Rechtswissenschaftler der Universität Jena zum Mannesmann-Prozess
Jena (25.10.05) Der bisherige Verlauf der Revisionsverhandlung vor dem 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) über die Freisprüche im Mannesmann-Prozess lässt eine Verurteilung der Angeklagten wahrscheinlicher werden als einen Freispruch. Denn offensichtlich tendieren auch die Richter zu der Auffassung der Bundesanwälte, dass die Auszahlung von "Anerkennungsprämien" an den damaligen Vorstandsvorsitzenden Klaus Esser sowie an den Aufsichtsratsvorsitzenden Joachim Funk "unzulässige Geschenke" waren. Die Verteidigung argumentiert hingegen, die nachträgliche Prämienverteilung sei vom unternehmerischen Ermessen des Aufsichtsrats gedeckt, verstoße somit nicht gegen das Aktienrecht und könne daher auch keine strafrechtliche Untreue sein.
Dieser Argumentation widerspricht nachdrücklich Prof. Dr. Walter Bayer von der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Nach Auffassung des renommierten Aktienrechtlers gibt es keine Rechtsgrundlage für die geleisteten Zahlungen. "Manager dürfen nur das beanspruchen, was zuvor im Anstellungsvertrag festgelegt ist. Nachträgliche Veränderungen mit Rückwirkung sind unzulässig, weil andernfalls keine Vergütungstransparenz gewährleistet ist und die Aktionäre, die nur über den ursprünglichen Anstellungsvertrag informiert sind, irregeführt werden". Hinzu komme, dass der Aufsichtsrat als treuhänderischer Verwalter des Eigentums der Aktionäre das Vermögen der Aktiengesellschaft nicht verschenken dürfe. Prämien an Manager müssten vielmehr stets durch das Unternehmensinteresse gedeckt sein. Zwar komme dem Aufsichtsrat insoweit grundsätzlich ein weiter Ermessensspielraum zu. Aber, so Bayer: "Wenn von dem Manager wegen dessen Ausscheidens zukünftig überhaupt kein Nutzen mehr zu erwarten ist, dann ist es undenkbar, für eine solche Leistung das Unternehmensinteresse ins Feld zu führen."
Nach Auffassung des Jenaer Rechtswissenschaftlers hat der Vorsitzende des 3. Strafsenats Klaus Tolksdorf voll ins Schwarze getroffen, wenn er ausführt, dass hier nicht zur Diskussion stehe, bis zu welcher Höhe eine Managervergütung moralisch vertretbar und rechtlich zulässig sei. Verhandelt werde allein die Frage, ob die Angeklagten pflichtwidrig gehandelt hätten, als sie Esser & Co mit einem vertraglich nicht vorgesehenen "goldenen Handschlag" verabschiedet hätten. Hierzu Bayer: "Schon das Landgericht in Düsseldorf hat dies als Verstoß gegen das Aktienrecht angesehen. Auch die große Mehrzahl der Aktienrechtler sieht dies so. Viele können oder wollen dies allerdings nicht offen sagen, weil sie entweder für die Angeklagten gegutachtet haben oder persönliche Nachteile befürchten."
Kontakt:
Prof. Dr. Walter Bayer
Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Jena
Carl-Zeiß-Str. 3, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 942140, Fax: 03641 / 942142
E-Mail: W.Bayer[at]recht.uni-jena.de
Der Jenaer Jurist Prof. Dr. Walter Bayer bezieht klare Position zum Mannesmann-Prozess.
Foto: FSU
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Politik, Recht
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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