idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
01.06.1999 16:51

Autonom handelnder Flugroboter

Ramona Ehret Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin

    Ersetzen im Katastrophenschutz zukünftig Maschinen den Menschen?
    Autonom fliegender TU-Roboter nimmt an Hochschul-Wettbewerb in den USA teil
    Einladung zur Präsentation

    Seveso 10. Juli 1976: Giftstoffe, die nach einer Explosion aus einer benachbarten Chemiefabrik entweichen, verseuchen die Umgebung. Mehrere Hundert Menschen müssen evakuiert werden. Etwa 200 Menschen erleiden akute Vergiftungen. Damals schickte man Menschen an den Ort der Katastrophe, um die Lage zu erkunden. Vielleicht übernehmen solche Aufgaben in Zukunft Roboter. Einen Vorgeschmack darauf kann man beim Wettbewerb "International Aerial Robotics Competion (IARC)" der amerikanischen "Association for Unmanned Vehicle Systems International" (AUVS) erhalten, der vom 23. bis 26. Juni 1999 in Richland im US-Bundesstaat Washington in die zweite Runde gehen wird. Die dritte und letzte Runde, das sogenannte "Millennial Event", findet im Jahr 2000 statt.

    Aufgabe dieses Wettbewerbs ist es, einen fliegenden Roboter zu entwickeln, der vollkommen autonom operiert. Autonom bedeutet, daß der Roboter ohne menschliches Zutun fliegt, Gegenstände visuell erkennt und Entscheidungen trifft, um seine Mission zu erfüllen. In einem den Teilnehmern unbekannten Testgelände müssen bei einem Katastrophenszenario verschiedene Objekte erkannt und deren Positionen übermittelt werden. Das sind zum Beispiel Brandherde, Tote, verletzte Überlebende, die mit den Armen winken, oder Fässer. Anhand einer international üblichen Kennzeichnung muß der Roboter erkennen, ob es sich um ein Faß mit gefährlichem Inhalt handelt, und entsprechende Maßnahmen einleiten.

    Der Wettbewerb ist offen für Hochschulen und Forschungseinrichtungen, nicht jedoch für kommerzielle Entwicklungsabteilungen: Voraussetzung ist die überwiegende Beteiligung von Studierenden an der Entwicklung des Systems. Zu den Teilnehmern gehört auch ein Team der TU Berlin, das am Institut für Technische Informatik bei Prof. Dr.-Ing. Günter Hommel unter der Leitung der beiden wissenschaftlichen Mitarbeiter Marek Musial und Wolfgang Brandenburg den Flugroboter MARVIN (Multi-purpose Aerial Robot Vehicle with Intelligent Navigation) entwickelt hat. Im vergangenen Jahr hat das TU-Team in der ersten Runde sein technisches Konzept in den USA vorgestellt, nicht jedoch das bis dahin schon entwickelte System mitgenommen. Dennoch erreichte es mit geringem Punkterückstand auf die Führenden einen beachtlichen neunten Platz. Insgesamt hatten sich 15 Teams beteiligt, neben dem TU-Team als einziger Vertreter aus Europa neun Hochschulen aus den USA, vier aus Kanada und eine aus Mexiko.

    In diesem Jahr präsentiert das TU-Team nun sein System beim Wettbewerb. Bevor die Teilnehmer vom Institut für Technische Informatik in die USA aufbrechen, möchten wir Ihnen die Gelegenheit geben, MARVIN und seine Fähigkeiten kennenzulernen. Daher möchten wir Sie, wenn auch etwas kurzfristig, herzlich zu einer Präsentation einladen.

    Zeit: am Dienstag, dem 8. Juni 1999, 11.00 Uhr

    Ort: Flugplatz des "NLV Modellflug Saarmund", neben dem Flugplatz Saarmund

    (Autobahn 115 aus Berlin in Richtung Magdeburg, Abfahrt Saarmund, an der Abfahrt nach rechts abbiegen Richtung Saarmund, unter der Autobahn hindurch, 20m hinter der Auffahrt Richtung Berlin rechts abbiegen zum Flugplatz Saarmund (Schild "Kiesgrube"), bis zum schwarzen Kieshaufen auf der linken Seite fahren, dahinter links abbiegen und dem Feldweg bis zum Parkplatz des Modellflugplatzes folgen).

    Sollte der Roboter nur im stehenden Zustand vorgeführt werden können - bei Regen oder starkem Wind - so wird dies nicht auf dem Flugplatz, sondern an der TU Berlin, Hauptgebäude, Raum H 2037, Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin stattfinden. Bitte erkundigen Sie sich am Dienstag, dem 8. Juni 1999, ab 9.00 Uhr entweder im Institut für Technische Informatik (Tel.: 030/314-73110) bzw. in der TU-Pressestelle (030/314-22919 oder -23922) wo die Vorführung stattfinden wird. Wir werden uns bemühen, Ihnen dann zumindest ein Video vorführen zu können.

    MARVIN

    Einen Roboter zu entwickeln und zu konstruieren, der autonom fliegt und dazu selbständig Bilder auswertet, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. "Das Besondere an dem Flugroboter MARVIN ist aber die Tatsache, daß er nicht Produkt eines Forschungsprojekts ist, sondern seit dem Wintersemester 1997/98 von und mit motivierten Studierenden im Rahmen von mehreren Lehrveranstaltungen des Fachgebiets Prozeßdatenverarbeitung entstand", sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter Wolfgang Brandenburg.
    Bei MARVIN haben sich zeitweise bis zu 30 Studierende, hauptsächlich aus der Informatik, der Technischen Informatik, der Elektrotechnik und der Physik an der Entwicklung beteiligt. Das Kernteam besteht neben den beiden wissenschaftlichen Mitarbeitern aus den Studierenden Eike Berg, Michael Christmann, Christian Fleischer, Christian Reinicke, Stefan Rönnecke, Volker Remuß und Andreas Wege sowie dem Modellhelikopter-Piloten Matthias Jeserich. Die Entwicklung und der Bau von MARVIN werden durch viel Eigeninitiative über den normalen Lehrbetrieb hinaus getragen.

    Die Basis von MARVIN besteht aus einem handelsüblichen Modellhelikopter mit Zweitakt-Benzinmotor, den die DaimlerChrysler Aerospace AG (DASA) Bremen zur Verfügung gestellt hat. Damit MARVIN autonom fliegen kann, wertet ein Bordrechner ständig Sensoren aus, berechnet die Position und hält den Helikopter - auch bei Wind - stabil in der Luft. Dank zweier Empfänger für das "Global Positioning System" (GPS) - je einer befindet sich an Bord des Roboters und an der Bodenstation- wird die Position des Robotors mit einer Genauigkeit von 2 cm bestimmt. Ähnliche Systeme werden auch bei der Satellitennavigation von Segelyachten oder zur Landvermessung eingesetzt. Zwei Ultraschallsensoren an Bord ermitteln den Abstand zum Boden bzw. zu nahen Hindernissen. Weitere Daten über die Fluglage liefern ein Kompaß, der aus 3 Magnetfeldsensoren besteht, und drei Kreiselsensoren, die Drehungen um alle Achsen erfassen. Ein weiterer Sensor erlaubt die Erkennung von Infrarotquellen. Damit können zum Beispiel Flammen erkannt werden, die bei zu dichter Annäherung eine Gefahr für den Roboter darstellen.
    Insgesamt kommen rund 30.000 Meßwerte pro Sekunde zusammen. Um diese Datenmenge aus-zuwerten und in Anweisungen umzusetzen, benötigt MARVIN lediglich einen Kleinrechner an Bord, der ungefähr einem 386er mit 25 MHz entspricht. Die eigens entwickelte Rechnerplatine wurde in Zusammenarbeit mit der Leiterplattenfertigung der Technischen Fachhochschule Berlin (TFH) hergestellt. Zum Datenaustausch zwischen dem Flugroboter und der Bodenstation, die den Zustand von MARVIN überwacht, wird ein Funkmodul auf Basis des digitalen schnurlosen Telefonsstandards eingesetzt.

    Probleme bereitete dem TU-Team anfangs die Bilderfassung, um die gesuchten Objekte zu erkennen. Zunächst hatten sie auf eine analoge Videokamera gesetzt, doch die Übertragung über einen zusätzlichen analogen Kanal erwies sich als störanfällig und die Bilder als zu verrauscht. Das Problem konnte mit einem handelsüblichen digitalen Fotoapparat gelöst werden, der alle 10 Sekunden eine Aufnahme macht. Nun hat man gestochen scharfe Bilder, und die gesamte Bildverarbeitung kann ohne Digitalisierung eines Analogsignals über einen zweiten Laptop erfolgen. Der Rechner wertet die Kamerabilder aus und gibt anschließend Anweisung, ob ein potentielles Objekt näher angeflogen und erneut aufgenommen werden soll.

    Da MARVIN alle Anforderungen des IARC erfüllt sind, ist das TU-Team optimistisch. "Außerdem können wir angesichts von Gesamtkosten in Höhe von rund 50.000 DM ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis vorweisen", ergänzt Marek Musial. Vielleicht springt mit MARVIN sogar mehr heraus bei einem früheren IARC Wettbewerb im Jahr 1995. Damals errang das TU-Team mit dem Flugroboter "TubRob" den zweiten Platz.

    Weitere Informationen erteilt Ihnen gerne: Wolfgang Brandenburg und Marek Musial, Institut für Technische Informatik der TU Berlin, Tel.: 030/314-24709, -73618 oder -73110, Fax: -21116, E-Mail: brg@cs.tu-berlin.de oder musial@cs.tu-berlin.de, WWW: http://pdv.cs.tu-berlin.de/MARVIN/index.html


    Weitere Informationen:

    http://www.tu-berlin.de/presse/pi/1999/pi106.htm
    http://pdv.cs.tu-berlin.de/MARVIN/index.html


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Elektrotechnik, Energie, Gesellschaft, Informationstechnik, Mathematik, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsprojekte, Studium und Lehre
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).