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10.11.2005 15:59

HRK warnt vor Konsequenzen der Koalitionspläne zum Föderalismus: Bund darf nicht aus der Hochschulpolitik heraus gedrängt werden

Susanne Schilden Kommunikation
Hochschulrektorenkonferenz (HRK)

    "Das Konzept der Koalitionsarbeitsgruppe zur Föderalismusreform gefährdet die Entwicklung und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Hochschulen." Mit diesen Worten wandte sich der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Professor Dr. Peter Gaehtgens, gegen die bekannt gewordenen Pläne von CDU und SPD, weitgehend auf Bundesregelungen für die Hochschulen zu verzichten.

    Gaehtgens nannte als Hauptproblempunkte:

    "1. Die Föderalismusdiskussion klammert die höchst unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Länder aus. So ist sie nicht zu der für den Wettbewerbsföderalismus zentralen Notwendigkeit der Schaffung vergleichbar leistungsstarker Länder durch Neugliederung des Bundesgebietes vorgedrungen.

    2. Es ist zu bezweifeln, dass nach dem Wegfall der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau nach Art. 91a Abs. 1 Nr. 1 GG als einzige aller Gemeinschaftsaufgaben noch alle Länder in der Lage sein werden, Hochschulen investiv zu fördern. Schon jetzt sind die Hochschulen in ihrer Entwicklung unvertretbar gebremst, nachdem der Bund seine Mittel gekürzt hat. Die Befürchtung liegt nahe, dass insbesondere die finanzschwachen Länder zwar den zweckgebundenen Bundesanteil in Bauten investieren, ihren Anteil der bislang hälftigen Finanzierung aber teilweise oder ganz einsparen werden. Außerdem würde es sich negativ auswirken, wenn die Prüfung von Bauvorhaben auf Qualität und eine sinnvoll abgestimmte regionale Planung durch den Wissenschaftsrat wegfallen würde.
    Der Wegfall der Zweckbindung der Bundesmittel ab dem Jahr 2013 würde Hochschulbauten vollends in Frage stellen. Wie die Finanzierung nach einer Neuregelung nach 2019 weitergeht, ist zudem völlig offen.

    3. Die verbliebene Kompetenz des Bundes für Hochschulzugang und -abschlüsse ist wertlos. Mögliche Bundesregelungen könnten durch die neu geschaffene Rechtskonstruktion der "Abweichungsgesetzgebung" von einzelnen Ländern beliebig unterlaufen werden. Eine heillose Kleinstaaterei wäre die Folge. So könnten Studierende nicht einmal mehr davon ausgehen, dass die Zulassungsvoraussetzungen bundesweit einheitlich definiert und ihre Abschlüsse problemlos anerkannt werden. Zu begrüßen ist aber, dass die verbliebenen Kompetenzen des Bundes den Einstieg in ein Hochschulsonderprogramm und die Vertretung innerhalb der EU in Fragen der Hochschul- und Forschungspolitik durch die Bundesseite ermöglichen.

    4. Durch die Abschaffung der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau wird die Bundesförderung der Hochschulen auf solche Forschung reduziert, die ausschließlich in Form von Projekten erfolgen kann. Dadurch droht den Hochschulen eine weitere Verschlechterung ihrer Wettbewerbsbedingungen. Es steht zu befürchten, dass ihre Unterausstattung zu einer Negativspirale führt: Die seit Jahren mangelhafte Grundausstattung und die schlechten baulichen und technischen Voraussetzungen benachteiligen sie gegenüber außeruniversitären Einrichtungen, denn ihnen fehlen die Voraussetzungen, große Forschungsvorhaben zu realisieren. Um dem entgegen zu wirken, muss die Finanzierung von Forschungsprojekten durch den Bund künftig unbedingt auf der Basis von Vollkosten (Overhead) erfolgen. Nur so können die Hochschulen auch weiterhin ihrer Rolle in der Wissenschaftslandschaft, u. a. bei der Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses, gerecht werden.

    5. Angesichts der gewaltigen Herausforderungen, denen sich die deutschen Hochschulen gegenwärtig gegenüber sehen, sind gemeinsame Sonderprogramme von Bund und Ländern zwingend erforderlich. Die Hochschulen konnten auch in der Vergangenheit kritische Belastungssituationen nur mit Hilfe solcher Programme bewältigen. In den kommenden 15 Jahren werden zum Beispiel die Studienanfängerzahlen in einer so dramatischen Weise steigen, dass eine nationale Anstrengung mit Unterstützung von Bund und Ländern unverzichtbar sein wird. Die hierzu in dem Papier der Arbeitsgruppe vorgesehenen Möglichkeiten müssen zügig genutzt werden.

    6. Während das hochschulpolitische Handeln auf internationaler Ebene durch einen scharfen weltweiten Wettbewerb ständig an Bedeutung gewinnt und die Hochschulen sich intensiv um eine Stärkung Europas als Hochschulraum bemühen, macht der Koalitionsentwurf die Gewinnung der hierfür erforderlichen gesamtstaatlichen Perspektive nahezu unmöglich. Die Deutschen werden seit langem von ihren europäischen Partnern gedrängt, eine stärkere Rolle in Europa zu übernehmen und als einer der stärksten Partner die Entwicklung führend voran zu treiben. Dies ist ohne eine erkennbar einheitliche Identität des deutschen Wissenschaftssystems nicht zu leisten. Es ist daher unabdingbar, ein geeignetes Instrumentarium für die hierfür notwendigen Abstimmungsprozesse zu entwickeln. Hierzu sind bisher keine überzeugenden Konzepte erkennbar. Die deutsche Hochschulpolitik muss in Europa mit einer Stimme sprechen können."


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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