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06.07.1999 11:43

Pflanzenschutzmittel: Mangelhafte Umsetzung von Anwendungsbestimmungen

Jana Schmidt Pressestelle
Umweltbundesamt (UBA)

    Höhere technische Anforderungen könnten
    Kontrollaufwand verringern

    Die Umsetzung von rechtlichen Auflagen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ist mangelhaft. Kontrollen finden jedoch aufgrund einer unzureichenden Personalausstattung in den Vollzugsbehörden kaum statt. Daher sollte der Einsatz bestimmter Anwendungstechnik verbindlich vorgeschrieben werden. Zu diesem Schluß kommen die Autoren einer Studie der Gesellschaft für Boden- und Gewässerschutz e.V., Wettenberg, die im Auftrag des Umweltbundesamtes erarbeitet wurde. Technische Lösungen werden auch deshalb wichtiger, weil zukünftig angesichts der gespannten Finanzlage der öffentlichen Hand nicht mit einer personellen Verstärkung der Vollzugsbehörden zu rechnen ist.

    Pflanzenschutzmittel (PSM) sollen so angewandt werden, daß Gewässer nicht belastet werden oder der Naturhaushalt geschädigt wird. Die entsprechenden Bestimmungen ergeben sich aus dem Pflanzenschutzgesetz und seinen Rechtsverordnungen sowie aus den - mit der Zulassung von PSM verbundenen - spezifischen Auflagen. Bei der Prüfung der Frage, ob die PSM-Anwendung schädliche Wirkungen hat, wird von einer sachgemäßen Anwendung und der Einhaltung aller Auflagen ausgegangen. In der Vergangenheit wurden jedoch wiederholt Belastungen von Grund- und Oberflächengewässern nachgewiesen. Dies läßt Defizite beim Umgang mit PSM vermuten. Die Studie "Anwendungsbestimmungen zum Schutz vor schädlichen Umweltauswirkungen durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und ihre Beachtung in der Praxis" ist nun der Frage nachgegangen, ob die Anwendungsbestimmungen
    · ausreichend, sowie klar und verständlich formuliert sind, also, ob es ein Regelungsdefizit gibt, und
    · in der Praxis wirklich eingehalten und kontrolliert werden, also, ob ein Umsetzungsdefizit besteht.
    Umweltgefährdungen durch den falschen Umgang mit PSM haben je nach Anwen-dungsschritt und Eintragspfad eine unterschiedliche Bedeutung: Expositionen durch "Gerätereinigung und Resteentsorgung" sowie "Einträge in das Grundwasser" haben eine hohe Bedeutung, während beispielsweise der "Behandlung von Nicht-Kulturland" und "Run-off/Erosion (oberflächige Abspülung)" eine mittlere Bedeutung zugeschrieben wird. Von "Lagerung", "PSM-Anwendungen in Haus- und Kleingärten" und "Abtrift (bei Flächenbehandlung)" geht dagegen eine geringe Belastung aus.
    Auf der Grundlage von Beobachtungen der Autoren sowie Veröffentlichungen und Wertungen von Praktikern des Pflanzenschutzes wurden gravierende Regelungsdefizite nur im Bereich des Schutzes gegen Abschwemmung und Wassererosion sowie bei Anwendung in Haus- und Kleingärten festgestellt.
    Allerdings werden die Anwendungsbestimmungen nur unzureichend umgesetzt: Abstandsauflagen, um Einträge in das Grundwasser zu vermeiden, werden nur mangelhaft eingehalten. Kontrollen dieser Auflagen finden kaum statt, da es in den Behörden erstens an Personal für die vielfältigen Überwachungsaufgaben fehlt und es zum zweiten auch an einer effektiven Kontrollstrategie mangelt. Der Personalmangel hat in vielen Bereichen zu einem Rückgang der Offizialberatung - die Beratung durch die Pflanzenschutzämter - geführt. Speziell gilt dies für die Umweltberatung. Zwar kann die Beratung durch Verbände von Industrie, Land- und Wasserwirtschaft auch umweltrelevante Inhalte vermitteln. Sie kann die Lücke aber nicht schließen, weil sie nicht so wirkungsvoll ist wie die Beratung durch die Behörden.
    Da mit einer personellen Verstärkung der Vollzugsbehörden angesichts der angespannten Finanzlage der öffentlichen Hand zukünftig nicht gerechnet werden kann, sollten weniger personalintensive Möglichkeiten der Kontrolle stärker genutzt werden. In einigen Bereichen könnte die Umwandlung von "handlungsorientierten Anwendungsbestimmungen" in "technikorientierte Auflagen" die Lösung sein. Diese erfordern keine stetige Kontrolle oder sind bei den regelmäßigen technischen Überwachungen der Spritzgeräte kontrollierbar. Beispiele hierfür sind Zusatztanks für Reinwasser und Waschvorrichtungen für die Reinigung auf dem Feld sowie abtriftarme Düsen. Die Einrichtung von Gewässerrandstreifen mit Gehölzen oder eine Vorschrift zur Benutzung von mit Abdrift-minimierten Spritzgeräten bei der Behandlung von Raumkulturen in Gewässernähe können Abstandsauflagen ersetzen.
    Ein weiteres Problem ist, so die Autoren der Studie, daß den Anwendern häufig die Einsicht in die Notwendigkeit der Anwendungsbestimmungen von PSM fehlt. Geringere Defizite bei der Umsetzung der Anwendungsbestimmungen sehen die Autoren der Studie bei der Lagerung und beim Ansetzen der Spritzbrühen. Hier liegt die Sorgfalt im wirtschaftlichen und gesundheitlichen Eigeninteresse der Landwirte.
    Besonderes Augenmerk verdienen die Umweltwirkungen von PSM, die in die Umwelt durch die Reinigung der Spritzgeräte und die Entsorgung der PSM-Reste eingetragen werden. Dieses Problemfeld wurde erst vor kurzem bekannt. Es sind Anwendungsbestimmungen formuliert worden, um unter anderem Hofabläufe in die Kanalisationen zu verhindern. Ob diese eingehalten werden, kann noch nicht eingeschätzt werden. Erfolge durch gezielte öffentlichkeitswirksame Aktionen betroffener Verbände lassen aber erwarten, daß diese speziellen Bestimmungen weitgehend umgesetzt werden.

    Berlin, den 06.07.1999

    ! Die Veröffentlichung "Anwendungsbestimmungen zum Schutz vor schädlichen Umweltauswirkungen durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und ihre Beachtung in der Praxis " ist in der Reihe TEXTE des Umweltbundesamtes als Nr. 43/99 erschienen und kostet 15,- DM. Sie kann gegen Einsendung eines Verrechnungsschecks an die Firma Werbung und Vertrieb, Ahornstraße 1 - 2, 10787 Berlin, bestellt werden. Bitte bei der Bestellung 'TEXTE 43/99' angeben und den Absender nicht vergessen.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Informationstechnik, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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