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15.07.2005 16:05

Wissenschaftsrat akkreditiert Universität Witten/Herdecke

Dr. Olaf Kaltenborn Kommunikation und Marketing
Private Universität Witten/Herdecke gGmbH

    Votum macht jedoch auch weiteren Entwicklungsbedarf deutlich

    Der Wissenschaftsrat (WR) hat der Universität Witten/Herdecke am 15. Juli 2005 die institutionelle Akkreditierung erteilt. Zuvor waren bereits alle neuen Bachelor- und Masterstudiengänge der UWH akkreditiert worden.
    Bei dem aktuellen Verfahren, das der WR auf Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen durchführte, stand die gesamte Universität in ihrer Wissenschaftlichkeit und Didaktik auf dem Prüfstand.

    In seiner Stellungnahme würdigt der WR zunächst die herausragende Rolle der UWH bei der Weiterentwicklung des deutschen Hochschulwesens: "Die UWH trat seit ihrer Gründung ... mit einer Reihe von curricularen und organisatorischen Neuerungen hervor, die ... in der besonderen Verdichtung außergewöhnlich waren. Sie trug dadurch zur Weiterentwicklung des deutschen Hochschulsystems bei und machte von der Möglichkeit einer privaten Universität, ein Experimentierfeld zu sein, regen Gebrauch. Besonders hervorzuheben sind dabei die Beiträge der UWH zur Einführung neuer Elemente in das Studium der Humanmedizin und zur Erweiterung aller Fachstudiengänge durch das Studium fundamentale."

    In der Einschätzung der Lehr- und Forschungsleistungen der unterschiedlichen Fakultäten der UWH offenbart sich ein differenziertes Bild. Grundsätzlich hebt der WR hervor, die UWH verfüge "über ein für eine private Universität erfreulich breites Fächerspektrum mit sowohl medizinischen und naturwissenschaftlichen als auch wirtschafts- und geisteswissenschaftlichen Fachgebieten."

    o Ein gutes Zeugnis wird der Fakultät für Biowissenschaften ausgestellt: "Mit ihren wissenschaftlichen Leistungen hat die Fakultät eine anerkannte Reputation in Deutschland aufgebaut und auch in einzelnen Bereichen eine internationale Sichtbarkeit erlangt. ... Die besondere Orientierung der Fakultät ermöglicht Studierenden eine forschungsnah angelegte Ausbildung. ... Insgesamt stellt der Studiengang einen Solitär in der deutschen Hochschullandschaft dar."
    o Ebenfalls überwiegend gut beurteilt wird die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften: "Das Studium der Wirtschaftswissenschaften leistet die Auseinandersetzung mit grundlegenden und neuartigen Theorien, es integriert Praxistätigkeiten und eröffnet den Studierenden ... internationale Erfahrungen." Die Fakultät weise "ein eigenständiges Profil unter den deutschen Hochschulen auf." Hervorgehoben werden zudem die hohe Studienzufriedenheit, die kurze Fachstudiendauer sowie die gute Akzeptanz der Absolventen in der Wirtschaft. Im Bereich Forschung stellt der WR fest, "dass die Fakultät in den vergangenen Jahren ihre Forschungsleistungen intensivieren konnte. ... Die Fakultät konnte sowohl durch kreative Ideen als auch durch Publikationen in den klassischen wirtschaftswissenschaftlichen Domänen Aufmerksamkeit erzeugen."
    o Zur Zahnmedizin schreibt der WR in seinem Gutachten: "Der curriculare Aufbau des Studiums der Zahnmedizin kann - im Vergleich zu anderen zahnmedizinischen Ausbildungsstätten in Deutschland - als interessantes Modell angesehen werden. Besonderes Kennzeichen der Ausbildung sind die frühe Einbeziehung klinischer Abschnitte und die übergreifenden integrierten Lehrveranstaltungen und Praktika."
    o Mit den didaktischen Qualitäten der Studiengänge und den Forschungsleistungen der Institute für Pflegewissenschaft und Musiktherapie, beide angesiedelt unter dem Dach der Fakultät für Medizin, zeigen sich die Gutachter ebenfalls überwiegend zufrieden. Im Fall der Pflegewissenschaft hebt der WR hervor, das Institut habe sich "durch Forschungsprojekte und Publikationen in der deutschsprachigen Pflegewissenschaft einen guten Ruf erarbeiten können." Es sei zu begrüßen, dass sich die Pflegewissenschaft der UWH an dem European Network of Doctoral Programmes in Nursing der European Academy of Nursing Science beteilige. Die Studiengänge des Instituts ließen "eine hohe Integration der Absolventen in den Arbeitsmarkt erwarten."
    o Dem Institut für Musiktherapie wird attestiert, es habe "methodische, aber auch wissenschaftliche Kompetenzen aufbauen können." Die Publikationen des Instituts hätten dazu beigetragen, "die allgemeine wissenschaftliche Reputation der Musiktherapie zu fördern.", so der WR.

    Medizin

    In einer grundsätzlichen Würdigung hebt der WR hervor, dass die Witten/Herdecker Medizinerausbildung "zweifellos dazu beitrug, der Idee einer praxisnahen Lehre zum Durchbruch zu verhelfen. Verstärkend kam hinzu, dass hier das Curriculum bis heute auch andere als durch die Ärzteapprobationsordnung (ÄAppO) geforderte Lehrbestandteile aufweist. Die Studierenden sind nicht zuletzt dadurch äußerst motiviert und mit ihrer Ausbildung außerordentlich zufrieden", so der WR.
    Der seit nunmehr fünf Jahren an der UWH angebotene Modellstudiengang Medizin belegte in jüngster Zeit in einem Ranking des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" den Spitzenplatz. Er wurde vom Land NRW im Frühjahr 2005 zum Leitprojekt "Gesundheitswirtschaft" ernannt. Die Ausbildung entspricht den Grundsätzen der Ärzteapprobationsordnung. Die Studierenden des Modellstudiengangs erzielen nach den staatlich normierten Prüfungsverfahren im deutschlandweiten Vergleich überdurchschnittliche Ergebnisse.
    Der WR sieht jedoch in der Humanmedizin erheblichen Entwicklungsbedarf insbesondere bei der Forschung. Auch im Bereich der Lehre werden grundlegende strukturelle Veränderungen gefordert. Der vom WR angezeigte Veränderungsbedarf ist nach Einschätzung der UWH auch vor dem Hintergrund eines derzeit auch international ausgetragenen Paradigmenstreits über die Didaktik und den Praxisbezug medizinischer Ausbildung zu sehen.
    Trotz der unbestreitbaren Erfolge des Studienganges stellt sich die Universität Witten/Herdecke der Kritik des Wissenschaftsrates und wird die erforderlichen Maßnahmen ergreifen.
    Im Zentrum der Kritik des WR stehen u.a. folgende Punkte, zu denen die UWH im Folgenden Stellung nimmt:

    o Fehlen eines Universitätsklinikums/kooperierende Kliniken:

    Mit dem Helios-Klinikum, Wuppertal, verfügt die UWH über ein Uni-Klinikum. Die Anzahl der kooperierenden Kliniken ist bereits nach dem letzten Votum des WR von damals 18 auf heute 11 reduziert worden und wird sich weiter verringern. Die Fakultät hält es weiterhin für sinnvoll, Studierenden die ganze Bandbreite der klinischen Versorgungsrealität zu vermitteln. Neben Häusern der Maximalversorgung wird auch künftig die Ausbildung in kleineren Häusern und in Kliniken mit speziellen Therapieangeboten und Fachausrichtungen integraler Bestandteil der Wittener Lehre sein. Die Fakultät hat bereits im Jahr 2000 einen aufwändigen Reorganisationsprozess in Gang gesetzt, in dessen Zentrum verbindliche Kooperationsvereinbarungen mit den Kliniken stehen, die sicherstellen, dass vereinbarte Standards in Lehre und Forschung eingehalten werden. Dieser Reorganisationsprozess ist noch nicht abgeschlossen und wird nun mit großer Energie weitergeführt.

    o Mangelnde Forschungsleistungen/Forschungsschwerpunkte:

    Vom Wissenschaftsrat wird eine deutliche Steigerung der Forschungsaktivitäten gefordert. Erste Schritte dazu wurden bereits unternommen.

    o Durchfallquoten/Prüfungsleistungen/Abbrecherquoten

    Die vom WR konstatierten, teilweise extrem hohen Durchfallquoten im Ersten Staatsexamen sind aus Sicht der UWH Problemen der Statistik zuzuschreiben: Teilweise wurden Prüfungskohorten von nur drei bis sieben Teilnehmern für die Berechnungen herangezogen. Dies führte im Extremfall zu Durchfallquoten von bis zu 57,1 %, die dann dem allgemeinen Bundesdurchschnitt gegenüber gestellt werden. In allen Prüfungskohorten, bei denen sich eine größere Grundgesamtheit zum ersten Staatsexamen anmeldete (33-45 Teilnehmer) schneidet die UWH dagegen auch im Bundesdurchschnitt außerordentlich gut ab. In zwei Prüfungszyklen lag die Durchfallquote bei Null, in einem dritten bestanden 4,5 Prozent die Prüfung nicht. Die Prüfungsergebnisse des 2. Staatsexamens zeigen ein ähnliches Bild: Insgesamt sieben der elf vom WR untersuchten Prüfungszyklen weisen für die UWH eine Durchfallquote von Null aus. Auch der Anteil der richtig beantworteten Fragen liegt mit durchschnittlich 76,22 % leicht über dem Bundesdurchschnitt. Damit zeigt sich, dass die Wittener Studierenden über mit staatlichen Kommilitonen mindestens vergleichbare naturwissenschaftliche Kenntnisse verfügen. Die nach dem OECD-Verfahren berechnete Abbrecherquote führt ebenfalls zu diskussionswürdigen Ergebnissen. Der WR konstatiert z.T. Abbrecherquoten von über 40 Prozent. Auch hier führen die z.T. relativ kleinen Jahrgangskohorten zu einer Verzerrung der Ergebnisse. So werden z.B. immatrikulierte Gaststudierende aus dem Ausland nach ihrem Ausscheiden ebenso als Studienabbrecher geführt wie solche, die die Regelstudienzeit über ein bestimmtes Maß hinaus überschritten haben.

    Kontakt: 02302/926-754, -848


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Organisatorisches, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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