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14.06.1999 09:14

"Laufmaschinen-Zoo": Wie Roboter das Laufen lernen

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Jena. (14.06.99) Den "ersten Laufmaschinen-Zoo der Welt" eröffnet die Universität Jena am kommenden Montag (21.06.) für drei Tage und zeigt Roboter, die sich - unabhängig von Stromversorgung und Fernsteuerung - völlig autonom auf zwei, vier oder mehr Beinen fortbewegen. Um Spielzeug-Roboter handelt es sich allerdings nicht, sondern diese Maschinen - fast alle bereits im Stadium des Prototyps - sind für konkrete Anwendungen konstruiert. Sie sollen auch unter extremen Umweltbedingungen, die Menschen nicht bewältigen, buchstäblich die Kastanien aus dem Feuer holen können.

    Hintergrund des "Laufmaschinen-Zoos": Erst zum zweiten Mal findet in Deutschland ein dreitägiger Workshop des "International Advanced Robotics Program" (IARP) statt, einer multinationalen Initiative, die wissenschaftliche und wirtschaftliche Kräfte auf höchstem Niveau bün-delt, um die Roboterforschung voranzutreiben.

    "Ohne die enge Verbindung von Grundlagenforschung und Industrie wäre die Aufgabe kaum zu lösen", weiß der Jenaer Zoologe Prof. Dr. Martin S. Fischer. "Deshalb ist dieser Workshop, den wir gemeinsam mit der Jenoptik AG veranstalten, gerade in Jena gut aufgehoben, wo es seit über 100 Jahren eine beispielhaft gute und fruchtbare Zusammenarbeit gibt." Unmittelbar beteiligt am IARP-Workshop sind auch die Daimler-Chrysler AG, die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Freistaat Thüringen. "IARP ist zweifellos ein Highlight für den Wissenschaftsstandort Thüringen", freut sich Fischer. Gegründet wurde das IARP 1982 auf dem G7-Wirtschaftsgipfel in Versailles. Inzwischen arbeiten auch China und Rußland in diesem Programm mit.

    Rund 60 Prozent der Erdoberfläche sind für Radfahrzeuge unzugänglich. Wissenschaftler und Industrievertreter denken an Einsatzgebiete für ihre intelligenten Apparate wie marode Kanalisationen, andere Rohrleitungssysteme oder in der Minensuche. Funktionierende Laufroboter werden zukünftig wirtschaftlich lukrativ sein, aber zunächst sind sie wissenschaftlich sehr anspruchsvoll. Bereits seit 1995 finanziert die DFG ein großes Forschungsprojekt zu Bewegungssystemen an den Universitäten Jena und Ilmenau.

    Ziel ist es hier, Bewegungsprinzipien aus dem Tierreich in technische Lösungen zu transferieren. "Der Schlüssel liegt für uns darin, motorische Abläufe und die Koordination beim Laufen auf zwei, vier oder mehr Beinen zu erkennen", erklärt Martin S. Fischer. "Unsere Arbeit ist biologisch inspiriert, von Bionik oder Biomimikry würde ich aber nicht sprechen."

    In den Arbeitsgruppen von Prof. Reinhard Blickhan und Prof. Martin S. Fischer in Jena werden Bewegungsabläufe von achtbeinigen Spinnen und vierbeinigen Säugetieren untersucht. Säugetiere werden mit 150 Röntgenbildern pro Sekunde gefilmt. Die Forscher stellten fest, daß die zwei rechten Winkel zwischen Oberschenkel, Unterschenkel und Fuß ein genial einfaches Stoßdämpfersystem bilden. "Dabei arbeiten die Beine steuerungstechnisch so unabhängig voneinander, daß z.B. mein Hund über Bodenunebenheiten läuft, ohne darüber nachzudenken", bemerkt Fischer.

    "Für unsere Roboter heißt das, daß wir uns von der Idee einer allein zentralen Steuerungseinheit verabschiedet haben." Die Lösung liegt offenbar in einer peripheren, dezentralen Regelung. Deutsche Wissenschaftler haben entdeckt, daß es bei der Stabheuschrecke Rückkoppelungsmechanismen auf Gelenkebene gibt. So wenig Elektronik wie nötig, so viel Mechanik wie möglich, lautet daher eine Devise für technische Laufapparate.

    Inzwischen sind Antriebe und Steuerungssysteme soweit miniaturisiert, daß die autonome Laufmaschine in wenigen Jahren Realität sein wird. Eine ausgefeilte Sensorik sorgt dafür, daß der Roboter Hindernisse erkennt und nirgends aneckt. Ernsthafte Probleme bereitet nur noch die Stromversorgung, Batterien müssen noch kleiner und leistungsfähiger werden.

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Martin S. Fischer
    Tel.: 03641/949141, Fax: 949142
    e-mail: b5fima@rz.uni-jena.de

    PD Dr. Dr. Hartmut Witte
    Tel.: 03641/949154, Fax 949142
    e-mail: Hartmut.F.Witte@gmx.de

    PRESSETERMINE:
    Pressegespräche am 21. Juni um 18.30 Uhr und am 22. Juni um 15.00 Uhr im Steigenberger Hotel Esplanade, Jena

    Demos der Laufmaschinen am 21. Juni um 12.30 Uhr und am 22. Juni um 13.00 Uhr jeweils im Hörsaalzentrum (Neuer Campus) der Universität Jena, Carl-Zeiß-Str. 4 sowie auf Anfrage.

    TAGUNGSPROGRAMME: (externer Link)


    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Wolfgang Hirsch
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031
    Fax: 03641/931032
    e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.fzi.de/IARP99/iarp99.html


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik, Maschinenbau, Sportwissenschaft, Wirtschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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