idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
06.07.1999 11:56

Chinesisch ist besser als Deutsch für das Kurzzeitgedächtnis

Marietta Fuhrmann-Koch Öffentlichkeitsarbeit
Georg-August-Universität Göttingen

    Göttinger Psychologen kooperieren in der Forschung mit zwei Instituten in China

    (pug)Ab 1. Juni 1999 begann eine Arbeitsgruppe am Georg-Elias-Müller-Institut für Psychologie an der Göttinger Universität eine wissenschaftliche Kooperation mit dem Institute of Psychology der Academia Sinica in Peking und dem Department of Psychology der East China Normal University in Shanghai. Diese Zusammenarbeit in der Forschung wurde durch die Genehmigung eines gemeinsamen Projektes ermöglicht, das von den Göttinger Wissenschaftlern zusammen mit ihren chinesischen Kolleginnen und Kollegen beantragt wurde. Das Forschungsvorhaben ist von der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Bonn (DFG) und der National Natural Science Foundation of China in Peking (NSFC) in die Liste der zwischen beiden Institutionen geförderten bilateralen Kooperationen aufgenommen worden. Die Projektleitung auf deutscher Seite liegt bei Prof. Dr. Gerd Lüer und PD Dr. Uta Lass.

    Das Thema, mit dem sich die deutsch-chinesische Arbeitsgruppe befassen wird, betrifft das menschliche Gedächtnis. Schon in zwei vorangegangenen deutsch-chinesischen Forschungsprojekten, die beide von der Volkswagen-Stiftung in Hannover gefördert wurden, hatten Funktionen des Kurzzeitgedächtnisses im Mittelpunkt der Untersuchungen gestanden. Den Wissenschaftlern aus Göttingen und Shanghai gelang in ihren Experimenten der Nachweis, daß die bei chinesischen Studierenden deutlich erkennbaren Leistungsvorteile beim kurzfristigen Behalten auf Eigenarten ihrer chinesischen Sprache zurückgeführt werden können. Sie betreffen in erster Linie phonologische Charakteristika, die ein zeitlich kürzeres Aussprechen ermöglichen als im Deutschen. Mit der chinesischen Sprache kann daher das Kurzzeitgedächtnis offensichtlich ökonomischer und wohl auch effektiver arbeiten als mit der deutschen Sprache. Werden chinesische Probanden aufgefordert, sich sprachlich nicht benennbares Material zu merken, verlieren sie ihren Leistungsvorsprung vor ihren deutschen Kommilitonen.

    Im neuen Forschungsprojekt wird untersucht, ob der vorher gefundene Einfluß von Sprache auf Gedächtnisleistungen bereits in dem sehr wahrnehmungsnahen Bereich des Ultrakurzzeitgedächtnisses besteht. Handelt es sich beim Kurzzeitgedächtnis um Behaltenszeiten im Sekunden und Minutenbereich, werden im Ultrakurzzeitgedächtnis, das auch lkonisches Gedächtnis genannt wird, Inhalte nur wenige Zehntel Sekunden gespeichert, bevor sie dann ins Kurzzeitgedächtnis gelangen können. Sollte sich herausstellen, daß schon auf dieser äußerst kurzfristigen und sehr frühen Stufe der Gedächtnisbildung Sprache auf die Leistungen des menschlichen Gedächtnisses Einfluß nimmt, wäre erstmals eine weitergehende Erklärung auf der Ebene von psychologischen Verarbeitungsprozessen möglich, die über bisher bekannte Befunde auf der physiologischen Ebene hinausreicht.

    Mit der Durchführung der gemeinsam geplanten Experimentalserien, die in der jeweiligen Landessprache, aber sonst völlig parallel in Deutschland und in China unternommen werden, ist auch ein Wissenschaftleraustausch zwischen den beiden Ländern verbunden. So werden im Herbst die ersten beiden chinesischen Wissenschaftler in Göttingen erwartet, während von deutscher Seite im Frühjahr 2000 eine Doktorandin nach Peking und Shanghai reisen wird. Sie ist übrigens chinesische Staatsbürgerin und hat ihr Diplom in Psychologie an der Universität Bonn erworben. Ihr Ziel ist es, im Rahmen ihrer Mitarbeit beim deutsch-chinesischen Projekt den Doktorgrad an der Universität Göttingen im Hauptfach Psychologie zu erlangen.

    Weitere Informationen:
    Prof. Dr. Gerd Lüer
    Georg-Elias-Müller-Institut für Psychologie
    Abt. 2: Kognitions- und Arbeitspsychologie
    Goßlerstr. 14
    37073 Göttingen
    Tel.: 0551/39-36 13


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Psychologie, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).