CARL VON OSSIETZKY UNIVERSITAET OLDENBURG, 7. Dezember 1995, 242/95
Kuesten im Klimawandel - Folgekosten 800 Milliarden Mark fuer Norddeutschland?
Oldenburg. Die Klimaexperten sind sich weitgehend einig: Wenn die Treibhausgas-Emissionen wie bisher in die Atmosphaere dringen, wird die Durchschnittstemperatur auf der Erde bis zum Jahr 2100 um 2,5 bis 3 Grad steigen, haeufigere und intensivere Niederschlaege und Stuerme werden folgen. Als Resultat dieses Klimatrends muss mit einem globalen Anstieg des Meeresspiegels um ca. 40 cm, in der Nordsee um mindestens 50 cm/Jahrhundert (bisher 20 cm/Jhdt.) gerechnet werden. Den Kuestenzonen, als den am dichtesten besiedelten und am intensivsten genutzen Gebieten der Welt drohen demnach die groessten Risiken durch den Klimawandel und immense wirtschaftliche Schaeden.
Mit der Erkenntnis, dass sich das globale Klimageschehen nachhaltig veraendert (hat), wuchs die Notwendigkeit, sich mit den Folgen des Klimawandels intensiv auseinanderzusetzen. Zu Beginn der 90er Jahre entstand daher eine neue Forschungsrichtung, die Klimafolgenforschung. Welche Folgen die Klimaaenderungen fuer die deutsche Nord- und Ostsee-Kuestenregion haben wird, untersuchen Wissenschaftler des Instituts fuer Biologie und Chemie des Meeres (ICBM) der Universitaet Oldenburg im Rahmen des Bund-Laender- Forschungsprogramms "Klimaaenderung und Kueste". Das Forschungsvorhaben befasst sich im wesentlichen mit der Frage, mit welchen Folgen fuer Organismen, Oekosysteme und Kuestenbewohner zu rechnen ist, wenn die vermuteten Klimaszenarien Wirklichkeit werden, und welche Moeglichkeiten der Anpassung denkbar sind.
Wie in der neusten Ausgabe des Forschungsmagazins der Universitaet EINBLICKE zu lesen ist, sehen die Experten fuer Klimafolgenabschaetzung des ICBM, Wolfgang Ebenhoeh, Horst Sterr und Frank Sinmering ein erhebliches oekologisches und volkswirtschaftliches Schadenspotential auf die Kuestenlaender zukommen. Das Wattenmeer beispielsweise werde, so die Oldenburger Wissenschaftler, kuenftig durch den beschleunigten Meeresspiegelanstieg sowie durch energiereicheren Seegang und haeufigere Sturmfluten mehr und mehr abgetragen. Durch den zunehmenden Erosions- und Ueberflutungsdruck von See komme es zu einem fortschreitenden Verlust der Salzwiesen und Deichvorlaender. Die Lebensraeume vieler charakteristischer Tier- und Pflanzenarten gingen damit verloren.
Eine Pilotstudie dieser Arbeitsgruppe zu den Risiken eines steigenden Meeresspiegels (Anstiegsszenario + 1 m bis zum Jahr 2100) sagt fuer die deutsche Nord- und Ostseekuesten neben den oekologischen Schaeden volkswirtschaftliche Verluste in immenser Hoehe voraus. Die Zerstoerung von Gebaeuden, Freizeit- und Hafenanlagen sowie landwirtschaftlichen Flaechen koennte hier einen maximalen Schaden von 800 Milliarden Mark verursachen. Trotz dieser beeindruckenden Zahl gehoert die Bundesrepublik zu den eher weniger betroffenen Kuestennationen, im Vergleich mit Laendern wie Aegypten, Bangladesh oder den Marshall Inseln, bei denen die moeglichen Kapitalverluste das Bruttoinlandsprodukt erreichen oder sogar uebersteigen koennen. Die Schadenspotentiale machen deutlich, dass sich das Forschungsprogramm "Klimaaenderung und Kueste" mit einem sehr breiten Spektrum von zukuenftigen Entwicklungen im Natur- und Gesellschaftssystem auseinanderzusetzen hat. Dabei geht es nicht nur darum, die (meist negativen) Folgen zu analysieren und zu beschreiben.
Eine weitere wichtige Aufgabe besteht auch darin, die sozialen Wahrnehmungsprozesse zum Klimawandel zu bewerten. Dabei wird nach Ansicht der Wissenschaftler eine grosse Rolle spielen, wie die wahrscheinlichen Auswirkungen des Klimawandels in den Medien dargestellt werden und welche Positionen Politik und Wirtschaft vertreten. Uebergeordnetes Ziel des Bund-Laender-Forschungsvorhabens ist es, den Entscheidungstraegern in Politik, Behoerden und Wirtschaft wissenschaftliche Grundlagen fuer Handlungs- und Reaktionsstrategien im Kuestenraum zu liefern.
Kontakt: Horst Sterr, ICBM, Tel.: 0441/798-3484, -5235.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Es wurden keine Arten angegeben
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).