Angewandte Chemie Presseinformation Nr. 15/99
Angew. Chem. 1999, 111 (16), 2555 - 2558
Zur Veröffentlichung ab 16. August 1999
Neues aus dem Ozonloch
Italienische Chemiker untersuchen bislang unbekannte,
aber womöglich wichtige Reaktionen in der Ozonschicht
Die chemischen Reaktionen, die in den höheren Atmosphärenschichten zur
Bildung des Ozonlochs führen, sind noch längst nicht alle durchschaut -
immer noch finden Chemiker weitere Fäden im verzwickten Netzwerk der
Umsetzungen, an denen atmosphärische Spurenstoffe wie
Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKWs) und Gase wie Ozon und Sauerstoff
beteiligt sind. Eine italienische Arbeitsgruppe um Giulia de Petris von der
Universität "La Sapienza" in Rom hat jetzt erstmals die Reaktionen zwischen
FCKWs und elektrisch geladenen Atmosphärenmolekülen untersucht - diese
Teilchen spielen demnach eine wichtigere Rolle als bislang angenommen.
Der Nachweis von atmosphärischen Spurenmolekülen gelingt sehr gut mit
sogenannten Massenspektrometern, also Meßgeräten, die Moleküle anhand ihrer
Masse identifizieren; dies mit einer Empfindlichkeit, die sie ein einziges
Haar unter den Haaren aller Menschen der Erde erkennen lassen würden. Seit
man Massenspektrometer auf Raketen montieren kann, weiß man, daß
Atmosphärenmoleküle, die durch den Einfluß der ionisierenden Höhenstrahlung
aus dem Weltraum im Gegensatz zu ihrer normalen Erscheinung elektrisch
aufgeladen sind, offenbar eine wichtige Rolle in der komplexen
Atmosphärenchemie spielen - sie können die Lebensdauer von Schadmolekülen
in der Luft begrenzen.
Was aus den Reaktionen von FCKWs mit diesen geladenen Teilchen entsteht,
hat man bislang allerdings noch nicht untersucht. Dies haben de Petris und
seine Mitarbeiter nun nachgeholt - ebenfalls mit einem Massenspektrometer.
Als typisches Beispiel für einen Fluorchlorkohlenwasserstoff untersuchten
sie Dichlorfluormethan (R21 oder Halon 1120) in einem Gasgemisch aus
elektrisch geladenem Ozon und Sauerstoff. Das Ergebnis: Das Ozon übertrug
in diesen Experimenten seine elektrische Ladung auf das FCKW-Molekül und
ging eine schwache chemische Bindung mit diesem Teilchen ein. Das Produkt
dieser Reaktion zersetzte sich daraufhin zu Kohlenmonoxid und einem
weiteren geladenen Molekül; das Ozon wurde bei dieser Reaktion zerstört.
Dieses Ergebnis kam für die Chemiker so unerwartet, daß sie ihre Befunde
erst glaubten, nachdem sie sie mit aufwendigen Computerberechnungen
nachgestellt hatten.
Das Ozonloch wird durch diese Befunde sicher nicht größer als es bereits
ist, aber die Atmosphärenforscher werden ihre Rechenmodelle mit de Petris'
Ergebnissen in Zukunft noch weiter verfeinern können.
(2395 Anschläge)
Kontakt:
Prof. Dr. G. de Petris
Dipartimento di Studi di Chimica
e Tecnologia delle Sostanze Biologicamente Attive
Università di Roma "La Sapienza"
P. Aldo Moro
I-5-00185 Rom (Italien)
Fax: (+39) 06-49913602
E-mail:
depetris@axrma.uniroma1.it
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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