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20.09.2005 14:17

Der islamische Jahreshöhepunkt naht

Dr.-Ing. Karl-Heinz Kutz Presse- und Kommunikationsstelle
Universität Rostock

    Ramadan mubarrak, was zu Deutsch "gesegneter Ramadan" bedeutet, werden ca. drei Millionen deutscher Muslime voraussichtlich am 5. Oktober, zum Beginn des diesjährigen Ramadans, zueinander sagen. Aus diesem Anlass werden sie Millionen ihrer Freunde und Verwandten im Ausland anrufen und zahlreiche Ramadangrüße von ihren Lieben aus dem Ausland erhalten. Die Stimmung, die darauf unter den Muslimen entstehen wird, ist mit der Weihnachtsstimmung vergleichbar.

    Das Wort "Ramadan" ist zunächst der Name eines Monats im Mondkalender, nach dem die islamische Zeitrechnung erfolgt. Sie beginnt mit der Auswanderung des islamischen Propheten Mohammad mit seinen Nachfolgern aus Mekka nach Medina. Dieses Ereignis markiert den Beginn des geographischen und demographischen Wachstums des Islam. Gegenwärtig erstrecken sich die Länder, die sich als islamisch verstehen, von Marokko im Westen bis Indonesien im Osten. Muslime leben praktisch überall in der Welt. Der Islam gehört zu den Religionen, die gegenwärtig am schnellsten wachsen.

    In Deutschland ist in der jüngsten Zeit die Zahl der Muslime kontinuierlich gewachsen. Dieser Anstieg geht auf die Arbeitsmigration der 50er und 60er Jahre, auf die Flüchtlingswellen aus Kriegsgebieten und auf das natürliche Wachstum dieser Bevölkerungsgruppe zurück. Die Mehrheit deutscher Muslime ist türkischer Abstammung, ein Teil der islamischen Gemeinden rekrutiert sich aus der deutschen Bevölkerung. Die gesellschaftliche Situation der Muslime in Deutschland ist unbefriedigend. Die bisherigen Konzepte ihrer gesellschaftlichen Integration haben im Wesentlichen versagt, die Stellung am Rande der Gesellschaft wird von vielen Muslimen selbst als unerträglich empfunden.

    Dieser Umstand hat viele Ursachen, hier sollen nur einige davon genannt werden. Das Bild vom Islam in Deutschland wird im Wesentlichen durch die Medien geprägt, deren Berichterstattung über den Islam sich bedauerlicherweise oft auf sensationelle und negative Aspekte beschränkt. Das lässt bei vielen Muslimen den Eindruck von einer ungerechten Behandlung entstehen. Für die muslimische Identität sind die religiösen Kategorien maßgebend; gleichzeitig sind die islamischen Elemente vom kulturellen und wirtschaftlichen Leben in Deutschland praktisch völlig ausgeschlossen. Das bedingt, dass Muslime sich als gesellschaftliche Außenseiter empfinden. In Frankreich, wo das Problem seit einiger Zeit akut wahrgenommen wird, veranstalten einige Gemeinden Empfänge anlässlich des Brechens des Ramadanfastens, das für die Muslime einen festlichen Höhepunkt des Jahres darstellt. Viele französische Supermärkte haben Abteilungen eingerichtet, die das Fleisch verkaufen, das nach den islamischen Vorschriften geschlachtet ist. Da diese Fleischart im Warenangebot der meisten Supermärkte in Deutschland fehlt, sind die Muslime dort ein seltener Besuch.

    Die Ehe und die Familie gelten für die Muslime als das größte Gut. Der Prophet des Islam bezeichnete die Ehe als die halbe Religion. Daher ist die Eheschließung für die Muslime ein Lebensziel, die Pflege der familiären Beziehungen ist besonders wichtig. Die persönliche Sorge für die alten und kranken Verwandten gilt als eine heilige Pflicht. Dabei leben viele Verwandte deutscher Muslime im Ausland und benötigen für die Einreise nach Deutschland ein Visum. Dieses wird ihnen von den deutschen Vertretungen oft verweigert. Welche Haltung sollen die Muslime zu der Behörde einnehmen, die ihren Lieben eine Aufenthaltserschleichung unterstellt? Bedauerlicherweise wird die Politik von einem Land praktiziert, das bis vor kurzem die Behinderung familiärer Kontakte als ein schreiendes Unrecht empfunden hat!

    Die Forschungsarbeit der Theologischen Fakultät der Universität Rostock hat ergeben, dass in der aktuellen demographischen Situation in Deutschland persönliche Begegnungen und Kenntnis des Anderen ein dringendes gesellschaftliches Desiderat sind. Es bleibt zu hoffen, dass die kommende Zeit im Zeichen der gegenseitigen Annäherung und der Abbau von Vorurteilen stehen wird.

    Dr. Igor Pochoshajew
    Tel: 0381/ 498 84 16
    Email: igor.pochoshajew@uni-rostock.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Religion
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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