idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
28.07.2005 12:07

BfN ist besorgt über Diffamierung des Naturschutzes

Franz August Emde Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Bundesamt für Naturschutz

    Vogtmann: + Naturschutz ist kein Job-Killer
    + 92 Prozent der Deutschen finden Naturschutz wichtig
    + Täglich gehen Freiflächen von 120 Fußballfeldern verloren
    + Hoher Landschaftsverbrauch gefährdet Lebensqualität
    + Wildtierkorridore vermindern Verkehrsunfälle

    Leipzig/Bonn, 28. Juli 2005: Mit zunehmender Sorge betrachtet das Bundesamt für Naturschutz (BfN) die Diskussionen über den Naturschutz als Verhinderer des wirtschaftlichen Fortschrittes. "Seit einiger Zeit mehren sich in den Medien Berichte, in denen das Anliegen des Naturschutzes diffamiert wird" , so BfN-Präsident Prof. Dr. Hartmut Vogtmann anlässlich des zehnjährigen Bestehens der BfN-Außenstelle Leipzig. "Der Naturschutz ist nicht an den wirtschaftlichen Problemen des Landes Schuld", erklärte Vogtmann. "Verschiedene Studien zu den positiven ökonomischen Effekten des Naturschutzes belegen das Gegenteil. Leider unterstellen manche Politiker und Medien, die Bevölkerung hätte eine zunehmend kritische Distanz zum Naturschutz. Dies ist eindeutig falsch. Nach der neuesten Umfrage zum Stellenwert des Naturschutzes in der Gesellschaft finden 92 Prozent der Deutschen einen wirksamen Natur- und Umweltschutz wichtig bis sehr wichtig, " erläuterte der BfN-Präsident.

    "Die Darstellungen über den Feldhamster als Job-Killer lassen sich beim genauen Hinsehen nicht nachvollziehen. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Vom BfN sind seit 1998 bundesweit nur 24 Bauvorhaben registriert worden, in denen der vom Aussterben bedrohte Feldhamster eine Rolle spielte. In 23 Fällen konnten die Projekte realisiert werden. Nur in einem Fall (Golfplatz in Hessen) wurde die Planung durch den Regierungspräsidenten gestoppt. Die Bundesrepublik Deutschland hat alle internationalen Konventionen und Richtlinien im Arten- und Naturschutz unterzeichnet und ist an deren Einhaltung völkerrechtlich gebunden. Dazu gehört auch der Schutz der Feldhamster. Wir können nicht die Bedrohung der chinesischen Pandabären oder der tropischen Regenwälder beklagen und gleichzeitig unseren heimischen Feldhamster dämonisieren. Glaubwürdiger Naturschutz beginnt vor der eigenen Haustür", erklärte Prof. Vogtmann. "Die Bewahrung unseres Naturerbes darf keine Schönwetter-Aufgabe in konjunkturellen Spitzenzeiten sein. Die natürlichen Lebensgrundlagen müssen gerade im Interesse künftiger Generationen auch jetzt erhalten und entwickelt werden, " so Vogtmann.

    Mit Sorge beobachtet das BfN den massiven Flächenverbrauch für Siedlungs- und Verkehrsflächen, der mit 93 Hektar pro Tag noch immer viel zu hoch ist. Dies entspricht ca. 120 Fußballfeldern am Tag und mit 341 km" fast dreimal der Wasserfläche des größten deutschen Sees, den Müritzsee (oder 2/3 des internationalen Bodensees).

    Die Flächeninanspruchnahme hat fatale Folgen:
    - Freiräume für die Erholung gehen verloren
    - das Landschaftsbild wird beeinträchtigt
    - Lebensräume für Pflanzen und Tiere werden dauerhaft zerstört
    - die Nutzungsfähigkeit der Böden wird vernichtet
    - die gesamte Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes wird eingeschränkt
    - Verlust der Lebensqualität der Menschen in den Ballungsräumen.

    "Zur Problemlösung darf es dabei nicht nur um eine quantitative, d.h. reduzierende Steuerung der Flächeninanspruchnahme gehen. Sondern die weiterhin erforderliche Entwicklung muss auch qualitativ gelenkt werden. Die Entwicklung und Umsetzung von Konzepten zur Innenentwicklung durch Nachverdichtung, Umnutzung und Flächenrecycling müssen den Ansprüchen der Bewohner an die Lebensqualität in der Stadt gerecht werden.

    Unfälle im Straßenverkehr bedeuten wirtschaftliche Verluste und sie verursachen häufig ganz erhebliches menschliches Leid. Aber auch die Tierwelt ist stark davon betroffen. Allein in Baden-Württemberg beträgt der jährliche Verlust beim Schalenwild etwa 17.000 Tiere durch den Straßenverkehr. Um zukünftig die vielen Tierunfälle zu vermeiden, sollen Wildtierkorridore eingerichtet werden. Die Initiativskizze "Lebensraumkorridore für Mensch und Natur" (www.bfn.de) zeigt bundesweit auf, wo es große Wildtierkorridore gibt, die erhalten oder wieder verbunden werden müssen. "Da wo Straßen gebaut werden oder schon bestehen, sollen - orientiert an der Initiativskizze - geeignete Querungshilfen, z.B. Grünbrücken für Wildtiere, geschaffen werden. Solche Ansätze werden in den nächsten Jahren zunehmend wichtig, um Tierunfälle zu verminden. In vielen Bundesländern gibt es an Autobahnen Abschnitte, wo solche Brücken dringend gebraucht werden, " sagte Vogtmann.

    Das Beispiel der Querungshilfen für Tiere zeige nach Ansicht des BfN-Präsidenten die Möglichkeiten des Naturschutzes, vorausschauend zu handeln, drohende Konflikte frühzeitig zu vermeiden und den Interessensausgleich zwischen Natur und Mensch zu erreichen. Zahlreiche Instrumente, wie z.B. Landschaftsplanung oder naturschutzrechtliche Eingriffsregelung, müssten dazu mehr als bislang eingesetzt werden, so Hartmut Vogtmann.

    Hintergrund BfN-Außenstelle Leipzig:
    Die Außenstelle selbst (damals in Dölzig bei Leipzig) besteht schon seit 1991 mit ihrer Übernahme durch die damalige Bundesforschungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökologie. Sie nahm im Juli 1995 ihre Arbeit am Standort Leipzig auf.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Tier / Land / Forst
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).