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05.07.2005 11:28

Humanitäre Hilfe damals und heute: RUB-Forscher veröffentlicht umfassenden Sammelband

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Die Beziehungen zwischen Militär und Humanitären Organisationen haben sich zusehends verändert - insbesondere durch die geopolitischen Umgestaltungen seit dem Ende des Kalten Krieges. So unterschieden sich zum Beispiel die Beweg- und Hintergründe humanitärer Aktionen im Irak des Jahres 1991 vollkommen von den heutigen. Eine aktuelle Bestandsaufnahme dieser Entwicklung bietet der Sammelband "Between Force and Mercy: Military Action and Humanitarian Aid", der soeben erschienen ist. Herausgegeben von Juniorprofessor Dr. Dennis Dijkzeul (RUB), kommen hier renommierte internationale Experten zu Wort. Das Fazit: Die schwierigen Beziehungen zwischen Militär und Humanitären Organisationen können zwar verbessert werden, paradoxerweise teilen beide aber heutzutage politische und diplomatische Probleme, die sie weder allein noch zusammen lösen können.

    Bochum, 05.07.2005
    Nr. 214

    Humanitäre Hilfe damals und heute
    Between Force and Mercy: Military Action and Humanitarian Aid
    RUB-Forscher veröffentlicht umfassenden Sammelband

    Die Beziehungen zwischen Militär und Humanitären Organisationen haben sich zusehends verändert - insbesondere durch die geopolitischen Umgestaltungen seit dem Ende des Kalten Krieges. So unterschieden sich zum Beispiel die Beweg- und Hintergründe humanitärer Aktionen im Irak des Jahres 1991 vollkommen von den heutigen. Eine aktuelle Bestandsaufnahme dieser Entwicklung bietet der Sammelband "Between Force and Mercy: Military Action and Humanitarian Aid", der soeben erschienen ist. Herausgegeben von Juniorprofessor Dr. Dennis Dijkzeul (Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht der RUB, IFHV), kommen hier renommierte internationale Experten zu Wort. Das Fazit des Buches: Die schwierigen Beziehungen zwischen Militär und Humanitären Organisationen können zwar verbessert werden, paradoxerweise teilen beide aber heutzutage politische und diplomatische Probleme, die sie weder allein noch zusammen lösen können.

    Pragmatische Zusammenarbeit

    Das Buch ist eine neue und zeitnahe Studie, die die Veränderungen und Probleme zwischen Militär und Humanitären Akteuren in Ländern wie etwa Irak und Afghanistan analysiert. In den letzen beiden Jahrzehnten hat sich der Charakter humanitärer Interventionen zunehmend gewandelt - vor allem nach dem 11. September 2001. Obwohl Militär und Humanitäre Organisationen in vielen Krisensituationen früher oder später miteinander verhandeln müssen, sind ihre Beziehungen zueinander oftmals schwierig und zeitweise sogar kontraproduktiv gewesen. In der Vergangenheit setzte sich vor Ort dennoch mit der Zeit eine "pragmatische Zusammenarbeit" durch. In wenigen Fällen - beispielsweise in Somalia - waren es sogar die Humanitären Organisationen, die um militärische Intervention baten.

    Alte Probleme in neuem Licht

    Dijkzeuls Buch stellt die schwierigen Beziehungen zwischen Militär und Humanitären Organisationen in einen breiteren Kontext mit internationalen politischen Veränderungen, politischen Kriegsökonomien und dem Phänomen schwacher und zerfallender Staaten. Europäische und amerikanische Autoren mit unterschiedlichen Erfahrungshintergründen - vom Pentagon und der Britischen Armee bis zu Humanitären Nichtregierungs-Organisationen (NRO) sowie dem Roten Kreuz/Roten Halbmond - untersuchen die Entwicklung der vergangenen Jahre aus verschiedenen Perspektiven. Den Autoren gelingt es, ein neues Licht auf die Probleme internationaler Interventionen zu werfen und dadurch Chancen und Möglichkeiten für eine dauerhafte friedliche Gesellschaft zu entwickeln.

    Ein weiter Bogen

    Das Buch gliedert sich in drei Teile. Es spannt einen weiten Bogen von politischen Themen bis zu Erfahrungen vor Ort und innerhalb der Organisationen. So erörtert Herausgeber Dennis Dijkzeul im ersten Teil zum Beispiel die Entwicklung militärischer und humanitärer Interventionen in der Zeit vom Ende des Kalten Krieges bis zum 11. September 2001. Jacques Fomerand untersucht die veränderte Rolle und Vorstellung der USA, wie mulilaterale Antworten auf humanitäre Krisen zu gestalten seien. Welchen Einfluss der von der USA geführte Krieg gegen den Terrorismus und die damit verbundene Militäraktion in Afghanistan auf das internationales Recht haben, zeigt schließlich Peter Danchin.

    Ranghohe Autoren aus dem Pentagon

    Der zweite Teil des Bandes konzentriert sich auf die tatsächliche Politik beteiligter Akteure wie Geldgeber, Militär oder Humanitäre Organisationen. Dabei analysiert Gordon Bardos die Rolle der internationalen Gemeinschaft, insbesondere der Vereinigten Staaten, während des letzten Balkankrieges. Er argumentiert, dass westliche Politik - sei es durch ökonomische Sanktionen, militärische Interventionen oder Versuche eines State- oder Nation-Building - der Region mehr Schaden als Nutzen gebracht hat. Joost Herman befasst sich mit der anfänglichen Unterstützung der Niederlande für komplexe Friedensoperationen und die politischen Veränderungen seit dem Massenmord in Srebrenica. Mit Joseph Collins und Michael McNerney konnte Dijkzeul zudem zwei ranghohe Mitarbeiter des Pentagon als Autoren gewinnen: Sie erläutern die Zusammenhänge zwischen den Bemühungen Humanitärer Organisationen und US-amerikanischen Militäroperationen - insbesondere der Wiederaufbauteams - in Afghanistan nach dem 11. September 2001. Heike Spieker schließlich beleuchtet die Position des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes.

    Weltweiter Fokus: Von Kuba bis Serbien

    Im Schlussteil des Buches zeigt Richard Garfield anhand der Beispiele Kuba, Haiti, Serbien und des Irak die humanitären Konsequenzen ökonomischer Sanktionsmaßnahmen, die oftmals als politisches Mittel alternativ zu einem militärischen Eingreifen gelten. Welche Rolle das Militär in Fällen humanitärer Hilfe einnehmen sollte, und welche Schritte unternommen werden sollten, um die Koordination unterschiedlicher Akteure in humanitären Krisen zu verbessern, ist Gegenstand des von Oberstleutnant John Rollins (Britische Armee) verfassten Beitrags. Dirk Salomons beschreibt am Beispiel von Minenräumungsaktionen im Kosovo die relativ erfolgreichen Wirkungen von UN-Bemühungen, Hilfe auch dann zu koordinieren, wenn eine Vielzahl von Akteuren involviert ist. Am Beispiel der Krisen im Irak 1991, in Ruanda, Zaire und dem Kosovo untersuchen Patricia Diskett, Steve Hansch und Tim Randall zivil-militärische Beziehungen unter geschichtlichen "public health"-Aspekten. Die letzten beiden Kapitel konzentrieren sich ganz auf die Kriege im Irak zwischen 1990 und 2004 und deren humanitäre Auswirkungen: Richard Garfield entmystifiziert die Ergebnisse dieser Bemühungen, indem er die humanitären Initiativen dieser Jahre aus einer politischen und "public health"-Perspektive untersucht. Schließlich widmen sich Olga Bornemisza und Tim Poletti der hitzigen Debatte über die eingeschränkten Freiheiten humanitärer Akteure während des letzten Irak-Krieges. Das letzte Kapitel zeigt die bleibenden Dilemmata und mögliche Zukunftsszenarios für militär-humanitäre Beziehungen.

    Experte für Humanitäre Hilfe

    Dr. Dennis Dijkzeul arbeitet seit Oktober 2002 am Institut für Friedensicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht der Ruhr-Universität Bochum. Zuvor war der niederländische Ökonom Direktor des "Programms für Humanitäre Angelegenheiten" an der Columbia Universität in New York. Dennis Dijkzeul hat in Rotterdam seine Doktorarbeit über UN-Management verfasst und als Berater internationaler Organisationen in Afrika, Mittelamerika, Europa und den USA gearbeitet. Er ist Autor des Buchs "Rethinking International Organizations: Pathology and Promise" (Berghahn Books, New York and Oxford).

    Titelaufnahme

    Dennis Dijkzeul (Hrsg.): "Between Force and Mercy. Military Action and Humanitarian Aid", Bochumer Schriften zur Friedenssicherung und zum Humanitären Völkerrecht, Band 50, BWV Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin, 417 Seiten, 44 Euro, ISBN 3-8305-0907-3

    Weitere Informationen

    Dr. Dennis Dijkzeul, Institut für Friedensicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht der RUB, NA 02/29, Tel. 0234/32-27932, E-Mail: dennis.dijkzeul@rub.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Politik, Recht
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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