idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
12.10.2005 14:00

Die Externsteine geben eines ihrer Geheimnisse preis

Dr. Johannes Schnurr Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Heidelberger Akademie der Wissenschaften

    Forschern der Heidelberger Akademie der Wissenschaften gelang präzise Datierung umstrittener Feuerstellen - Einladung zur Pressekonferenz am 20. Oktober, 12.30 Uhr.

    ACHTUNG. Diese Pressemitteilung unterliegt einer strengen Sperrfrist!
    Ihre Inhalte dürfen keinesfalls vor Beendigung der Pressekonferenz am 20. Oktober um 14 Uhr öffentlich bekannt gemacht werden.

    Die Externsteine in Lippe sind nicht nur eines der bemerkenswertesten Naturdenkmäler Mitteleuropas, sondern bereits seit Jahrzehnten auch im Wortsinne ein Stein des Anstoßes unter Historikern. Immer wieder entzündete sich ein Streit darüber, ob die Felsstätten bereits in vorchristlicher Zeit als Kultstätten genutzt wurden. Nach einer anderthalb Jahre andauernden Untersuchung sind nun Forscher der Heidelberger Akademie der Wissenschaften zu präzisen Meßergebnissen gelangt.

    Diese Ergebnisse werden auf einer Pressekonferenz am 20. Oktober um 12.30 Uhr bekannt gegeben. Ort der Veranstaltung ist der Sitzungssaal des Landesverbandes Lippe, Schloß Brake, 32656 Lemgo. Vertreter der Medien sind herzlich eingeladen, eine Akkreditierung ist nicht erforderlich. Hochauflösendes Bildmaterial hängt dieser Pressemitteilung elektronisch an.

    Eines der zentralen Rätsel der Externsteine stellt das Alter der Grotten in den Felsenstätten dar. Die genaue Datierung der Brandspuren innerhalb der Grotten wurde initiiert und finanziert von der Schutzgemeinschaft Externsteine e.V. und der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Realisiert wurde die Untersuchung von der Forschungsstelle "Archäometrie" der Akademie, unterstützt wurde das Projekt überdies vom Kreis und Landesverband Lippe und begleitet von den Fachinstituten den Landes.

    Die Forschungsergebnisse stellen sich wie folgt dar:
    Die untersuchten Feuerspuren stammen nicht aus vorchristlicher Zeit. Damit werden die Ergebnisse der bisherigen Forschung bestätigt. Das Forschungsprojekt ergab, daß zwei der untersuchten Feuerspuren in der Haupt- und Nebengrotte der Externsteine aus dem Spätmittelalter (1325 n.Chr. +/- 50 Jahre und 1425 +/- 63) stammen, eine weitere Spur ist höchstens hochmittelalterlich (nach ca. 1030 +/- 100). Entgegen den bisherigen Erkenntnissen erbrachte die Untersuchung der Bohrkerne aus der branderhitzten Decke der Kuppelgrotte jedoch deutlich höhere Alter: Während eine Spur aus ottonischer Zeit stammt (934 +/- 94), ist eine weitere in die Zeit nach 735 (+/- 180) zu datieren, könnte somit aus der Zeit der fränkisch-sächsischen Auseinandersetzungen ab der 2. Hälfte des 8. Jhdts. stammen. Die Kuppelgrotte ist damit mindestens frühmittelalterlich.

    Zur wissenschaftlichen Methodik:
    Datiert wurden die Proben mit der Methode der sogenannten Optisch-Stimulierten-Lumineszenz (OSL). Mit dieser Methode bestimmt man den Zeitpunkt der letzten Erhitzung der im Sandstein enthaltenen Quarz- und Feldspatkörner, mithin das Mindestalter der Anlage der Grotten. Das Verfahren beruht darauf, daß natürliche Gesteine geringe Mengen an radioaktiven Elementen besitzen, welche die Mineralkörner einer fortdauernden Strahlung aussetzen und ein Lumineszenz-Signal aufbauen. Damit ist die gemessene Intensität des Signals ein Maß für das Alter der Probe. Die in Heidelberg weiterentwickelte Untersuchungsmethodik stellt einen wichtigen Beitrag zur Grundlagenforschung und zur Anwendbarkeit der OSL-Datierungsmethode dar.
    Durch das tiefenaufgelöste Datierungsverfahren konnten die Verläßlichkeit der erhaltenen Alter gesichert und ausreichend erhitzte von jenen Proben unterschieden werden, die nur ungenügend erhitzt wurden und somit überhöhte Altersdatierungen erbracht hätten. Bei zwei Proben konnte dabei gezeigt werden, daß eine rötliche Verfärbung der Gesteinsoberfläche noch keine Garantie für ein verläßliches Alter darstellt. Vielmehr erwies sich die Hitzeinwirkung an den verschiedenen Probeentnahmestellen als höchst variabel, womit erneut die Notwendigkeit des entwickelten Datierungsverfahrens unterstrichen wurde. Bei der Quantifizierung des Strahlungsfeldes ergaben sich, trotz der Anwendung präziser analytischer Verfahren, unerwartete Schwierigkeiten, die eine Erhöhung der Altersunsicherheiten mit sich führten. Dies und die geringer als erwartete Anzahl an auswertbaren Proben zeigen, daß an den Externsteinen weiterer naturwissenschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsbedarf besteht.

    Archäologisch-historische Bewertung der Ergebnisse:
    Aus Sicht der archäologischen und historischen Forschung können aus den dargelegten Ergebnissen der OSL-Untersuchung folgende erste Schlüsse gezogen werden: 1) Es konnte bewiesen werden, daß es sich bei den bisher rätselhaften Abplatzungen und Verfärbungen in den Grotten tatsächlich um historisch relevante Brandspuren handelt. 2) Drei der neun untersuchten Proben konnten recht genau datiert werden, mit einer Spannweite von ca. 100 bis 200 Jahren, bei zwei weiteren Proben konnte eine obere Grenze für das Alter ermittelt werden, mit einer Unsicherheit von ca. 100 bzw. 360 Jahren. Die jeweiligen Alterswerte (also z.B. 680 Jahre) sind Ergebnis der Untersuchungen, die Spannweiten entsprechen Unsicherheitsfaktoren von - je nach Probe - ca. 7% bis ca. 14%. 3) Entgegen ersten Befürchtungen belegen die Ergebnisse aus dem bodennahen Bereich der Haupt- und Nebengrotte, daß normale Lagerfeuer, wie sie dort noch in den 1960er Jahren häufiger brannten, ältere Brandspuren nicht überlagern konnten. Die datierten Brandspuren sind demnach historisch signifikant und zeugen von erheblichen Eingriffen.

    Resümee:
    Die Untersuchung konnte nicht bestätigen, daß die Grotten bereits in der Älteren Eisenzeit (Mitte 1. Jahrtausend v.Chr.) geschaffen bzw. genutzt wurden, wie dies nach den Ergebnissen der ersten, methodisch noch nicht ausgereiften TL-Altersabschätzung von 1990 möglich schien. Alle nun ermittelten Alter weisen ins Mittelalter. "Dieses Forschungsprojekt zeigte, daß sich die Externsteine ihre Geheimnisse nicht leicht entreißen lassen", so Kurt-Uwe Förster, Pressesprecher der Schutzgemeinschaft Externsteine. "Doch mit modernsten und weiterentwickelten Untersuchungsmethoden, Beharrlichkeit und Präzision hat die Forschungsstelle Archäometrie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften den Feuerstellen in den Felsengrotten nun hochinteressante Alterswerte abgerungen. Insbesondere die Ergebnisse zur Kuppelgrotte bieten spannende Ansätze für weitere Forschungen. Die Schutzgemeinschaft Externsteine als Initiator des Projektes wird auf Grundlage der vorliegenden Ergebnisse alles daran setzen, die Untersuchungen - insbesondere zur Kuppelgrotte - fortzusetzen und durch weitere interdisziplinäre Forschungen zu ergänzen." Maßgeblich wurden die Untersuchungen von Dr. Clemens Woda geleitet. Woda betont: "Der Vorteil der naturwissenschaftlichen Untersuchungen in diesem Forschungsprojekt ist, daß sie stets objektiv, wertneutral und ergebnisoffen sind. Einzige Leitlinie des Handelns ist die höchstmögliche wissenschaftliche Qualität. Weder die eigene subjektive Weltanschauung noch irgendwelche Vorannahmen beeinflussen den Gang und das Ergebnis der Untersuchungen."

    Ablauf der Pressekonferenz / Namen der Teilnehmer:
    Nach einer kurzen Vorstellung des Projektablaufs und der Forschungsergebnisse
    stehen Ihnen die Vertreter der Projektpartner und -paten zur Verfügung:

    Landesverband Lippe: Verbandsvorsteher Joachim Bünemann.
    Kreis Lippe und Stiftung Lippe-Impuls: Landrat Friedel Heuwinkel, Dr. Heinrike Heil.
    Lippisches Landesmuseum: Museumsdirektor Prof. Dr. Rainer Springhorn, Dr. Elke Treude, Kreisarchäologin.
    Forschungsstelle Archäometrie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Prof. Dr. Günther Wagner, Dr. Clemens Woda.
    Schutzgemeinschaft Externsteine e.V.: Vorstandsmitglieder Roland Linde (Historiker) und Kurt-Uwe Förster (Pressesprecher).
    Robin Jähne (Projektfotograf), Bernhard Herde (Steinmetzmeister).

    Rückfragen bitte an:

    Dr. Clemens Woda
    GSF - Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit
    Telefon: 089/31 87 28 02
    E-Mail: clemens.woda@gsf.de

    sowie

    Prof. Dr. Günther Wagner
    Forschungsstellenleiter "Archäometrie"
    Heidelberger Akademie der Wissenschaften
    Telefon: 06221 / 51 62 89 oder 51 64 87
    Fax: Fax: 06221 / 516633
    E-Mail: guenther.wagner@mpi-hd.mpg.de

    sowie

    Kurt-Uwe Förster
    Schutzgemeinschaft Externsteine
    Vorstandsmitglied, Pressesprecher
    Telefon dienstlich: 05251/8971-30
    Telefon privat: 05235/7777
    Mobil: 0175/36 29 430
    E-Mail: kurt-uwe.foerster@t-online.de
    Internet: www.externsteine-online.de

    sowie

    Dr. Johannes Schnurr
    Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
    Telefon: 06221 / 54 34 00
    Fax: 06221 / 54 33 55
    E-Mail: johannes.schnurr@urz.uni-heidelberg.de
    Internet: www.haw.baden-wuerttemberg.de


    Bilder

    Im Heidelberger Labor wurden die Bohrkerne von Dr. Clemens Woda untersucht. Die Lumineszenzmethode wurde in den letzten Jahren wesentlich verfeinert, eine Voraussetzung für die jetzigen präzisen Datierungen.
    Im Heidelberger Labor wurden die Bohrkerne von Dr. Clemens Woda untersucht. Die Lumineszenzmethode w ...
    (Copyright: Robin Jähne)
    None

    Die Externsteine sind eines der bedeutendsten Naturdenkmäler Mitteleuropas. Regelmäßig zur Sonnwendfeier feiern hier die Neodruiden. Doch ob die Externsteine je Zeugen alter Kulte waren, bleibt fraglich.
    Die Externsteine sind eines der bedeutendsten Naturdenkmäler Mitteleuropas. Regelmäßig zur Sonnwendf ...
    (Copyright: Robin Jähne)
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Maschinenbau, Mathematik, Philosophie / Ethik, Physik / Astronomie, Religion, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Im Heidelberger Labor wurden die Bohrkerne von Dr. Clemens Woda untersucht. Die Lumineszenzmethode wurde in den letzten Jahren wesentlich verfeinert, eine Voraussetzung für die jetzigen präzisen Datierungen.


    Zum Download

    x

    Die Externsteine sind eines der bedeutendsten Naturdenkmäler Mitteleuropas. Regelmäßig zur Sonnwendfeier feiern hier die Neodruiden. Doch ob die Externsteine je Zeugen alter Kulte waren, bleibt fraglich.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).