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31.08.1999 17:57

Wenn Wasserflöhe über sich hinauswachsen - Induzierte Verteidigung ist "vererbbar"

Dietmar Schmidt Felix-Wankel-Tierschutz-Forschungspreis
Ludwig-Maximilians-Universität München

    Wasserflöhe und das menschliche Immunsystem haben eines gemeinsam: Erst wenn tatsächlich Gefahr durch einen Angreifer droht, entwickeln sie spezifische Verteidigungsmechanismen. Im menschlichen Körper übernehmen Antikörper und Immunzellen die Abwehr; bei den Wasserflöhen verändert sich sogar der ganze Körper. Wenn sie sich mit Räubern im selben Gewässer befinden, bilden die kleinen Krebse spitz zulaufende Helme, Nackenstacheln oder verlängerte Schwanzspitzen aus.

    Die Zoologen Ralph Tollrian und Christian Laforsch von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München zeigten jetzt in der neuesten Ausgabe des Fachmagazins nature, daß diese induzierten Merkmale auch auf die nächste Generation übertragen, also "außergenetisch vererbt" werden können.

    Büschelmückenlarven, Rückenschwimmer und Fische haben es besonders auf Wasserflöhe abgesehen. "Beim Fressen geben die Räuber unfreiwillig chemische Signalstoffe ins Wasser ab", berichtet Tollrian. "Die anderen Wasserflöhe werden gewarnt und bilden spezifische Verteidigungsstrukturen gegen den Angreifer aus." Bei der Art Daphnia cucullata sind dies etwa langgezogene Helme, die entfernt an Zipfelmützen erinnern. Für die räuberischen Büschel-mückenlarven sind sie damit als Beute zu groß und können den Angriffen besser entkommen.

    Diese morphologischen Verteidigungsmechanismen werden sogar von den Eltern an die Nachkommen weitergegeben, wie Tollrian jetzt zeigen konnte. "In unseren Experimenten gaben Wasserfloh-Mütter der Art Daphnia cucullata, die einmal langgezogenen Helme entwickelt hatten, dieses Merkmal an ihre Nachkommen weiter", berichtet Tollrian. "Die Elterngeneration überträgt damit ihren Nachkommen eine Abwehrstruktur, die sie in Anpassung an eine ver-änderte Umwelt ausgebildet hat, ohne das Genom zu verändern."

    Ähnliche Ergebnisse zeigten sich bei wildem Rettich. Diese Pflanze bildet bei Schädlingsbefall zusätzlich Bestandteile des scharf schmeckenden Senföls und verstärkt den Haarwuchs auf den Blättern. Wurden diese Merkmale bei Rettichpflanzen induziert, zeigten sich die Abwehrmechanismen ebenfalls bei den Ablegern der nächsten Generation.

    Die induzierte Verteidigung ist auch Thema eines Buches von Ralph Tollrian und Drew Harvell: "The Ecology and Evolution of inducible defenses", Princeton University Press, 1999. In dem Standardwerk werden erstmals fächerübergreifend alle Aspekte dieses Forschungs-gebietes behandelt.

    Ansprechpartner: Dr. Ralph Tollrian
    Zoologisches Institut der Ludwig-Maximilians-Universität
    Tel.: 089 - 5902 - 392
    Fax: 089 - 5902 - 461
    e-mail: ralph.tollrian@lrz.uni-muenchen.de

    Susanne Wedlich,
    Forschungsredakteurin
    Tel.: 089 - 2180 - 5781
    Fax: 089 - 2180 - 3656
    e-mail: susanne.wedlich@verwaltung.uni-muenchen.de


    Weitere Informationen:

    e-mail: ralph.tollrian@lrz.uni-muenchen.de
    e-mail: susanne.wedlich@verwaltung.uni-muenchen.de
    Bildmaterial finden Sie im Internet unter:
    FTP://FTP.zi.biologie.uni-muenchen.de/tmp/tollrian/


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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