimmt eine wichtige Stellung in der wissenschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China ein", so Ledderose. "Auch werden wir unsere Forschungsergebnisse in einer Art und Weise präsentieren, daß die Öffentlichkeit an unserer Arbeit teilhaben kann. Wir planen, animierte 3D-Modelle im Internet zur Verfügung zu stellen sowie unsere Forschungsergebnisse dem interessierten Laien in einer klar verständlichen Sprache zu vermitteln", so Ledderose.

    Ort: Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Karlstraße 4, 69117 Heidelberg
    Datum: 1. Juni 2005
    Uhrzeit: 19.30 Uhr
    Die Veranstaltung ist ausschließlich für Journalisten und Medienvertreter.

    Rückfragen bitte an

    Dr. Johannes Schnurr
    Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
    Telefon: 06221 / 54 34 00
    Fax: 06221 / 54 33 55
    E-Mail: johannes.schnurr@urz.uni-heidelberg.de
    Internet: www.haw.baden-wuerttemberg.de

    oder

    Dr. Claudia Wenzel
    Forschungsstelle Buddhistische Steinschrifen
    Telefon: 06221/54 39 67
    Fax: 06221/54 33 84
    E-Mail: claudia.wenzel@urz.uni-heidelberg.de

    oder

    Prof. Dr. Lothar Ledderose
    Forschungsstelleleiter
    E-Mail: oakg@gw.sino.uni-heidelberg.de


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    Hauptanziehungspunkt des bergansteigenden Pilgerpfades am Berg Gangshan ist ein natürlicher Granitbrocken, mit der Beschreibung eines Ortes, an den "die Gemeinschaft der Großen Mönche und die Menge der Großen Boddhisattvas aus den verschiedenen Buddhaländern aller Weltrichtungen kommen, um sich zu versammeln."
    Hauptanziehungspunkt des bergansteigenden Pilgerpfades am Berg Gangshan ist ein natürlicher Granitbr ...
    (Foto: Klinger/Akademie)
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    Deutsche und chinesische Wissenschaftler lesen gemeinsam eine verwitterte Felsinschrift, die neu angefertigte Abreibungen wieder zum Vorschein gebracht haben.
    Deutsche und chinesische Wissenschaftler lesen gemeinsam eine verwitterte Felsinschrift, die neu ang ...
    (Foto: Klinger/Akademie)
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geowissenschaften, Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Religion, Sprache / Literatur
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hauptanziehungspunkt des bergansteigenden Pilgerpfades am Berg Gangshan ist ein natürlicher Granitbrocken, mit der Beschreibung eines Ortes, an den "die Gemeinschaft der Großen Mönche und die Menge der Großen Boddhisattvas aus den verschiedenen Buddhaländern aller Weltrichtungen kommen, um sich zu versammeln."


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    Deutsche und chinesische Wissenschaftler lesen gemeinsam eine verwitterte Felsinschrift, die neu angefertigte Abreibungen wieder zum Vorschein gebracht haben.


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