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Jena. (03.06.99) Die Schäden an den Frommannschen Häusern in Jena, die gestern (02.06.) ein herabstürzender Baukran verursachte, sind offenbar erheblich. Völlig zertrümmert wurde der Dachstuhl des Querbaus zwischen Majorflügel und Haupthaus, ebenfalls stark beschädigt ist ein erhaltenswerter historischer Dachstuhl des Haupthauses und des Majorflügels. Allerdings müsse ein Gutachten, das eventuelle statische Schäden miteinschließt, erst abgewartet werden, bevor das Ausmaß des Unglücks genau beziffert werden könne, teilte die Universität mit.
Die Polizei geht von einer Schadenssumme von rund einer Million Mark aus; zwei Kranmonteure wurden leicht verletzt. Noch in der Nacht begannen provisorische Sicherungsmaßnahmen mit Regenplanen, um Nässeschäden zu verhüten. Der historische Gebäudekomplex am Fürstengraben war im frühen 19. Jahrhundert Wohn- und Produktionsstätte des Verlegers und Buchhändlers Carl Friedrich Ernst Frommann (1765-1837) und zugleich ein geistiges Zentrum der Klassik und Romantik.
"Wir sind alle sehr froh, daß kein Mensch schwere Verletzungen erlitten hat", sagte Kanzler Dr. Klaus Kübel heute morgen, "das ist erst einmal das Wichtigste." Das kulturhistorisch bedeutsame Frommannsche Anwesen befindet sich seit Herbst 1997 in einer rund zehn Millionen Mark teuren Rekonstruktionsmaßnahme, das beinahe fertig wiederhergestellte Haupthaus sollte in diesem Herbst zur Nutzung an die Universität übergeben werden. Zur Finanzierung des Vorhabens durch Bund und Freistaat Thüringen leistet die Wüstenrot-Stiftung einen wesentlichen Anteil.
Das Finanzministerium, die Wüstenrot-Stiftung, die beteiligten Dienststellen des Landes und die Universität bemühen sich nun gemeinsam darum, die Bauarbeiten schnellstmöglich fortzusetzen. In den Frommanschen Häusern sollen das Institut für Germanistische Literaturwissenschaft und das Kunsthistorische Seminar ihr Domizil finden, derzeit sind beide auf dem Neuen Campus am Ernst-Abbe-Platz untergebracht. Der historisch wertvolle Bohlenstubenbau aus dem 17. Jahrhundert ist zwar von dem Kranunglück verschont geblieben, dennoch müsse sehr rasch gehandelt werden, um Nässeschäden durch Regen zu verhindern, hieß es aus der Universität. Recht aufwendig werde es sein, den Kranausleger aus den getroffenen Dachstühlen quasi herauszuoperieren, ohne weitere Schäden zu verursachen.
Das Frommannsche Haus gilt als Kleinod der Jenaer Stadt- und Kulturgeschichte. Hier initiierte der Verleger Carl Friedrich Ernst Frommann (1765-1837) einen literarischen und philosophischen Zirkel ersten Ranges. Johann Wolfgang Goethe etwa, ein vertrauter Freund des Hauses, der zu den häufigen Gästen der Frommannschen Teestunde zählte, empfahl Johann Peter Eckermann mit den Worten: "Es wird Ihnen in diesem Kreise gefallen, ich habe dort schöne Abende verlebt. Auch Jean Paul, Tieck, die Schlegel, und was in Deutschland sonst Namen hat, ist dort gewesen und hat dort gerne verkehrt." Zu dieser illustren Runde des klassisch-romantischen Geisteslebens gehörten auch der Komponist Karl Friedrich Zelter und die idealistischen Philosophen Johann Gottlieb Fichte, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling und Georg Friedrich Wilhelm Hegel.
Die wechselvolle Baugeschichte des Frommannschen Anwesens geht bis ins Mittelalter zurück. Der mehrfach umgebaute Hauptflügel wurde im 19. Jahrhundert um Torhaus und Zenkersches Haus ergänzt. Anfang des 20. Jahrhunderts kamen die Häuser Nr. 14 und 16 hinzu. In der DDR-Zeit wurde das kunsthistorisch wertvolle Ensemble für Wohnungen genutzt, nach der Wende erhielten es 1992 die ehemaligen Eigentümer zurück, von denen es 1994 der Freistaat Thüringen für seine Landesuniversität erwarb.
Friedrich-Schiller-Universität
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Wolfgang Hirsch
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