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26.06.2005 19:54

Die Integration von unten: Eine neue Herausforderung für die industrielle Produktion

Klaus P. Prem Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Augsburg

    Augsburger Extraordinariat für Sozioökonomie der Arbeits- und Berufswelt koordiniert BMBF-gefördertes Verbundprojekt
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    Was sind die Voraussetzungen für eine prozessbezogene dynamische Integration von unten und welche Möglichkeiten liegen in ihr? Anworten auf diese Fragen, die dann Basis für die Entwicklung eines integrierten Modernisierungskonzepts sein sollen, sucht das vom Augsburger Extraordinariat für Sozioökonomie der Arbeits- und Berufswelt (Prof. Dr. Fritz Böhle) wissenschaftlich und administrativ koordinierte Verbundprojekt "Die Integration von unten - Eine neue Herausforderung für die industrielle Produktion" (INTEGRUNT). Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt läuft bereits seit Januar 2005. Es wird vom Bereich Produktion und Fertigungstechnologien (PFT) des Projektträgers Forschungszentrum Karlsruhe (PTKA) betreut. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert INTEGRUNT im Kontext des Rahmenkonzepts "Forschung für die Produktion von morgen".

    STEIGENDE ANFORDERUNGEN VERLANGEN NACH VERSTÄRKTER SELBSTTÄTIGKEIT UND PARTIZIPATION DER MITARBEITER

    Steigende Anforderungen an Termine, Kosten und Qualität erfordern neue Organisationskonzepte. Dezentralisierung, Produkt-, Prozess- und Kundenorientierung sind wichtige Stichworte. Eine Reihe von Innovationen, die vor allem auf verstärkte Selbsttätigkeit und Partizipation der Mitarbeiter zielen, sind entwickelt und erprobt worden: Gruppenarbeit, TQM, KVP und vieles andere mehr. Wenn derartige innovative Konzepte nicht den beabsichtigten Erfolg bringen, liegt es nahe, nach Schuldigen zu suchen: das Verhalten der Arbeitskräfte, die ungeklärten Schnittstellen usw.

    OHNE ORGANISATORISCHE INTEGRATION KAUM ERFOLGSAUSSICHTEN

    Bei genauerem Hinsehen zeigt sich allerdings, dass solche Innovationen nur aus der "Einführung" von Einzelmodulen bestehen, die über technische Schnittstellen (z. B. Datenbanken) verknüpft werden. Einzelne Zielgrößen können so durchaus verbessert werden. Aber wenn die Bausteine nicht aufeinander abgestimmt sind und die Besonderheiten des jeweiligen Unternehmens dabei nicht ausreichend berücksichtigt werden, bleibt es ungewiss, wie der Gesamterfolg aussieht. Um die Möglichkeiten innovativer Organisationskonzepte voll auszuschöpfen, ist eine echte organisatorische Integration erforderlich.

    DIE ALTERNATIVE ZUR ÜBLICHEN, ABER DEFIZITÄREN INTEGRATION "VON OBEN"

    Wie ist diese Integration zu erreichen? Häufig wird ein übergreifendes Konzept angestrebt, das die einzelnen Innovationen und Teilkonzepte einbindet. Das können Wissensmanagementsysteme, Integrierte Betriebswirtschaftliche Systeme o. Ä. sein, die tendenziell ganze Unternehmen und Unternehmensnetzwerke einbeziehen. Ein gemeinsames Merkmal solch übergreifender Konzepte ist die Integration "von oben". INTEGRUNT steht demgegenüber für ein alternatives Modell, das mehr Flexibilität bietet und kontinuierliche technische und organisatorische Innovationen begünstigt: für die Integration von unten.

    DYNAMISCHE ORGANISATION, DIE SICH BEDARFSGERECHT EIGENE STRUKTUREN SCHAFFT

    Es geht darum, dass die wechselseitige Integration der organisatorischen Innovationen zur Sache der Mitarbeiter selbst wird. Diese Leistung wird nicht getrennt vom Arbeitsprozess erbracht, nicht als ein externes System den konkreten Tätigkeiten übergestülpt. Die Abstimmung geschieht in den laufenden Prozessen selbst. So korrespondiert diese Form der Integration mit dem Bild einer dynamischen Organisation, die sich je nach Bedarf eigene Strukturen schafft.

    AKTEURE SIND DIE MITARBEITER "VOR ORT"

    Es sind vor allem die Mitarbeiter "vor Ort", aber auch die unteren und mittleren Ebenen des Managements, die hier gefordert sind. Sie erkennen die Ansatzpunkte für eine Integration der vorhandenen Organisationsmodule wie beispielsweise Kanban, Synchrone Produktentwicklung, Reverse Marketing, Absatzgesteuerte Produktion oder Just-in-Time und verknüpfen diese miteinander, passen sie an und modifizieren sie gegebenenfalls. Weil das situationsbezogen und im Zuge der laufenden Arbeit geschieht, ist eine wechselseitige arbeitsplatz-, gruppen- und abteilungsübergreifende Abstimmung nötig.

    INTEGRATIONSVERFAHREN AUF DER BASIS DES ERFAHRUNGSWISSENS DER MITARBEITER

    Dafür werden neuartige Verfahren der Koordination und Integration auf den unteren Ebenen gebraucht, die das besondere (Erfahrungs-)Wissen der Mitarbeiter nutzen. Das Verbundprojekt INTEGRUNT zielt darauf ab, solche Verfahren zu entwickeln und praktisch zu erproben.

    SECHS ARBEITSFELDER IN SECHS BETEILIGTEN UNTERNEHMEN

    Sechs Felder haben sich als bedeutsam erwiesen. Sie sind so zu gestalten, dass eine Integration von unten gelingen kann und eine entsprechende Unternehmenskultur gefördert wird:
    o Organisation des Informellen
    o Veränderung formeller Strukturen
    o Kompetenzen und Erfahrungstransfer (Mentoring)
    o Managementstrategien
    o Informatisierung
    o Promotoren/Monitoring

    In sechs Unternehmen, darunter vier KMU, werden diese Felder bearbeitet. Jedes Unternehmen nimmt sich ein Kernfeld vor und arbeitet an einem anderen mit. Die Ergebnisse werden zusammengeführt und ausgewertet. Hier kommen dem Projekt die langjährigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten des ISF München und des Augsburger Extraordinariates für Sozioökonomie der Arbeits- und Berufswelt, zum erfahrungsgeleiteten Handeln und Lernen zugute. Schließlich wird die bedeutsame Frage nach der Übertragbarkeit gestellt: Welche Verfahren und Ideen kann man auch in anderen Unternehmen nutzbringend anwenden?

    VORTEILE FÜR DIE UNTERNEHMEN, FÜR'S MANAGEMENT, FÜR DIE MITARBEITER UND FÜR DRITTE

    Was die zu erwartenden Ergebnisse und den aus ihnen zu ziehenden Nutzen betrifft, so ist anzunehmen, dass zum Ersten die Unternehmen eine organisatorische Integration bei hoher Flexibilität erreichen, die eine schnelle Anpassung an veränderte Marktanforderungen erlaubt. Laufende Prozessoptimierungen im Sinne einer lernenden Organisation werden ermöglicht. Die Stärken des Unternehmens - etwa vorhandene "gute Drähte" und Erfahrungen oder funktionierende informelle Abstimmungen und Absprachen - können bewahrt und erweitert werden.

    ENTLASTUNG VON KOORDINATIONSAUFGABEN ZUGUNSTEN STRATEGISCHER KERNFUNKTIONEN

    Zum Zweiten wird das Management von Koordinationsaufgaben entlastet; es gewinnt Raum und Zeit für seine strategischen Kernfunktionen. Im Zuge der Integration von unten besteht die Aufgabe des Managements vor allem darin, Impulse für Innovationen zu geben, Konzepte auszuwählen und notwendige Rahmenbedingungen zu schaffen.

    "ALLTÄGLICHER" KOMPETENZZUWACHS DER MITARBEITER

    Drittens erweitern die Mitarbeiter ihre Kompetenzen. Sie werden zu selbstständigen Innovierern, Organisierern und Integrierern, und zwar nicht in einem künstlich hergestellten Raum, sondern im Zuge ihrer alltäglichen Arbeit. Ihre Kenntnisse und Erfahrungen kommen besser zur Geltung. Das wirkt nicht nur befriedigend und motivierend, sondern auch stressvermeidend. Denn unintegrierte und nicht praxisgerechte Teilinnovationen führen häufig zu widersprüchlichen Arbeitsanforderungen und damit zu erheblichen Belastungen.

    HETEROGENE VERBUND-ZUSAMMENSETZUNG GEWÄHRLEISTET ÜBERTRAGBARKEIT DER ERGEBNISSE

    Die im Verbund entwickelten Prinzipien und Leitsätze, Verfahren und Methoden sollen schließlich auch für Dritte nutzbar gemacht werden. Durch die heterogene Zusammensetzung der am Verbund beteiligten Unternehmen kann davon ausgegangen werden, dass die Ergebnisse auf unterschiedliche industrielle Anwendergruppen und Industriesegmente übertragbar sind. Unterstützung leisten dabei ein assoziierter Industriekreis sowie weitere Unternehmensverbünde. Die gemeinsamen Forschungsergebnisse werden der Allgemeinheit in Vorträgen, Publikationen und auf der Projekt-Homepage http://www.integrunt.de zur Verfügung gestellt.
    _______________________________________

    KONTAKT UND WEITERE INFORMATIONEN

    Prof. Dr. Fritz Böhle
    Tel. 0821/598-4192
    fritz.boehle@phil.uni-augsburg.de

    oder

    Dipl.-Kfm. Markus Bürgermeister
    Tel. 0821/598-4278
    markus.buergermeister@phil.uni-augsburg.de

    Extraordinariat für Sozioökonomie der Arbeits- und Berufswelt
    Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät der Universität Augsburg,
    Universitätsstraße 16, 86159 Augsburg


    Weitere Informationen:

    http://www.integrunt.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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