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18.08.1999 14:44

Reformstudiengang Medizin ab Wintersemester 1999/2000

Heike Zappe Kommunikation, Marketing und Veranstaltungsmanagement
Humboldt-Universität zu Berlin

    Der lange erwartete Startschuss für den Reformstudiengang Medizin fällt zum kommenden Semester. Nachdem das Procedere Studierende, Dozenten und Behörden jahrelang beschäftigte und von Hochs und Tiefs begleitet war, werden zum Oktober die ersten - in der Pilotphase zunächst ca. 60 - Studierenden an der Medizinischen Fakultät Charité der Humboldt-Universität zu Berlin ihr Studium aufnehmen.

    Ausbildungsziel ist die Ärztin bzw. der Arzt, die/der befähigt ist, zur Erhaltung oder Wiederherstellung von Gesundheit und Wohlbefinden auf individueller und gesellschaftlicher Ebene beizutragen. Sie sollen sowohl zu einer fachspezifischen Weiterbildung als auch zu einer Tätigkeit in einer wissenschaftlichen Institution befähigt sein. Nach Abschluss des Studiums müssen sie daher:
    · über ausreichende medizinische Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten verfügen;
    · ärztliche Entscheidungen unter Einbeziehung ethischer, wirtschaftlicher und ökologischer Aspekte treffen können;
    · in der Lage sein, die eigene Kompetenz einzuschätzen und im Team zu arbeiten;
    · in der Lage sein, Wissen und Fertigkeiten an Patienten, deren Angehörige und medizinisches Fachpersonal zu vermitteln;
    · bereit sein, sich auch nach dem Studium in eigener Verantwortung fortzubilden;
    · befähigt sein, wissenschaftlich zu denken und zu arbeiten.

    Die zentrale Lehr- und Lernmethode im Reformstudiengang stellt das Problem orientierte Lernen (POL) dar. In einer Kleingruppe, die von Dozenten geleitet wird, erarbeiten die Studierenden anhand von theoretischen oder praktischen Fallbeispielen die Lernziele. Diese Arbeit wird begleitet durch die Fächer übergreifende Darstellung medizinischer Inhalte.
    Die Inhalte werden dabei nicht wie im traditionellen Studiengang in aufeinander folgenden Semestern Fach getrennt dargeboten, sondern kehren in Form einer Lehr- und Lernspirale mit zunehmender Komplexität im gesamten Studienverlauf immer. Wöchentliche Seminare bzw. Übungen zu den Themenbereichen "Gesundheitswissenschaften", ,,Grundlagen ärztlichen Denkens und Handelns", ,,Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens" und ,,Interaktion" sowie ein integriertes Studium generale sollen die Studierenden befähigen, medizinische Inhalte in Zusammenhang mit psychosozialen Aspekten zu stellen und kommunikative Kompetenzen zu erwerben. Die Studierenden haben außerdem die Möglichkeit, Wissen und Erfahrungen aus Gebieten eigener Wahl im Rahmen von Wahlpflichtpraktika zu vertiefen.
    Die Trennung zwischen Vorklinik und Klinik ist aufgehoben. Anhand konkreter Problemstellungen werden die natur- und geisteswissenschaftlichen Grundlagen vom Beginn des Studiums an zusammen mit den klinisch relevanten Inhalten vermittelt. Der erste Studienabschnitt (1.-5. Semester) ori-entiert sich dabei weitgehend an Organen bzw. Organsystemen und beinhaltet wöchentliche Hospitationen in einer ärztlichen Praxis. Der zweite Studienabschnitt (6.-10. Semester) ist nach Lebensabschnitten gegliedert und umfasst mehrwöchige Blockpraktika in klinischen Fachgebieten. Im Anschluss daran ist wie bisher das Praktische Jahr vorgesehen.
    Ausgangspunkt des Berliner Reformstudiengangs war der UNiMUT-Streik der Berliner Studierenden im Wintersemester 1988/89. Diese Bewegung, die alle Fachbereiche umfasste, wollte auf die strukturellen und inhaltlichen Defizite der universitären Ausbildung aufmerksam machen. Ausgehend von einer grundlegenden Kritik am traditionellen Medizinstudium und einer Orientierung an den positiven Erfahrungen etablierter ausländischer Reformuniversitäten, entwickelten Studierende der Medizin die Idee eines alternativen Studiengangs. In dessen Mittelpunkt sollte ein praxisbezogenes Studium stehen, in dem theoretische und praktische Inhalte Fach übergreifend angeboten und die Eigeninitiative der Studierenden gefördert werden sollte.
    Mit dieser Zielsetzung, die sich mit den heute vorliegenden Empfehlungen des Wissenschaftsrates und der Sachverständigengruppe im Bundesministerium für Gesundheit deckt, sollte auch in Deutschland eine Medizinerausbildung institutionalisiert werden, die den internationalen Bestre-bungen zur Verbesserung dieser Ausbildung entsprach.

    Der Studiengang soll in Zusammenarbeit mit dem Institut für Medizinische Statistik an der Freien Universität Berlin von einer kontinuierlichen externen Evaluation begleitet werden. Die Auswahl der Studierenden erfolgt nach Anmeldung über die ZVS auf freiwilliger Basis im Losverfahren.

    Aufgrund der im Gegensatz zum traditionellen Studiengang grundlegend anderen Studienstruktur ist eine Änderung im Prüfungsablauf notwendig. Multiple-Choice-Fragen, die überwiegend passives kognitives Wissen prüfen, treten im Reformstudiengang gegenüber der Prüfung von Anwendungs bezogenem Wissen und der Fähigkeit, komplexe Fragestellungen zu beantworten, in den Hintergrund. Dafür kommen die Praxis orientierten ,,Objective Structured Clinical Examinations'' (OSCE) und ,,Modified Essay Questions'' (MEQ) zur Anwendung. Diese Prüfungsformen sind nach jedem Semester als Semesterabschlussprüfungen vorgesehen. Studierende des Reformstudiengangs Medizin sollen dann das Studium mit dem letzten Abschnitt der geplanten ärztlichen Prüfung der nächsten Approbationsordnungsnovelle nach dem 12. Semester abschließen.

    Kontakt: Humboldt-Universität zu Berlin, Medizinische Fakultät Charité, AG Reformstudi-engang Medizin, Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin, Tel: +49-(0)30-450-76112, Fax: -76912, email: refmed@charite.de


    Weitere Informationen:

    http://www.charite.de/fakultaet/Lehre


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Studium und Lehre
    Deutsch


     

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