idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
29.08.1996 00:00

Universität Bremen Mekka für Kristallisations-Fachleute

Kai Uwe Bohn Hochschulkommunikation und -marketing
Universität Bremen

    UNIVERSITAET BREMEN - Nr. 097 / 29. August 1996 SC

    Universitaet Bremen: Mekka fuer Kristallisations-Fachleute

    - 100 Prozent rein durch Schmelzkristallisation: Im Bremer GRANUPURE-Projekt wird die Schmelzkristallisation optimiert

    - Europaeische Union und Industrie stellen Forschungsgelder bereit

    - 5. Bremer International Workshop on Industrial Crystallization: Treffpunkt fuer Experten aus Wissenschaft und Industrie (12.-13.9."96)

    In der modernen Produktion werden Materialen von hoechster Reinheit verarbeitet. Fuer diese Reinheit sorgen Verfahren der Technischen Kristallisation. Beispiel Elektronikindustrie: Wenn Leiterplatten fuer Computer hergestellt werden, ist Phosphorsaeure zum Reinigen und Aetzen notwendig. Zum Bestandteil der Saeure gehoeren Schwermetalle, die an Wassermolekuele angelagert sind; dieses Wasser muss allerdings der Saeure entzogen werden - eine Aufgabe, die die Technische Kristallisation loest. Beispiel Textilindustrie: Beim Spinnen von Textilien treten immer wieder Produktionsunter-brechungen auf, weil die Rohstoff-Fasern nicht von gleichbleibender Guete sind und reissen. Eine konstante Reinheit der Fasern ist Voraussetzung fuer die reibungslose Textilfertigung - eine weitere Aufgabe, die die Technische Kristallisation erfuellt.

    Verfahren der Technischen Kristallisation kommen ueberall dort zum Einsatz, wo Materialien mit einer (nahezu) 100%igen Reinheit benoetigt werden. Durch die Kristallisation werden Gemische aus mehreren Komponenten in die einzelnen Bestandteile zerlegt, so dass am Ende die gewuenschte Substanz in hoechster Reinheit zur Verfuegung steht. Doch der Weg zur industriellen "Katharsis" ist lang, sprich energie- und zeitaufwenig. Verfahrenstechniker der Universitaet Bremen entwickeln derzeit im Rahmen des von der Europaeischen Union gefoerderten JOULE Programms (Non Nuclear Energy Program) das Schmelzkristallisationsverfahren "GRANUPURE" mit dem Ziel, den Energiebedarf zu senken und die Produktionszeit zu verkuerzen.

    Grundsaetzlich verfuegt die Schmelzkristallisation im Gegensatz zu evaporativen Trennverfahren (z. B. Destillation) ueber den Vorteil, dass sie auf niedrigem Temperaturniveau ablaeuft, naemlich in der Naehe der Stoff-Schmelzpunkte (und nicht der Siedepunkte). Dadurch benoetigt sie einerseits weniger Energie und erweitert andererseits ihren Anwendungsbereich auf temperaturempfindliche Stoffe. Trotz dieser Vorteile gegenueber der Destillation sind die beiden gaengigen Schmelzkristallisationsverfahren "Schichtkristallisation" und "Suspensionskristallisation" bisher nicht optimal.

    Bei der Schichtkristallisation ist die Wachstumsgeschwindigkeit fuer den industriellen Einsatz nicht ausreichend; die Suspensionskristallisation wiederum bringt zwar sehr schnell Einzelkristalle hervor, deren Reinheit wird jedoch den Anspruechen moderner Produktionen nicht gerecht.

    Die Bremer Verfahrenstechniker suchen mit ihrem GRANUPURE-Projekt die Synthese von Reinheit und Wachstumsschnelligkeit. Zunaechst werden mit Hilfe einer Stahlbandanlage aus dem zu reinigenden Stoff Pastillen hergestellt. Diese Pastillen sind noch verunreinigt, so dass sie weiter behandelt werden muessen. Dafuer ist ein spezielles Waschverfahren entwickelt worden. In einer warmen Umgebung kommt es faktisch zum "Ausschwitzen" und "Auswaschen" der verunreinigenden Beimengungen. Im selben Verfahrensschritt werden die gereinigten Pastillen in die verunreinigte Ausgangsschmelze zurueckgefuehrt. An der Pastillen-Oberflaeche setzen sich dann - durch die Temperatureinstellung genau geregelt - hochreine Kristalle der aus der Schmelze zu gewinnenden Substanz ab. Die nahezu runde Oberflaechenform ermoeglicht eine Kristallisation in grossem Umfang und macht dadurch eine Nutzung des Verfahrens im industriellen Massstab moeglich.

    Potentielle Nutzer interessieren sich bereits fuer das von Prof. Dr.-Ing. Joachim Ulrich geleitete GRANUPURE-Projekt, an dem auch Wissenschaftler aus den Niederlanden, Italien und Russland sowie das Unternehmen Sandvik Process Systems beteiligt sind. Das Projekt mit einer Laufzeit von zweieinhalb Jahren wird mit 1,5 Millionen Mark durch die EU finanziert. Noch einmal die gleiche Summe steuern die Industriepartner bei.

    Die Abteilung Verfahrenstechnik im Fachbereich Produktionstechnik der Universitaet Bremen hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Mekka fuer Kristallisations-Fachleute aus aller Welt entwickelt. So findet an der Universitaet Bremen am 12. und 13. September der 5. BIWIC (Bremen International Workshop on Industrial Crystallization) statt. Diese Konferenz stellt ein Treffen der Kristallisationsgemeinde dar, das vor allem aufgrund der intensiven Diskussionsmoeglichkeiten weltweit Beachtung findet. Mehr als 100 Fachleute aus 15 Nationen Europas, Nord- und Suedamerikas sowie Asiens und dort speziell Japans werden erwartet. Neben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Universitaeten und Forschungseinrichtungen haben sich Vertreter verschiedener Industriezweige angemeldet. Aus den Bereichen Chemie, Pharmazie und Kosmetik sind Unternehmen wie BASF AG, Bayer AG, Hoffmann LaRoche oder Sandoz praesent, Namen wie Messo Chemie Technik, Sulzer Chem Tech oder BEFS Engineers stehen fuer bekannte Anlagenbauer des Gebietes. Die Hersteller von Messgeraeten fuer die Kristallisation wie beispielsweise Malvern, Netzsch, Messtechnik Schwartz GmbH oder Molecular Simulations werden zusaetzlich zu den Vortraegen Geraete fuer eine Austellung beisteuern.

    Weitere Auskuenfte zum GRANUPURE-Projekt und zur 5. BIWIC:

    Prof. Dr.-Ing. Joachim Ulrich, Fachbereich Produktionstechnik - Bereich Verfahrentechnik, Universitaet Bremen und Institut fuer Werkstofftechnik, Postfach 330 440, 28334 Bremen, Tel. (0421) 218 - 2670, Fax. (0421) 218 - 5333, E-mail: Ulrich@iwt.uni-bremen.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Elektrotechnik, Energie, Maschinenbau, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).