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30.09.2005 13:25

Perlmutt in höchster Auflösung

Dr. Andreas Trepte Abteilung Kommunikation
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

    Forscher des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und
    Grenzflächenforschung und der Bundesanstalt für Materialforschung und
    -prüfung (BAM) haben neue Feindetails im Aufbau von Perlmutt entdeckt
    Perlmutt, "die Mutter der Perlen", ist nicht nur ein schillerndes Material,
    das den Betrachter durch seine irisierenden optischen Eigenschaften
    beeindruckt und das oft als Schmuck Verwendung findet, sondern auch
    ein hervorragender Werkstoff. Perlmutt besteht zu mindestens 97 Prozent
    aus Kalk, hat aber eine tausend Mal höhere Bruchfestigkeit als dieser.
    Ursache hierfür ist der Schichtaufbau des Perlmutts. Max-Planck- und
    BAM Wissenschaftler haben jetzt entdeckt, dass die Oberfläche der
    Kalkplättchen keineswegs wie bisher angenommen geordnet ist, wodurch
    eine Steuerung des Kristalls durch geordnete Schichten auf der
    organischen Matrix ausgeschlossen werden kann. Das Verständnis der
    Feinstruktur von Perlmutt und seines Bildungsmechanismus ist essentiell,
    um dieses raffinierte Bauprinzip bei neuen Materialien nachahmen zu
    können (PNAS, 6. September 2005).

    Perlmutt ist seit langem als interessantes biogenes Material bekannt. Seither versucht man, die Ursachen
    seiner erstaunlichen Eigenschaften aufzudecken. Seine außergewöhnliche Bruchfestigkeit verdankt es
    einem schichtförmigen Aufbau aus weichen organischen Schichten und harten Kalkplättchen.

    Gelänge es uns auch nur im Ansatz, dieses Bauprinzip zu kopieren, käme es zu einer Revolution in der
    Bauindustrie. Festere Gipskartonplatten oder leichtere Betonteile bei gleicher Festigkeit sind das
    potentielle Ziel dieser biomimetischen Materialforschung. Zudem kristallisieren die Kalkplättchen im
    Perlmutt als Aragonit - einer Kristallform, die unter Umgebungsbedingungen normalerweise nicht stabil
    ist. Bisher nahm man an, dass diese Kristallisation der Kalkplättchen durch geordnete Eiweißschichten
    bestimmt wird, die auf einer vorgeformten Chitinschicht liegen. Chitin findet man in der Natur
    beispielsweise als Gerüstmaterial von Insektenpanzern.
    Doch diese Annahmen sind nach den neuen Erkenntnissen der Max-Planck-Wissenschaftler nicht richtig.
    An Stelle der geordneten kristallinen Schicht, die in Kontakt mit der organischen Matrix stehen soll,
    fanden die Wissenschaftler winzige, nur fünf Nanometer dicke Schichten von amorphem, also
    ungeordnetem Kalziumkarbonat an der Oberfläche der einkristallinen Plättchen im Perlmutt.
    Diese ungeordnete und gewellte Oberfläche spricht gegen die postulierte spezifische Wechselwirkung
    zwischen dem anorganischen Material und der organischen Matrix. Dieser Befund konnte durch 13C- und
    1H-Festkörper-Kernresonanzspektroskopie eindeutig belegt werden. Darüber hinaus detektierten die
    Forscher in Kernresonanzexperimenten den amorphen Charakter der Oberflächenschicht und schlossen
    jede Wechselwirkung dieser Schicht mit dem organischen Gerüstmaterial aus.

    Der Grund für die Existenz und Ausbildung der ungeordneten Deckschicht auf dem Kristall könnte darauf
    beruhen, dass sich Verunreinigungen in der Oberflächenschicht anreichern. Bei der Kristallisation werden
    diese nicht in das geordnete Kristallgitter eingebaut, ähnlich wie beim Zonenschmelzprozess in der
    Metallurgie.
    Doch die amorphe Schicht (ACC) könnte noch eine weitere Funktion haben. Sie ersetzt die bisher
    angenommene direkte Wechselwirkung der hochenergetischen (001) Aragonit-Fläche durch eine
    Gradientenschicht aus Aragonit, ACC und organischer Matrix. Die Grenzflächenenergien dürften hier
    deutlich niedriger liegen und damit könnte auch eine thermodynamische Triebkraft für die Ausbildung
    einer amorphen Deckschicht existieren. Woher letztendlich die kristallographische Orientierung der
    Plättchen rührt, ist bislang noch nicht aufgeklärt. In der jetzt vorgelegten Studie gehen die
    Wissenschaftler von einer Ladungsanziehung zwischen den anorganischen Plättchen und der organischen
    Matrix aus.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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