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15.06.1999 22:37

Bei Verkehrsunfällen mit Kindern: Verletzungen trägt auch die Seele davon

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Jena. Jedes siebte Kind, das bei einem Verkehrsunfall verletzt wird, erleidet auch eine psychische Traumatisierung. Das hat Dr. Regina Steil, Psychologin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, in einer empirischen Studie mit 35 Thüringer Kindern und Jugendlichen festgestellt. Posttraumatische Belastungsstörungen äußern sich noch lange nach dem Unfallereignis durch Leistungsabfall in der Schule, übertriebene Ängstlichkeit, Furcht vor dem Alleinsein oder durch eine verzögerte kindliche Entwicklung.

    "Eltern sollten genau auf solche Alarmsignale achten", empfiehlt die Psychologin. "Wichtig ist, daß Heranwachsende nicht angehalten werden, den Unfall zu verdrängen, sondern ihn in altersgerechter Form verarbeiten lernen", so Regina Steil, "dabei kann die ganze Familie helfen."

    Steil befragte vor allem Kinder, die in der Jenaer Kinderunfallchirurgie behandelt worden waren, mitsamt den Eltern einige Zeit nach erfolgreicher körperlicher Rekonvaleszenz. "Die Zusammenarbeit mit Professor Felix Schier, dem Kinderchirurgen im Jenaer Uni-Klinikum, war vorzüglich", beschreibt sie ihre Vorgehensweise, "so kannte ich den medizinisch objektiven Schweregrad der Verletzung genau."

    Dabei stellte sie fest, daß Psychotraumata auch bei leichten Verletzungen auftreten können: "Es kommt darauf an, wie lebensbedrohlich das Kind subjektiv die Situation empfunden hat." Grundsätzlich seien Mädchen im Kindes- und Jugendalter nach Verkehrsunfällen stärker durch deren psychische Bewältigung belastet als Jungen. Auch kommen Kinder, die sich selbst oder deren Eltern ihnen Vorwürfe machen, schwerer zurecht.

    Den Eltern weist die Jenaer Psychologin eine Schlüsselrolle bei der kindlichen ,Seelenarbeit' zu. Auf jeden Fall müßten die Erwachsenen offene Augen und Ohren für die Nöte ihrer Zöglinge haben. "Wenn Kinder glauben, daß ihre Eltern nicht über den Unfall reden wollen, verschließen sie sich in ihrer Angst", warnt sie. Stattdessen helfe es, den Unfallhergang später noch einmal genau zu besprechen oder ihn im Spiel oder beim Malen nachzuerleben. "Dabei müssen die Erwachsenen sehr behutsam sein und auf die Reaktionen der Kinder achten", rät Dr. Steil, "der Prozeß der psychischen Verarbeitung geschieht immer in mehreren, wohldosierten Schritten."

    Wenn alles nicht hilft, sollte ein Kinder- und Jugendpsychologe aufgesucht werden. "Das ist immer noch besser, als wenn das Kind aufgrund der posttraumatischen Belastungsstörungen soziale Nachteile erfährt, etwa in der Schule", gibt sie zu bedenken. Gemeinsam mit der Techniker-Krankenkasse will die Psychologin nun ein Handbuch erarbeiten, das Ratschläge für Eltern und Kinder gibt und auch ein Adreßverzeichnis für professionelle Hilfe anbietet. Beim Psychotraumatologie-Kongreß kommendes Wochenende an der Universität Jena findet eigens ein Workshop zu diesem Thema mit der britischen Spezialistin Dr. Dora Black statt.

    Ansprechpartnerin:
    Dr. Regina Steil, Tel.: 03641/945183, Fax: 945182
    e-mail: Regina.Steil@rz.uni-jena.de

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Wolfgang Hirsch
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031
    Fax: 03641/931032
    e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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