idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
30.11.2005 13:33

Garnelen in Mitteldeutschland - Sensationeller Fund im Scheinwerferlicht

Dr. Margarete Wein Stabsstelle Zentrale Kommunikation
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

    Garnelen in einem mitteldeutschen Binnensee - eine biologische Sensation! Entdeckt wurde diese vor kurzem, bei Nacht und mit Scheinwerferlicht, von den beiden Sporttauchern Heinz Salzmann und Siegfried Berger im nahe der Saalestadt Halle gelegenen Hufeisensee.
    Prof. Dr. Gerald Moritz, Entwicklungsbiologe an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, identifizierte die sogenannten Schwebegarnelen als Hemimysis anomala, eine ursprünglich im östlich-mediterranen Raum heimische, aber auch schon in der Ostsee bis nach Finnland beobachtete Art.

    Der Hufeisensee ist eines der größten und mit 28 m auch eines der tiefsten im Raum Halle vorkommenden Oberflächengewässer. Das Bodenprofil des Sees wurde vor mehreren Jahren im Rahmen eines Projektes der Stadtverwaltung Halle mit Echolotmessungen aufgenommen und zeigt im östlichen Schenkel in einer Tiefe von durchschnittlich 15 bis 20 m eine längs verlaufende, stark zerklüftete Rinne (Moritz 1992). Die Sichttiefe ist im Vergleich mit anderen Oberflächengewässern im Raum Halle sehr gut und erreicht jahreszeitlich bedingt teilweise über 6 m.

    Bei einem Nachttauchgang im September 2005 machten die beiden erfahrenen und biologisch äußerst versierten Sporttaucher Heinz Salzmann und Siegfried Berger im öst-lichen Schenkel des Sees in 3 m Tiefe eine sensationelle Entdeckung - vor dem Schlamm eines alten untergegangenen Kahns beobachteten sie im künstlichen Licht ihrer Scheinwerfer ein massenhaftes Vorkommen einer sogenannten Schwebegarnele, die Prof. Gerald Moritz im Institut für Zoologie als Hemimysis anomala identifizieren konnten (Abb. 1). Aufgrund der heutigen Verbreitung dieser Glasgarnele wird sie zu den invasiven aquatischen Organismen gerechnet, die aus der ehemaligen östlich-mediterranen Region, insbesondere dem Schwarzmeergebiet und dem Kaspischen Meer nun auch im Bereich der Ostsee bis nach Finnland beobachtet werden kann. Meldungen aus den Niederlanden zeigen, dass diese Art auf dem Sprung ist, Westeuropa zu erobern. In Deutschland wurde diese Art erstmals 1997 erwähnt. Funde sind seitdem aus einigen Fliessgewässern (Mündungsregion des Rheins, Stichkanal bei Salzgitter) bekannt. Das zahlreiche Vorkommen dieser schwarmbildenden Schwebegarnelen im Hufeisensee ist somit für ein stehendes und weitestgehend isoliertes Oberflächengewässer, sowie für den ostdeutschen Raum und die Region Sachsen-Anhalt völlig neu. Auch bilden die allgemein in den Gewässern um Halle (griechisch: halos = Salz) gemessenen hohen Salinitätswerte optimale Lebensbedingungen.

    Die Art ist durch zwei Augenflecken sowie einer kräftigen roten Markierung an der Basis des Schwanzfächers zu erkennen. Eine weniger starke, aber dennoch zu bemerkende rote Pigmentierung fällt auf der Bauch- und Rückenseite der Segmente des Pleons (Hinterleib) durch be-merkenswerte Chromatophoren (Zellen mit Farbstoffinhalten, Abb. 2) auf. Die Weibchen konnten im September und Oktober immer mit Brutsack und darin enthaltenen, zahlreichen Eiern gefunden werden. Hemimysis anomala ist eine Art, die den dunkleren Bereich des Wasserkörpers bevorzugt besiedelt und hier in Schwärmen vor dem Lichtkegel der Taucherlampe auftaucht. Da die Tiere immer auffällig auf die Lichtquelle sich zu bzw. von ihr weg bewegen, jedoch sich nie seitlich von ihr weg bewegen, nennt man dieses spezifische Verhalten Telotaxis.

    Nähere Informationen:
    Lehr- und Forschungsbereich Entwicklungsbiologie
    der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Fachbereich Biologie
    Prof. Dr. Gerald Moritz
    Telefon: 0345 55-26430
    E-Mail: gerald.moritz@zoologie.uni-halle.de


    Bilder

    Abb. 1: Kopf, Mundwerkzeuge und Extremitäten des Brustbereiches von unten gesehen (Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme, Vergrößerung 50fach)
    Abb. 1: Kopf, Mundwerkzeuge und Extremitäten des Brustbereiches von unten gesehen (Rasterelektronenm ...
    Prof. Dr. Gerald Moritz
    None

    Abb. 2: Chromatophore (Zelle mit rotem Pigment) an der Basis des Schwanzfächers (Vergrößerung 400fach)
    Abb. 2: Chromatophore (Zelle mit rotem Pigment) an der Basis des Schwanzfächers (Vergrößerung 400fac ...
    Prof. Dr. Gerald Moritz
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Abb. 1: Kopf, Mundwerkzeuge und Extremitäten des Brustbereiches von unten gesehen (Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme, Vergrößerung 50fach)


    Zum Download

    x

    Abb. 2: Chromatophore (Zelle mit rotem Pigment) an der Basis des Schwanzfächers (Vergrößerung 400fach)


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).