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08.07.1999 12:15

25 Jahre Umweltphysik in Heidelberg

Dr. Michael Schwarz Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Institut stellt sich am 9. Juli einer breiteren Öffentlichkeit vor - Umweltphysik in Heidelberg ist Wegbereiterin einer neuen Forschungsrichtung - Aufwendige Meßkampagnen vom Nordpol bis zum Südpol

    Am 9. Juli 1999 begeht das Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg sein fünfundzwanzigjähriges Gründungsjubiläum. Am Vormittag sind die erst vor kurzem bezogenen neuen Räumlichkeiten im Verfügungsgebäude der Universität zu besichtigen, am Nachmittag findet eine Vortragsreihe zu umweltphysikalischen Themen statt.
    Die Keimzelle der Umweltphysik sind Untersuchungen am radioaktiven Isotop des Kohlenstoffs 14C, mit denen der erst kürzlich verstorbene Mentor des Instituts, Prof. Otto Haxel, Mitte der 1950er Jahre (damals noch am II. Physikalischen Institut) seinen Doktoranden Karl Otto Münnich beauftragte. Dieser schloß im Jahr 1957 seine Doktorarbeit mit dem Aufbau eines auf einer neuen kernphysikalischen Meßmethodik basierenden 14C-Labors ab, das noch heute existiert.

    Anwendungen der Radiocarbon-Methode lagen zunächst im Bereich der Archäologie und der Datierung von Grundwasser. Hinzu kamen Untersuchungen am Luft-CO2, das durch die in der damaligen Zeit vorgenommenen oberirdischen Kernwaffentests besonders stark durch dabei erzeugtes 14C "markiert" wurde. Die Entwicklung physikalischer Meßmethoden und ihre Anwendung für die Untersuchung umweltrelevanter Prozesse wurde noch vor der eigentlichen Gründung des Instituts zum Leitfaden einer neuen Forschungsrichtung. Frühes Interesse galt so auch dem radioaktiven Wasserstoffisotop Tritium, das ebenfalls eine starke vom Menschen erzeugte Quelle in den Atombombenversuchen hat. Es ist hauptsächlich im atmosphärischen Luftwasserdampf gebunden und nimmt damit am hydrologischen Kreislauf teil. Das Vordringen des Bombentritiums und von 14C in Böden, Grundwasser, Seen und Ozeane wurde in der Folge benutzt, um die verantwortlichen Transportprozesse sowie ihre Dauer zu studieren und zum Beispiel das "Alter" von Wasserkörpern abzuschätzen.

    In Deutschland neuer Forschungsschwerpunkt
    Aus dem 14C-Datierungslabor und einem Aerosollabor des II. Physikalischen Instituts (Leitung Dr. Gerhard Schumann) entstand Mitte der 1970er Jahre das bis vor kurzem im Zentralbereich Theoretikum des Neuenheimer Feldes angesiedelte Institut für Umweltphysik, dessen neu geschaffenen Lehrstuhl von 1975 bis 1993 Prof. K. O. Münnich inne hatte. Unter seiner Leitung entwickelte sich das Institut mit rasch wachsender Mitarbeiterzahl zu einem in dieser Art in Deutschland neuen Forschungsschwerpunkt mit dem Inhalt, das System Erde mit physikalischen Methoden zu untersuchen. Im Vordergrund stehen dabei nach wie vor die Teilsysteme, welche die erfahrbare menschliche Umwelt bilden, also die Atmosphäre, die Hydrosphäre einschließlich des Grundwassers und der Kryosphäre, der Boden und die Biosphäre. Übergeordnete Aspekte sind unter anderem Klima, Stoff- und Energieströme sowie die Funktion von Ökosystemen. Die Zielrichtung läßt sich umschreiben mit dem Motto: "Wenn man mit der Umwelt verantwortungsvoll umgehen will, muß man sie zuvor verstehen".

    Heute gliedert sich das Institut für Umweltphysik in zwei große Bereiche: in Physik und Chemie der Atmosphäre (Prof. Ulrich Platt) sowie die Physik terrestrischer Systeme (Prof. Kurt Roth), die wiederum in einzelne Arbeitsgruppen unterteilt sind. Der Bereich "Bildverarbeitung in den Umweltwissenschaften" (Prof. Bernd Jähne) wird gemeinsam mit dem Interdisziplinären Zentrum für wissenschaftliches Rechnen der Universität Heidelberg abgedeckt. Dem Institut angegliedert ist eine Arbeitsstelle der Heidelberger Akademie der Wissenschaften zur radiometrischen Altersbestimmung von Wasser und Sedimenten (Prof. Augusto Mangini). Zum Institut für Meteorologie und Klimaforschung des Forschungszentrums Karlsruhe besteht eine institutionelle Verbindung durch eine assoziierte Professur (Prof. Ulrich Schurath).

    Aktuelle Forschungsschwerpunkte beziehen sich auf den Wasserkreislauf mit den Gesichtspunkten der Verfügbarkeit von Süßwasser sowie Kopplung zwischen Erdboden und Atmosphäre. In diesem Zusammenhang sind die Verteilung reaktiver Spurengase und der Strahlungstransport in der Atmosphäre von großem Interesse. Zudem werden weitere physikalische Grundlagen der Klimaforschung sowie die Umwelt- und Klimabedingungen der Vergangenheit untersucht. Neben traditionellen Meßmethoden wie Zählrohranalytik und Massenspektrometrie treten dabei neue Verfahren wie beispielsweise die optische Absorptionsspektroskopie, Fernerkundung von Satelliten aus, hochaufgelöste Röntgentomographie sowie die Bild- und Zeitreihenanalyse. Beobachtungen und Modellierung dynamischer Vorgänge in Umweltsystemen münden in die numerische Simulation von Umweltprozessen.

    Typisch für die am Institut durchgeführten Arbeiten sind aufwendige Meßkampagnen im Feld (hiermit sind neben kleinräumigen oder regionalen Experimenten durchaus auch großräumige Untersuchungs-skalen von der Nord- bis zur Südpolarregion zu verstehen) unter von der Natur vorgegebenen Bedingungen. Entsprechend umfangreich ist der Finanzbedarf, der zu einem großen Teil durch die Drittmitteleinwerbung des Instituts in Höhe von etwa 5 Millionen Mark pro Jahr gedeckt wird - Geldgeber sind unter anderem Deutsche Forschungsgemeinschaft, Bund und Europäische Union. Über 150 Personen arbeiten aktuell in den Teams des Instituts, wobei ein wesentlicher Teil der Forschung von Studierenden und jungen Physikern im Rahmen ihrer Diplom- und Doktorarbeiten geleistet wird. Seit seiner Gründung wurden am Heidelberger Institut für Umweltphysik etwa 70 Staatsexamensarbeiten fertiggestellt und über 350 Diplom-Physiker sowie etwa 150 Doktoren ausgebildet, die mittlerweile erfolgreich im wissenschaftlichen Bereich, in Ämtern und Behörden sowie in der Privatwirtschaft tätig sind.

    In den letzten Jahren erfolgten weitere Neugründungen von Instituten, die den Begriff Umweltphysik im Namen führen und an denen, teilweise mit anderer Schwerpunktsetzung, ähnliche Zielsetzungen wie in Heidelberg verfolgt werden. Aber auch an anderen Universitätsinstituten im Gesamtbereich der Umweltwissenschaften, an Max-Planck-Instituten, an Großforschungseinrichtungen sowie an sonstigen Forschungseinrichtungen des Bundes und der Länder wird inzwischen ein weites umweltphysikalisches Forschungsfeld bearbeitet.

    Eigenständige Gruppe innerhalb der Physik
    Erstaunlicherweise haben die Umweltphysiker erst vor sehr kurzer Zeit begonnen, sich als eigenständige Gruppe innerhalb der Physik zu verstehen und als solche zu organisieren, obwohl umweltphysikalische Arbeiten (nach heutigem Verständnis) älter sind als der Begriff "Umwelt" selbst. Mit der im Jahr 1998 bei der Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft in Regensburg erfolgten Gründung eines Fachverbandes Umweltphysik, dessen Vorsitz mit Prof. Wolfgang Roether vom Institut für Umweltphysik in Bremen ein ehemaliger Heidelberger inne hat, wurde ein Forum für den wissenschaftlichen Austausch zwischen den Arbeitsgruppen dieses Forschungsbereichs geschaffen.

    Die Veranstaltung am Heidelberger Institut für Umweltphysik umfaßt Führungen durch die neuen Räumlichkeiten im Gebäude 229 des Neuenheimer Feldes (Ecke Mönchhofstraße/ Im Neuenheimer Feld, gegenüber Straßenbahn-Haltestelle) und die Besichtigung zentraler Laboratorien im Zeitraum zwischen 10 und 13 Uhr. Hierbei wird unter anderem die atmosphärenphysikalische Beobachtungsplattform auf dem Dach des Gebäudes und das Heidelberger Aelotron, ein weltweit einmaliger ringförmiger Wind/Wellenkanal mit 10 Metern Durchmesser zu sehen sein. Am Nachmittag, beginnend ab 14 Uhr im Physik-Hörsaalgebäude (Im Neuenheimer Feld 308), gibt eine Vortragsreihe Überblick über aktuelle Forschungsfelder. Die Themen im einzelnen: "Neue Probleme mit dem atmosphärischen Ozon" (Prof. Platt), "Wie kommen Schadstoffe ins Grundwasser?" (Prof. Roth), "Das Heidelberger Aelotron: Der Ozean im Windkanal" (Prof. Jähne), "Umweltphysik: Wurzeln, Etappen und Perspektiven" (Prof. Roether). Ab 17.15 Uhr, im Rahmen des Physikalischen Kolloquiums, wird Dieter Imboden, Professor für Umweltphysik an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich einen Festvortrag halten mit dem Titel "Umweltphysik: Das Genaue und das Mächtige".

    Rückfragen bitte an:
    Dr. Reinhold Bayer
    Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg
    Im Neuenheimer Feld 229, 69120 Heidelberg
    Tel. 06221 546335, Fax 546405
    Reinhold.Bayer@iup.uni-heidelberg.de

    oder: Dr. Michael Schwarz
    Pressesprecher der Universität Heidelberg
    Tel. 06221 542310, Fax 542317
    michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de


    Weitere Informationen:

    http://www.iup.uni-heidelberg.de/einweih.html


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geowissenschaften, Mathematik, Physik / Astronomie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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