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19.08.1999 18:49

Ein weißer Laser für die Westentasche

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Jena. Wenn es nach Andreas Tünnermann geht, können sich Fernsehzuschauer in absehbarer Zukunft von ihrer Mattscheibe verabschieden. Dann nämlich projizieren farbige Minilaser ein gestochen scharfes Bild beinahe beliebiger Größe ins heimische Wohnzimmer. Auch in der Foto- und Drucktechnik, in der Medizin, der Optoelektronik und im produzierenden Gewerbe werden die kleinen, preiswerten und enorm vielseitigen Faserlaser künftig das Bild bestimmen, prophezeit der 36jährige Professor. Gemeinsam mit seinem Team am Institut für Angewandte Physik der Uni Jena entwickelt er Systeme mit haarfeinen, hochflexiblen Glasfasern, die zugleich Laser und Lichtleiter sind.

    Eine erste marktreife Anwendung soll der Jenaer Prototyp als lichtspendende ,Seele' eines Spezialmikroskops für Medizin und Biologie finden. "Ein technisch sehr anspruchsvolles Projekt", kommentiert Tünnermann, "das nur von Uni-Forschern und Industrie gemeinsam zu bewältigen ist."

    Vom Endverbraucher unbemerkt, vollzieht die Lasertechnologie gerade eine stille Revolution. In vielen Bereichen werden die neuen Faserlaser die herkömmlichen Apparate ablösen - und das bei weitaus höherem Wirkungsgrad. Der Trick der neuen Technologie: Werden in alten Lasern Gasatome unter hohem Energieeinsatz so angeregt, dass sie Lichtstrahlung abgeben, so arbeitet Tünnermanns Team mit spezialdotierten Gläsern aus Zirkonium, Barium, Lantan, Aluminium und Natrium.

    Das Material namens "ZBLAN" hatte die bretonische Firma "Le Verre Flouré" ursprünglich für die Telekommunikation entwickelt. Erst seit kurzem wird es auch für die neuen Faserlaser eingesetzt, deren entscheidender Konstruktionsvorteil darin liegt, dass in der Faser aufgrund spezifischer Verunreinigungen mit Seltenerd-Ionen selbst bei geringem Energieeinsatz eine sehr hohe Leistungsdichte entsteht: Das Licht ,schaukelt' sich quasi innerhalb der Glasfaser, die somit selbst zum Laser wird, zwischen zwei winzigen Spiegeln energetisch auf.

    Die Ausgangsenergie liefern fingernagelgroße Laserdioden; die ganze Apparatur ist schon so klein, dass sie problemlos in eine Zigaretten-schachtel passt. Setzen gewöhnliche Laser nur wenige Promille der Eingangsleistung in Licht und den großen Rest in Wärme um, so rechnet Tünnermann damit, dass Faserlaser schon bald bis zu zehn Prozent der Energie sinnvoll nutzen. Der Clou: Aufwändige Kühlverfahren kann man nun sparen, und für die meisten Anwendungen reicht als Stromquelle schon eine handelsübliche 9 V-Batterie.

    Somit lassen sich auch mehrere der Zentimeter bis einige Meter langen "Laserschnüre" kombinieren. Weil sie je nach Materialdotierung - über das ganze sichtbare Spektrum hinweg - rote, grüne oder blaue Lichtstrahlen erzeugen, bei deren Überlagerung wiederum weißes Licht entsteht, eignen sie sich ideal als Lichtquellen in Fernsehern, Bildprojektoren oder in Laserbelichtern für die Fototechnik.

    Als Lichtquelle für medizinische Scanning-Mikroskope müssen die Faserlaser gleich mehrere schwierige Parameter präzise erfüllen. Ärzte arbeiten in der modernen Diagnostik häufig mit speziellen Leuchtfarbstoffen, die nur binnen schmaler Wellenlängenbereiche von weniger als 20 nm wirksam werden. Leistungsschwankungen würden dabei unweigerlich zu Fehldiagnosen führen. "Wir sind sehr zuversichtlich, binnen relativ kurzer Zeit die herkömmlichen Laser in diesen mikroskopischen Diagnose-Systemen durch Faser-laser zu ersetzen", meint Tünnermann. Klar ist, dass dann ein wartungsfreies und bequem transportables System in die Kliniken geliefert wird. Aber neben diesen Mikroskopen sind auch andere diagnostische und therapeutische Einsatzfelder in der Medizin, etwa in der Krebsbekämpfung. Möglicherweise werden Ärzte eines Tages sogar die flexible "Laserschnur" ihren Patienten endoskopisch einführen und punktgenau vor einem Krebsherd platzieren, um diesen - schonend für das gesunde Gewebe - buchstäblich wegzuschmelzen.

    Zukunftsmusik, noch. Realität ist bereits, dass sich die Jenaer Physiker zu den fünf, sechs weltweit führenden Teams auf dem Gebiet der Faserlaserkonzepte zählen dürfen. "Vielleicht haben wir deshalb die Nase vorn, weil wohl nirgends sonst eine derart exzellente wirtschaftliche und wissenschaftliche Infrastruktur auf so engem Raum besteht wie hier in und um Jena", nennt Andreas Tünnermann die Pluspunkte der Thüringer Optik-Hochburg. Bei den Faserlaser-Konzepten arbeitet die Universität eng mit dem Institut für Physikalische Hochtechnologie (IPHT), der Carl Zeiss GmbH, der Jenoptik AG und die Mellinger Firma Layertec zusammen.

    Die "Erben" der Abbe und Zeiß haben sich mit derzeit 40 weiteren Partnern in einem Kompetenz-Netzwerk namens OptoNet zusammengeschlossen, um ihre Vorteile noch effizienter zu nutzen. Und um am Ende mehr Hightech-Arbeitsplätze und -Wertschöpfung im Freistaat zu etablieren.

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Andreas Tünnermann
    Institut für Angewandte Optik der Universität Jena
    Tel.: 03641/657646, Fax: 657680
    e-mail: tuennermann@iap.uni-jena.de

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Wolfgang Hirsch
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031
    Fax: 03641/931032
    e-mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


    Bilder

    Dr. Peter Riedel und Dr. Holger Zellmer adaptieren gleich zwei Faserlaser. Die weiße "Schnur" im Vordergrund unten ist einer davon.
    Dr. Peter Riedel und Dr. Holger Zellmer adaptieren gleich zwei Faserlaser. Die weiße "Schnur" im Vor ...

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Mathematik, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Dr. Peter Riedel und Dr. Holger Zellmer adaptieren gleich zwei Faserlaser. Die weiße "Schnur" im Vordergrund unten ist einer davon.


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