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11.06.1999 11:39

Das rhythmische Auge der inneren Uhr -

Dietmar Schmidt Felix-Wankel-Tierschutz-Forschungspreis
Ludwig-Maximilians-Universität München

    Neue Erkenntnisse zum molekularen Mechanismus circadianer Zyklen

    "Bisher hatten wir nur eine Katze, die sich in den Schwanz beißt - und das im 24-Stunden-Rhythmus", meint Privatdozent Till Roenneberg vom Institut für medizinische Psychologie der Ludwig-Maximilians-Universität. Der Chronobiologe hat mit seiner Gruppe nun aber gezeigt, daß große Teile der herkömmlichen molekularen Modelle für innere Uhren überdacht werden müssen (nature, ) "Man hielt das System auf molekularer Ebene für geknackt, doch unsere Ergebnisse zeigen, daß dieser Optimismus vorschnell war", so Roenneberg.

    Innere Uhren sind zelluläre Mechanismen, die vom Einzeller bis zum Menschen in fast allen Organismen gefunden werden. Sie bestimmen tagesperiodische Vorgänge wie etwa Stoffwechsel- und Hormonfunktionen oder den Wach-Schlafzyklus des Menschen mit erstaunlicher zeitlicher Präzision. Für die Gleichmäßigkeit dieser annähernd 24 Stunden dauernden, also circadianen Rhythmen sorgt die innere Uhr. Für ihre Synchronisation mit der Umwelt sorgen "Sensoren", die Signale der Umwelt, wie Temperatur und Licht, empfangen und an den Oszillator weiterleiten. So kann dieser mit Hilfe der äußeren Zeitgeber seinen eigenen, frei laufenden Rhythmus korrigieren und an den Naturtag anpassen.

    Diese Mechanismen sind angeboren. Wie man gezeigt hat, sind bestimmte Gene für die circadiane Rhythmizität nötig. "Bisher wurden sie für Elemente des Oszillators gehalten", berichtet Roenneberg. "Die von diesen Genen codierten Proteine beschränken über negatives feedback ihre eigene Produktion. Diese Eigenschaft paßt zu einem potentiellen Oszillator. Sie ist aber auch typisch für sensorische Eingänge, die durch negative Rückkopplung eine hohe Anpassung ermöglichen. Die bisherigen Versuche auf molekularbiologischer Ebene konnten nicht eindeutig unterscheiden, ob die bekannten Uhr-Gene Elemente des Oszillators oder der Sensoren sind. Denn auch die Signal-empfangenden Systeme im Eingangsbereich der Uhr werden vom Oszillator kontrolliert."
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    So war auch die Vermutung, daß das für den Versuch ausgewählte Uhr-Gen frq des Brotschimmelpilzes Neurospora crassa Teil des Lichtsensors und nicht des Oszillators ist, experimentell schwer zu zeigen. In ihren Versuchen verwendeten Martha Merrow, Michael Brunner und Till Roenneberg eine Pilz-Mutante, in der das frq-Gen zerstört ist. Der Rhythmus der inneren Uhr läßt sich bei Neurospora crassa an der Sporenbildung verfolgen. Als äußeren Zeitgeber wählten die Wissenschaftler in den Versuchen Temperaturveränderungen. Nach ihrer These sollte dadurch der circadiane Rhythmus des Oszillators auch bei einem Ausfall des Lichtsensors beeinflußt werden. Tatsächlich synchronisierte sich der Zyklus der Sporenbildung mit den künstlichen Außenbedingungen, was nur möglich ist, wenn der Oszillator vom Ausfall des frq-Gens nicht betroffen ist. Auf Lichtsignale als Zeitgeber reagierte das mutierte System dagegen nicht.

    "Durch unsere Entdeckung ändern sich die bisherigen Schlußfolgerungen der molekularen circadianen Forschung grundlegend", meint Roenneberg. "Es sind schon viele Uhr-Gene bekannt, die bisher ohne endgültigen Nachweis dem Oszillator zugerechnet wurden. Sie zeigen alle eine negative Rückkopplung und schwingen im circadianen Rhythmus. Möglicherweise müssen die molekularen Uhren-Modelle in anderen Organismen jetzt ebenfalls korrigiert werden." Doch die neuen Erkenntnisse hält er auch für einen wichtigen Anhaltspunkt: "Je mehr wir über die Funktion und Position der Uhren-Gene in diesem System lernen, desto tiefer können wir in die inneren Schichten der biologischen Uhren vordringen und erst dann werden wir verstehen, wie dieses wichtige System funktioniert."

    Ansprechpartner:

    Till Roenneberg
    Institut für Medizinische Psychologie
    Tel.: 089 - 5996 - 650 / -654
    Fax: 089 - 5996 - 615
    e-mail: till.roenneberg@imp.med.uni-muenchen.de

    vom 6. Juni bis zum 11. Juni 1999 in Ferrara, Italien, erreichbar unter:
    Tel.: +39 - 0532 - 205 - 200 oder +39 - 0532 - 291 - 311
    Fax: +39 - 0532 - 212 - 000 oder+39 - 0532 - 249 - 761
    e-mail: foa@dns.unife.it

    vom 13. Juni bis zum 18. Juni in Barga, Italien, erreichbar unter:
    Tel.: +39 - 0583 - 719 - 1
    Fax: +39 - 0583 - 723 - 197

    Susanne Wedlich
    Forschungsredaktion (Presse)
    Tel.: 089 - 2180 - 5781
    Fax: 089 - 2180 - 3656
    e-mail: susanne.wedlich@verwaltung.uni-muenchen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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