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06.06.2005 12:21

Gründlicher Umbau trotz großer finanzieller Unwägbarkeiten

Jörg Feuck Science Communication Centre - Abteilung Kommunikation
Technische Universität Darmstadt

    Die autonome Modelluniversität TU Darmstadt hat im ersten Halbjahr 2005 ein großes Reformpaket geschnürt

    Das Pensum ist umfangreich, das Tempo hoch: Im ersten Halbjahr 2005 hat die Technische Universität Darmstadt ihren "Status als erste selbstständige Universität in Deutschland" genutzt und zahlreiche Veränderungen eingeleitet. "Die TUD hat ihre phantastische Chance ergriffen", sagte Präsident Johann-Dietrich Wörner am Montag (6. Juni) bei einer "Bilanz"-Pressekonferenz. Aufbruchstimmung und Veränderungswille seien deutlich zu spüren, auch wenn allen Mitgliedern Umdenken und dauerhafte Unterstützung abverlangt werde. Die per Landesgesetz zum 1. Januar 2005 gewonnene und bundesweit beispiellose Autonomie solle "institutionelle Freiräume für Kreativität und Motivation schaffen" und Entscheidungsstrukturen verbessern. Oberstes Ziel müsse es sein, so Wörner, die "Modelluniversität" TUD im Wettbewerb der Universitäten auf einem Spitzenplatz zu positionieren.
    In den zurückliegenden Wochen haben die Gremien der TU Darmstadt bereits wegweisende Entscheidungen getroffen: Die Fachbereiche erhalten künftig einen großen Teil ihrer Mittel auf der Basis von Leistungskriterien. Ferner haben bereits mehrere Fachbereiche Zielvereinbarungen mit dem Präsidium abgeschlossen, deren Einhaltung überprüft wird. Neu sind auch Richtlinien, um besonderes Engagement von Professoren in Forschung und Lehre mit leistungsbezogenen Zulagen zu honorieren.
    Das Präsidium hat weitere Messlatten hochgelegt: Bezogen auf alle Fachbereiche soll die Absolventenquote künftig auf 80 Prozent hochgeschraubt werden. Die TU Darmstadt will durch Studiengang-Reformen (verbesserte Studienplan-Abläufe, Orientierung und Beratung) die gesetzlich verankerte "Studiengarantie" erfüllen und hohe Abbrecherquoten nicht mehr hinnehmen. Jeder Studierende soll die Chance zu einem Auslandsaufenthalt von mindestens einem Semester als Teil seines Studiums haben. Um den Erfolg des Auslandsstudiums abzusichern, werden sowohl mit den als Gaststudenten herkommenden "Incomern" als auch mit Darmstadts "Outgoern" so genannte "Learning-Agreements" vereinbart.
    Allerdings zeichnen sich in dem Spannungsfeld zwischen "Studiengarantie" und weiteren Kürzungen der auch wesentlich an die hessenweiten Studierendenzahlen gekoppelten Landesmittel in den nächsten Jahren harte Diskussionen um das Thema "Wie viele Studierende sollte die TU Darmstadt haben und kann sie sich leisten?" ab. "Wir stecken in einem Dilemma", sagte Wörner: Der krassen Unterfinanzierung, die eine qualitativ angemessene Lehre und Forschung massiv erschwere (so erhält die TU Darmstadt jährlich je Student 9600 Euro an staatlichen Zuschüssen, die TU München 15000 Euro, das Imperial College London 34000 Euro und die ETH Zürich 52000 Euro) könne und wolle die TU Darmstadt nicht mit hochschulweiten Zulassungsbeschränkungen begegnen, zumal dies "bildungsfeindlich" sei und auch niedrigere Landeszuschüsse nach sich ziehe. Die TU Darmstadt wolle den Weg "einer gezielten Veränderung des Studienangebots und einer größere Verbindlichkeit zur Erreichung höherer Erfolgsquoten" gehen.
    Um sich in der Spitzengruppe der exzellenten Universitäten festsetzen zu können, hat das Präsidium Leitmarken definiert: Stufenweise Steigerung der jährlich eingeworbenen Drittmittel von 65 auf 100 Millionen Euro (so viel wie die ETH Zürich); Etablierung von zehn Sonderforschungsbereichen (gerade hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft den Antrag von Maschinenbau-Professor Peter Groche zur Untersuchung komplexer Konstruktionen durch das Spalten von Blechen genehmigt). Der für Forschung zuständige Vize-Präsident Johannes Buchmann hob weitere Ziele hervor: Anmeldung von rund 40 Patenten pro Jahr, mehr Firmengründungen durch TUD-Absolventen, schnellere Promotionszeiten (unter fünf Jahre) und stärkerer Output bei Publikationen (3000 Veröffentlichungen pro Jahr).
    Auch bei Berufungen setzt die TU Darmstadt ehrgeizige Maßstäbe: Um hervorragende Professorinnen und Professoren nach Darmstadt zu locken, wird die TU Darmstadt die bundesweit üblicherweise zwei Jahre dauernden Berufungsverfahren straffen und auf ein halbes Jahr begrenzen.
    Schließlich ist die TUD Vorreiter in Hessen bei der Umstellung auf Bachelor- und Masterstrukturen für Lehramtsstudiengänge: Sie bietet im Wintersemester 2005/06 erstmals die Studiengänge "Bachelor of Education" und "Master of Education" für das Lehramt an beruflichen Schulen an. Der Master-Abschluss ist so viel "wert" wie die bisherige erste Staatsprüfung. Derzeit werden in zehn Fachbereichen der TUD insgesamt rund 20 Studienordnungen neu geschrieben.
    Bis zum Jahr 2008 sollen alle TUD-Studiengänge im Rahmen des Bologna-Prozesses auf Bachelor- und Masterabschlüsse umgestellt sein. Die Uni kommt hier gut voran - bisher sind mehr als 40 Studiengänge auf das gestufte Modell
    umgestellt. Um die Absolventen, "Ehemaligen" und Freundesorganisationen werde sich die TU mit einem gezielten Alumni-Förderprogramm kümmern und ein Fundraising-Konzept auflegen, kündigte Vizepräsident Reiner Anderl an.
    In den nächsten Monaten wird auch über die vom Präsidium angestrebte Neuordnung der Fachbereichsstruktur diskutiert. Dabei geht es nicht um Streichung von Studienangeboten oder Institute, sondern um professionellere Leitungsstrukturen und verstärkte interdisziplinäre Profile. So könnten sich größere Einheiten wie Humanwissenschaften, Material- and Life Sciences, Bauwesen, Maschinenbau Rechts- und Wirtschaftsingenieurwesen, Mathematik, Physik, Elektrotechnik und Informatik bilden.
    Schließlich wird sich die Uni auch baulich modernisieren: Kanzler Hanns H. Seidler sagte, zur Planung einer neuen Universitäts-Bibliothek werde es noch im Sommer 2005 Gespräche mit Experten über eine zukunftsweisende Konzeption geben. Ein Wettbewerb für die Neugestaltung der Bibliothek sollte beide Standorte in der Stadtmitte (Schloss und ehemaliges TUD-Kraftwerk) berücksichtigen. Auch an anderen Stellen wird in den nächsten Jahren die Infrastruktur verbessert: durch den Bau eines Hörsaal- und Medienzentrum auf dem Campus Lichtwese sowie mit der Erweiterung des Hessischen Hochleistungsrechners für wissenschaftliches Rechnen.

    feu, 6. Juni 2005


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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