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19.10.2005 19:00

Wie Pflanzen noch das letzte Quäntchen Licht effektiv ausnutzen

Stefanie Hahn Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Biologen der Universität Jena an aktueller Publikation in der Zeitschrift "Nature" über zwei wichtige Regulator-Enzyme der Photosynthese beteiligt

    Sperrfrist: 19. Oktober 2005, 19.00 Uhr!

    (Jena) Wenn uns die Sonne zu sehr auf den Schädel brennt, suchen wir uns ein schattiges Plätzchen. Diese Möglichkeit haben Pflanzen nicht. Egal ob Schatten oder Sonne, sie müssen an dem Standort bleiben, an dem sie Wurzeln geschlagen haben. Hilflos sind sie ihrer Umwelt dennoch nicht ausgeliefert. Im Verlauf der Evolution haben sie ausgeklügelte Mechanismen entwickelt, die es ihnen unter anderem ermöglichen, durch Umbauten in ihrem Inneren auf sich ändernde Lichtverhältnisse zu reagieren. Pflanzen brauchen bekanntermaßen Licht, um zu überleben. Sie beziehen aus dem Sonnenlicht die Energie für die Reaktion, bei der sie aus dem Kohlendioxid (CO2) der Luft und Wasser eigene langkettige Zuckerverbindungen (z. B. Stärke, Zellulose) aufbauen. Diesen Prozess, bei dem sie den für uns lebensnotwendigen Sauerstoff produzieren, nennt man Photosynthese. Seit längerem ist bekannt, dass die an der Photosynthese beteiligten Lichtsammelproteine der Pflanzen auch dabei helfen, auf veränderte Lichtverhältnisse zu reagieren.

    Ein deutsches Wissenschaftlerteam hat nun zwei wichtige Enzyme, so genannte Kinasen identifiziert, die essenziell sowohl für kurz- als auch für langzeitige Anpassungsreaktionen von Pflanzen sind und es ihnen ermöglichen, auch noch das letzte Quäntchen Licht effektiv auszunutzen. Ihre Ergebnisse werden am Donnerstag (20.10.) in der renommierten Fachzeitschrift "Nature" veröffentlicht. Neben Forschern aus dem Kölner Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung, der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie der Universität Düsseldorf waren auch Pflanzenphysiologen der Friedrich-Schiller-Universität Jena an dieser Entdeckung beteiligt.

    "Die Photosynthese findet in einer hoch spezialisierten und von der übrigen Zelle räumlich getrennten Minifabrik, den grünen Chloroplasten statt", erläutert Koautor PD Dr. Thomas Pfannschmidt von der Universität Jena. "Die Energie des Sonnenlichts wird dabei in zwei aufeinanderfolgenden Schritten mit Hilfe der Photosysteme I und II in chemisch nutzbare Energie umgewandelt." Wichtig dafür ist eine gleichmäßige Lichtanregung beider Systeme. Die beiden entdeckten Kinasen namens STN7 und STN8 spielen dabei eine entscheidende Rolle. Bei schnellen Lichtveränderungen regulieren sie die Verteilung der eingefangenen Lichtenergie zwischen den beiden Photosystemen, indem sie die Lichtsammelproteine zwischen ihnen verschieben. Bei länger anhaltenden Veränderungen der Lichtverhältnisse wird dagegen der gesamte Maschinenpark der Photosynthese umgebaut. "Wir haben ermittelt, dass die beiden Photosysteme I und II dann in veränderten Zahlenverhältnissen vorliegen", erklärt Pfannschmidt. Diese Veränderung der Stöchiometrie tritt nach 12 bis 24 Stunden auf, während die Kurzzeitantwort bereits nach 5-10 Minuten erfolgt. "Bei beiden Anpassungsreaktionen geht es letztlich darum, das eingefangene Sonnenlicht möglichst effizient zu nutzen", so der Jenaer Biologe.

    Die Licht-Experimente, die er mit seiner Gruppe an den Pflanzenmutanten durchgeführt hat, ergaben, dass Pflanzen, denen die Kinase STN7 fehlt, die Langzeitanpassungsreaktion nicht mehr durchführen können. Offenbar kommt das Signal zum Aufbau zusätzlicher Photosysteme in der Schaltzentrale nicht an. "Diese Pflanzenmutante, die aufgrund der fehlenden STN7 keine Langzeitanpassung mehr zeigt, ist für uns besonders interessant. Denn wir wollen herausfinden, wie die Nachricht von den veränderten Lichtverhältnissen letztendlich bis zur DNA gelangt, wo die genetische Information, sprich die Baupläne für die Photosysteme I und II lagern", sagt Pfannschmidt. Die STN7 ist offenbar ein wichtiger Bote in der Signalkette, die zur Aktivierung der Photosystem-Gene führt. "Wir wissen nun zumindest, wo das Signal in der Photosynthese entsteht und dass Langzeit- und Kurzzeitantwort miteinander gekoppelt sind", fasst der Pflanzenphysiologe von der Universität Jena die publizierten Ergebnisse zusammen. "Wir werden nun versuchen herauszufinden, wie die Signalweiterleitung funktioniert. Mit den beiden Kinasen haben wir einen ersten Angriffspunkt, um nach weiteren Reaktionspartnern zu suchen", skizziert er das nächste Forschungsziel.

    Originalpublikation:
    V. Bonardi, P. Pesaresi, T. Becker, E. Schleiff, R. Wagner, T. Pfannschmidt, P.Jahns & D. Leister: "Photosystem II core phosphorylation and photosynthetic acclimation require two different protein kinases".

    Kontakt:
    PD Dr. Thomas Pfannschmidt
    Institut für Botanik und Pflanzenphysiologie der Universität Jena
    Nachwuchsgruppe "Pflanzliche Anpassungen an Umweltveränderungen: Proteinanalyse mittels Massenspektrometrie"
    Dornburger Straße 159, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 949236
    Fax: 03641 / 949232
    E-Mail: Thomas.Pfannschmidt@uni-jena.de


    Bilder

    PD Dr. Thomas Pfannschmidt beim pipettieren von Proteinen.
    PD Dr. Thomas Pfannschmidt beim pipettieren von Proteinen.
    Foto: FSU
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Informationstechnik
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    PD Dr. Thomas Pfannschmidt beim pipettieren von Proteinen.


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