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10.09.1999 11:50

Vom Forscher zum Unternehmer

Sabine Denninghoff Kommunikation
Fraunhofer-Gesellschaft

    Kein Einzelfall: Mitarbeiter eines Fraunhofer-Instituts machen sich mit einer dort erarbeiteten Technologie selbständig und gründen ihr eigenes Unternehmen. Schon seit vielen Jahren fördert die Fraunhofer-Gesellschaft die Selbständigkeitspläne ihrer Wissenschaftler. Spin-offs sind ein besonders effektiver und schneller Weg des Know-how-Transfers von der Wissenschaft in die industrielle Praxis.

    Der Vergleich mit anderen Forschungsinstitutionen zeigt: Die Fraunhofer-Gesellschaft hat das größte Potential an Mitarbeitern, die ein Spin-off-Unternehmen gründen wollen und kann auch die größte Zahl tatsächlicher Ausgründungen aufweisen. Auch die Bundesministerin für Bildung und Forschung Edelgard Bulmahn lobt die Politik der Fraunhofer-Gesellschaft, die ihre Mitarbeiter bei der Firmengründung finanziell und personell unterstützt. Einer der jüngsten Spin-offs ist die Prosensys GmbH: Drei Mitarbeiter aus dem Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT vermarkten ein von ihnen am Institut entwickeltes Verfahren zur Dichtheitsprüfung von Hohlkörpern in der Serienfertigung.

    Der »Bubble«-Test ist ein gängiges Verfahren, um zu prüfen, ob etwa ein Heizkörper, eine Einspritzpumpe oder ein Gasbehälter leckt. Damit sollen undichte Stellen bereits während der Produktion entdeckt und beseitigt werden. Die Vorgehensweise kennt jeder, der schon einmal einen Fahrradreifen flicken mußte: Der aufgepumpte Schlauch wird Stück für Stück in einen Wassereimer getaucht. Steigen kleine Luftbläschen auf, ist das Loch gefunden und kann mit einem Flicken zugeklebt werden. Auch in der industriellen Qualitätssicherung wird diese Prüfmethode eingesetzt: Das hohle Bauteil wird verschlossen, unter Druck gesetzt und ins Wasserbad gesenkt. Undichte Stellen erkennt der Prüfer an den austretenden Luftblasen. Allerdings ist diese Art der Prüfung äußerst zeit- und kostenintensiv. Die Qualität hängt sehr von der Konzentration des Prüfers ab.

    »Wir entwickelten ein völlig neues Ultraschall-Prüfverfahren, das mit wenig Aufwand eine zuverlässige und schnelle Dichtheitsprüfung erlaubt«, erklärt der ehemalige IBMT-Mitarbeiter Jürgen Steck. Gemeinsam mit Kollegen von der Technologie-Entwicklungsgruppe TEG in Stuttgart setzte er das Verfahren für die Serienfertigung um. »Das war der Ausgangspunkt«, erzählt Steck weiter. »Das Beispiel hat uns gezeigt, welches Potential in unserer Ultraschallprüfung steckt. Damit können wir praktisch alle Hohlkörper, etwa Autotanks, Gasflaschen oder Heizkörper auf Dichtheit prüfen. Voraussetzung ist, sie lassen sich mit Druckluft beaufschlagen und können in ein Wasserbad getaucht werden.«

    So funktioniert das schnelle und sichere Verfahren: Sobald der Prüfling im Wasser eingetaucht ist, werden Ultraschallwellen durch die Flüssigkeit geschickt. Tritt Luft aus und damit Gasblasen auf, werfen sie den Ultraschall zurück. Der Sensor kann unterscheiden, ob das gestreute Signal von einem festen Teilchen, etwa Schmutz oder einer Gasblase stammt. Anhand der Laufzeiten des zurückkehrenden Schalls errechnet das System die genaue Lage der Leckageblasen. Auf einem Monitor wird das Ergebnis dargestellt und im System zum Beispiel für die Qualitätssicherung abgespeichert.

    »Die Erfahrungen der letzten vier Jahre waren für uns sehr wertvoll«, erklärt Jürgen Steck. »Auf Veranstaltungen zeigte sich der Bedarf an neuen Prüfverfahren deutlich. Durch konsequente Arbeit an der Serienreife des Systems und die Präsentation auf verschiedenen Industriemessen konnte der Markt für das Verfahren geöffnet werden.« Beispiel Automobilindustrie: Die Normen für die Dichtheit von Kraftstoffsystemen werden immer strenger. Deshalb müssen Hersteller und Zulieferer sichere und überprüfbare Werte nachweisen. Die 100prozentige Qualitätsprüfung sichert hier Marktvorteile.

    Die ersten Schritte in die Selbständigkeit sind oft schwer. Die Forscher müssen markt- und betriebswirtschaftliche Kenntnisse erwerben, die Finanzierung klären, Kontakte auf- und ausbauen. »Bei uns kam hinzu, daß der am Institut hergestellte Prototyp komplett re-designed werden mußte«, erzählt Steck. »Im Gegensatz zum Prototypen müssen beim Seriengerät die Komponenten sehr kostengünstig hergestellt werden können. Die Geräte müssen sich einfach und schnell aufbauen lassen.« Die Kunden der jungen Firma sind bislang vornehmlich Automobilzulieferer. Sie testen beispielsweise Leichtmetallräder, Getriebe, Kraftstofffilter oder Einspritzpumpen auf ihre Dichtheit. Eine vollautomatische Hochleistungsanlage mit einer Taktzeit von vier Sekunden für Edelstahl-Fittings der Firma Mannesmann Pressfitting wird gerade in Betrieb genommen.

    »Spin-offs sind der schnellste und effektivste Weg wissenschaftliche Erkenntnisse in innovative Produkte zu überführen«, kommentiert Prof. Dr. Klaus Gersonde, Institutsleiter des Fraunhofer-IBMT in St. Ingbert. »Sie bergen Risiken aber auch enorme Möglichkeiten für die Wissenschaftler. Am Institut sehen wir den Weggang mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Natürlich entsteht zunächst eine Lücke, aber dadurch erhalten jüngere und nachfolgende Mitarbeiter eine Chance zum Erfolg.«
    Beate Koch

    Ansprechpartner:
    Dipl.-Phys. Jürgen Steck
    Telefon 0 68 26/93 34-11, Telefax 0 68 26/93 34-20
    Prosensys GmbH
    Saarpfalz Park, Gebäude 11
    D-66450 Bexbach
    email: steck@prosensys.de
    http://www.prosensys.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Maschinenbau, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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