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24.08.2005 12:43

Internationaler Chirurgen-Kurs: Becken- und Hüftpfannen-Operationen bei Schwerstverletzten

Saar - Uni - Presseteam Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes

    31. August bis 2. September 2005

    Auf Hinwirken von Prof. Dr. Tim Pohlemann, Direktor der Universitätsklinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, konnte Homburg als Treffpunkt internationaler Beckenchirurgen etabliert werden. An einem speziell entwickelten "Beckensimulator", der auch von Homburg aus in alle Welt auf Reisen geht, werden neueste Techniken und Operationsverfahren trainiert. Das modellhafte Kurskonzept beinhaltet ein quasi "Live"-Training von Notfallsituationen.

    Die Homburger Unfallchirurgie hat sich zwischenzeitlich zu einem national und international anerkannten Zentrum für die operative Versorgung von Becken und Hüftpfannen-Frakturen entwickelt. Äußeres Zeichen ist der Homburger Beckenkurs, der unter Unfallchirurgen aus aller Welt schon längst ein "Geheimtipp" ist. Erfahrene Unfallchirurgen machen sich in quasi "Live-Simulationen" mit den neuesten Techniken und Operationsverfahren vertraut. Ihr gemeinsames Ziel: die Überlebens- und Behandlungsmöglichkeiten nach schweren Beckenverletzungen weiter zu verbessern.

    Die durchweg sehr erfahrenen Teilnehmer des Homburger Beckenchirurgie-Kurses, bis auf wenige Ausnahmen sämtlich Ober- und Chefärzte aus dem gesamten deutschsprachigen Raum, absolvieren ein "hartes Programm" mit einer Vielzahl von durch Experten moderierten Fallbesprechungen, anatomischen Übungen unter Einsatz modernster Computertechnologie, sowie die Bewältigung nervenaufreibender, lebensbedrohlicher Notfallsituationen an einem speziell entwickelten "Beckensimulator".

    Der aktuelle Kurs vom 31. August bis 2. September 2005 wird sich als "Fortgeschrittenenkurs" auf spezielle Eingriffe am hinteren Beckenring und Hüftpfannenrekonstruktionen konzentrieren. Als Referenten und Tutoren konnten internationale Spezialisten gewonnen werden, um zusammen mit Experten der Arbeitsgruppe Becken der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie sowie der Deutschen Sektion der Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen keine Antwort schuldig zu bleiben.

    Hintergrund-Informationen:
    Während früher alle Insassen bei einem PKW-Aufprall mit 80 km/h umkamen, ist es stetigen Forschungen und Verbesserungen der Sicherheitszelle zu verdanken, dass heute die meisten - mit schweren und schwersten Verletzungen - auch einen Aufprall mit 120 km/h überleben. Statistiken besagen allerdings, dass etwa die Hälfte der Verkehrstoten direkt am Unfallort sterben. Rund 30 % versterben kurze Zeit später an Trauma und Multiorganversagen.

    Beckenverletzungen umfassen etwa 3% aller Frakturen und sind damit relativ selten. Die Häufigkeit der Beckenverletzung steigt allerdings mit der Schwere der Gesamtverletzung, so dass z.B. bei Mehrfachverletzungen (nach schweren Auto-, Motorradunfällen oder Absturzverletzungen) etwa ein Drittel aller Patienten Beckenbrüche haben. Frakturen am Becken sind deshalb hochkritisch, weil der Bereich von vielen Muskeln, Geweben, Gefäßen umgeben ist und wichtige Organe wie Darm, Blase, Harnleiter dort eingebettet sind. Es kann in der Frühphase direkt nach dem Unfall daher zu lebensbedrohlichen Blutungen kommen.
    Einen großen Fortschritt in der Überlebensrate derartiger Frakturen hat es in Deutschland durch die stetige Verbesserung des präklinischen Rettungssystems (Rettungswagen, Notarztwagen und Rettungshubschrauber) gegeben. Nur so kann sichergestellt werden, dass der beckenverletzte Patient zielgerichtet in die geeignete Klinik, bevorzugt in ein "Traumazentrum" eingeliefert wird.
    Rund 20 % dieser Patienten mit schweren Beckenverletzungen sterben an den Unfallfolgen - längerer Schock und Multiorganversagen. Nach Auffassung von Experten kann diese Sterblichkeitsrate in zwei bis drei Jahren vielleicht unter17 bis 18 % heruntergedrückt werden, wobei die Chirurgen immer wieder gegen biologische Limits ankämpfen müssen. Ganz entscheidend sind die ersten Minuten nach dem Unfall. Die Chancen für den Verletzten sind umso günstiger, je früher die Versorgung eingreifen kann.

    In Anlehnung an das Frühbehandlungskonzept des "Advanced trauma life support - ATLS" aus den USA, das vor ca. 30 Jahren Einzug in die Kliniken fand und weltweite Standards setzt, trainieren die Unfallchirurgen in Homburg ein so genanntes Schockraum-Management für die ersten 60 Minuten, das nun eigens für die Notfall-Behandlung von Beckenverletzten optimiert werden soll.

    Mittlerweile hat sich die Operationsmethodik dahingehend verbessert, dass beim Großteil der Patienten auf eine Zufuhr von Fremdblut verzichtet werden kann. Trotz aller Fortschritte in der Unfallchirurgie stellen Beckenbrüche weiterhin lebensbedrohliche Situationen dar. Vor allem Verletzungen der Hüftgelenkspfanne sind extrem schwierig zu operieren und führen in bis zu 50% zu bleibenden Behinderungen bis hin zur Berufsunfähigkeit. Obwohl derartige Folgezustände auch heutzutage noch nicht vollständig zu vermeiden sind, lässt sich durch eine sehr exakte Analyse und Auswahl von speziellen, teilweise technisch sehr anspruchsvollen Operationsverfahren in vielen Fällen eine vollständige Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Patienten erreichen.

    Diese trifft insbesondere für die Hüftpfannen-Frakturen zu, bei denen nur eine absolut exakte anatomische Wiederherstellung der Gelenkfläche ein Überleben des Hüftgelenkes garantiert. Die ist insbesondere für die meist jungen Patienten von essenzieller Bedeutung, da hiervon i.d.R. die gesamte Lebensplanung abhängt. Aber auch ein zunehmender Anteil von Patienten im höheren Alter kann zwischenzeitlich erfolgreich ohne Ersatz der Hüfte durch ein künstliches Gelenk wieder ihren alten Leistungsstand erreichen.

    Nicht zu verwechseln sind derartige Operationen mit den viel weiter verbreitet durchgeführten und technisch aber sehr viel einfacheren Hüftprothesenoperationen. Der Ersatz eines zerstörten Hüftgelenkes ist zwar auch nach diesen schweren Hüftpfannenverletzungen als Spätfolge gelegentlich nötig, erfordert aber in einem derartigen Fall bei den oftmals jungen Patienten eine spezielle Operationstechnik und Erfahrung.

    Die Homburger Unfallchirurgie hat sich in den letzten 4 Jahren zu einem Zentrum für die Behandlung derartiger Verletzungen, aber auch deren Spätfolgen entwickelt, so dass zwischenzeitlich auch Patienten weit über die angrenzenden Bundesländer hinaus hier Hilfe suchen. Am UKS werden derzeit jährlich etwa 80 Patienten mit Beckenfrakturen und Hüftpfannenfrakturen behandelt - mit deutlich steigender Tendenz.

    Sie haben Fragen? Wenden Sie sich bitte an Prof. Dr. Tim Pohlemann,
    Direktor der Uni-Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie,
    Tel. (06841) 16-31502 oder 16 30001, Fax (06841) 16-31503,
    E-Mail: tim.pohlemann@uniklinikum-saarland.de

    Bei Bedarf können wir Ihnen auch anschauliches Fotomaterial liefern.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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