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16.06.2005 09:31

Alles dreht sich um Silicium - Internationale Tagung in Würzburg

Dr. Renate Hoer Abteilung Öffentlichkeitsarbeit
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

    Das Element Silicium spielt in Natur und Technik eine vielfältige und wichtige Rolle, ob in Sand (Siliciumdioxid, SiO2) oder Gesteinen (Silicate), als Silicium-Wafer (für elektronische Anwendungen) oder in Siliconen, den technisch bedeutenden Polymeren. Die Chemie des Siliciums ist noch lange nicht ausgereizt, was das 14th International Symposium on Organosilicon Chemistry, kombiniert mit den 3rd European Organosilicon Days, vom 31. Juli bis 5. August in Würzburg zeigen wird. Von der Grundlagenforschung bis zur praktischen Anwendung werden den über 600 Teilnehmern aus Akademia und Industrie die neuesten Aspekte einer facettenreichen Silicium-Chemie und -Technologie vorgestellt. Die Universität Würzburg organisiert gemeinsam mit der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) dieses Wissenschaftlertreffen.

    Den Grundlagenforscher interessieren vor allem die faszinierenden Strukturen und Bindungsverhältnisse neuartiger siliciumorganischer Verbindungen, die Ausgangspunkt neuer Materialien für neue Anwendungen sein könnten. Professor Dr. Mitsuo Kira (Tohoku University, Sendai, Japan) berichtet in einem Plenarvortrag über seine Forschungsarbeiten, u.a. über ungesättigte Silicium-Verbindungen, für die er in Würzburg auch den Wacker Silicone Award erhält - neben dem Kipping Award die höchste internationale Auszeichnung auf dem Gebiet der Silicium-Chemie.

    Eine wachsende Bedeutung besitzen Übergangsmetall-Silicium-Systeme für neue katalytische Prozesse, z.B. zur Herstellung von Verbindungen mit Silicium-Kohlenstoff-Bindungen. Effiziente Katalysatoren werden nicht nur in der Forschung, sondern vor allem in der chemischen Technik wegen der Notwendigkeit wirtschaftlicher Prozessführung benötigt. Professor Dr. T. Don Tilley (University of California, Berkely, USA) präsentiert in einem weiteren Plenarvortrag seine erfolgreichen Forschungsarbeiten zu siliciumhaltigen Übergangsmetall-Katalysatoren.

    Polymere, die Silicium und Übergangsmetalle enthalten, weisen zum Teil höchst interessante physikalische und chemische Eigenschaften auf und bieten sich für die Entwicklung neuer Materialien an. Sie können beispielsweise einen Zugang zu funktionellen nanoskopischen Systemen bieten, die nicht nur für die Katalyse geeignet sind, sondern auch als Ätzabdeckungen bei der Herstellung von mikroelektronischen Bauelementen. Die genannten Polymere können auch als Vorläufersubstanzen für keramische Materialien dienen, wie Professor Dr. Ian Manners von der University of Toronto, Kanada, in seinem Plenarvortrag ausführt. Auch am Max-Planck-Institut für Metallforschung und am Institut für Nichtmetallische Anorganische Materialien der Universität Stuttgart wird darüber gearbeitet, wie aus siliciumorganischen Verbindungen durch Thermolyse keramische Materialien wie Siliciumcarbid oder Siliciumnitrid hergestellt werden können. Über den Stand der Forschung berichtet Professor Dr. Fritz Aldinger.

    Die bekanntesten Polymere der Silicium-Chemie sind die Silicone (Weltjahresproduktion im Megatonnen-Maßstab), deren Polymergerüst abwechselnd aus Silicium- und Sauerstoff-Atomen besteht. Diese als Öle, Kautschuke oder Harze hergestellten Polymere haben sich bereits zahlreiche Anwendungsgebiete erschlossen, beispielsweise in Brems- und hydraulischen Flüssigkeiten, Shampoos, Haar-Conditionern, Weichspülern, Schuhputzmitteln, Bautenschutzmitteln, Fugendichtmassen, Lackrohstoffen und Implantaten für den menschlichen Körper. Noch immer gibt es auf diesem Gebiet viele Neuentwicklungen, über die Dr. Iain A. MacKinnon, Dow Corning, Barry, Wales, berichtet.

    Siliciumorganische Verbindungen sind in jüngster Zeit auch für die medizinische Chemie interessant geworden. Über innovative chemische Strategien in der Medikamentenentwicklung auf der Basis siliciumorganischer Strukturen trägt Dr. Graham A. Showell, Paradigm Therapeutics, Cambridge, England, vor.

    Das Studium der Chemie von Silicium-Oberflächen für die Entwicklung von molekularen Bauteilen auf Elektronik-Chips und für nanotechnologische Anwendungen stellt ein weiteres höchst aktuelles Forschungsgebiet dar. Die metallorganische Chemie an Silicium-Oberflächen folgt offenbar ganz anderen Mustern als die "normale" siliciumorganische Chemie und ist ein spannendes Gebiet chemischer Grundlagen- und Anwendungsforschung, mit der sich Frau Professor Jillian M. Buriak von der University of Alberta, Edmonton, Kanada, beschäftigt.

    Von der Technik zur Natur: Der Biochemiker Professor Dr. Manfred Sumper, Universität Regensburg, ist der Biomineralisation in Kieselalgen (Diatomeen) auf der Spur. Diese und andere marine Organismen "verarbeiten" in den Weltmeeren jährlich etwa 6,7 Gigatonnen Silicium zum Aufbau von SiO2-Biomineralen. Die aus SiO2 bestehenden Zellwände dieser Einzeller haben faszinierende geometrische Strukturen, die Species-spezifisch sind, also genetisch kontrolliert werden. Diese nanostrukturierten SiO2-Biomineralien sind sogenannte Verbundwerkstoffe mit Proteinen und langkettigen Polyaminen. Die organischen Komponenten haben offenbar Einfluss auf die SiO2-Strukturen der Zellwände. Vielleicht lassen sich aus der Biochemie der Diatomeen neue Erkenntnisse zum künstlichen Aufbau nanostrukturierter Materialien auf SiO2-Basis gewinnen.

    Die Tagung endet mit einem Plenarvortrag von Professor Dr. Robert West, University of Wisconsin, Madison, USA, über Zukunftsperspektiven der Organosilicium-Chemie. West zählt zu den Pionieren auf diesem Gebiet und hat über Jahrzehnte dessen Entwicklung maßgeblich mit vorangetrieben.

    Würzburg ist nicht von ungefähr Austragungsort des internationalen Silicium-Symposiums. An der Universität sowie im Fraunhofer-Institut für Silicatforschung wird Spitzenforschung auf dem Gebiet der Silicium-Chemie betrieben. Der Vorsitzende des Symposiums, der Würzburger Professor Dr. Reinhold Tacke, gehört zu den führenden Silicium-Chemikern Deutschlands.

    Die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) gehört mit rund 27.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Ein bedeutendes Tätigkeitsfeld der GDCh ist die Organisation von Tagungen aus dem Bereich der Chemie und der molekularen Wissenschaften. Neben der GDCh-Jahrestagung, die 2005 unter dem Motto "Chemie schafft neue Strukturen" vom 11. bis 14. September in Düsseldorf stattfindet, gehört das 14th International Symposium on Organosilicon Chemistry zu den bedeutendsten GDCh-Veranstaltungen in diesem Jahr.


    Weitere Informationen:

    http://www.gdch.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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