"Das Erdbeben von Lissabon und der Katastrophendiskurs im 18. Jahrhundert" lautet das Thema einer Tagung, die vom 6. bis 8. Oktober 2005 an der Universität Göttingen stattfindet. Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht die kulturgeschichtliche Frage, wie sich - ausgelöst durch dieses Naturereignis der Zerstörung im Jahr 1755 - der moderne Umgang mit Katastrophen herausgebildet hat. Dazu sind Beiträge zur Ideengeschichte und zur Mediengeschichte, zur Geschichte der Wissenschaften, der Künste und Literaturen sowie der Philosophien und der Theologien geplant. "Wir wollen Erkenntnisse darüber liefern, wie die uns heute geläufigen Handlungs- und Diskursformen mit Blick auf Katastrophe und Risiko entstanden sind", erläutert Prof. Dr. Gerhard Lauer vom Seminar für Deutsche Philologie, der diese Veranstaltung zusammen mit Privatdozent Dr. Thorsten Unger ausrichtet. Die Veranstaltung in Göttingen ist zugleich die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für die Erforschung des 18. Jahrhunderts (DGEJ).
Pressemitteilung
Göttingen, 28. September 2005 / Nr. 308/2005
Der Umgang mit Katastrophen: Von Sünde und Sintflut zu Geologie und Seismologie
Göttinger Tagung über das Erdbeben von Lissabon und den Katastrophendiskurs im 18. Jahrhundert
(pug) "Das Erdbeben von Lissabon und der Katastrophendiskurs im 18. Jahrhundert" lautet das Thema einer Tagung, die vom 6. bis 8. Oktober 2005 an der Universität Göttingen stattfindet. Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht die kulturgeschichtliche Frage, wie sich - ausgelöst durch dieses Naturereignis der Zerstörung im Jahr 1755 - der moderne Umgang mit Katastrophen herausgebildet hat. Dazu sind Beiträge zur Ideengeschichte und zur Mediengeschichte, zur Geschichte der Wissenschaften, der Künste und Literaturen sowie der Philosophien und der Theologien geplant. "Wir wollen Erkenntnisse darüber liefern, wie die uns heute geläufigen Handlungs- und Diskursformen mit Blick auf Katastrophe und Risiko entstanden sind", erläutert Prof. Dr. Gerhard Lauer vom Seminar für Deutsche Philologie, der diese Veranstaltung zusammen mit Privatdozent Dr. Thorsten Unger ausrichtet. Die Veranstaltung in Göttingen ist zugleich die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für die Erforschung des 18. Jahrhunderts (DGEJ).
Am 1. November 1755 verwüstete ein Erdbeben Portugals Hauptstadt. In den Trümmern einer der bedeutendsten europäischen Handelsstädte starben rund 30.000 Menschen. "Diese Katastrophe hat das Selbstverständnis des 18. Jahrhunderts verstört. Mit dem Begriff ,Tod des Optimismus' wurde die Erschütterung der europäischen Aufklärung durch das Desaster von Lissabon umschrieben", erläutert Dr. Unger. "Die geologische Erschütterung weitete sich zu einem medialen Großereignis und in der Folge zu einem philosophischen und theologischen, aber auch kulturgeschichtlichen Umbruch aus." An die Stelle von Sünde und Schuld treten Katastrophe und Risiko, in den aufgeklärten Gesellschaften ist nicht mehr von der Sintflut, sondern von der Geologie und Seismologie die Rede. "Neue wissenschaftliche Beschreibungssysteme, apparativ-empirische Naturbeobachtungen und naturkundliche Beschreibungen sind Teil einer längerfristigen Wandlung in der Semantik der Katastrophe, die in der Formierung der modernen Risikogesellschaft mündet", ergänzt Prof. Lauer.
Die Tagung beschäftigt sich mit zentralen Aspekten dieser Entwicklung; sie umfasst dabei fünf Schwerpunkte: Die Beiträge des ersten Themenkomplexes beleuchten, wie das konkrete Ereignis der Katastrophe in den Medien des 18. Jahrhunderts sprachlich und bildlich aufbereitet und verbreitet wurde. In einem zweiten Teil der Tagung soll anhand von weniger bekannten Quellen die "Erschütterung des Aufklärungsoptimismus" untersucht werden. Der dritte Themenschwerpunkt befasst sich mit der Übertragung der Katastrophensemantik auf das Feld der Politik. Dr. Unger: "Das Wort ,Erdbeben' wird schon im 18. Jahrhundert eingesetzt, um politische und militärische Ereignisse mit der Signatur des Katastrophischen zu versehen." Im vierten Themenkreis geht es um die Wissenschaftsgeschichte des Risikos: Das Erdbeben von Lissabon wird zum Katalysator historischer Wandlungen und Prozesse der Modernisierung in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen, die die Entstehung neuer Fächer nach sich ziehen. Der abschließende fünfte Tagungsteil greift die "Ästhetik der Katastrophe" auf. "Zerstörungen und Vernichtungen, das Hässliche, Lebensfeindliche und Lebenswidrige werden in neuer Weise thematisiert und inszeniert", erläutert Dr. Unger.
Weitere Informationen können im Internet unter der Adresse http://www.katastrophendiskurs.de abgerufen werden.
Kontaktadresse:
Prof. Dr. Gerhard Lauer / Privatdozent Dr. Thorsten Unger
Georg-August-Universität Göttingen
Philosophische Fakultät
Seminar für Deutsche Philologie
Käte-Hamburger-Weg 3, 37073 Göttingen
Telefon (0551) 39-7526, Fax (0551) 39-19556
e-mail: gerhard.lauer@phil.uni-goettingen.de
e-mail: tunger@gwdg.de
Internet: http://www.katastrophendiskurs.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geowissenschaften, Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Philosophie / Ethik, Religion, Sprache / Literatur
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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