Raketenexperiment von Bremer Uni-Wissenschaftlern erfolgreich: Von der nordschwedischen Bodenstation Esrange aus war am 1. Dezember 2005 die Forschungsrakete bis in 265 Kilometer Höhe aufgestiegen. Während der sechs Minuten Schwerelosigkeit führten die Forscher vom Zentrum für Angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) ein Experiment durch, das grundlegende neue Erkenntnisse über das Strömungsverhalten von Flüssigkeiten erbrachte.
Ob Raumsonde, Fernsehsatellit oder auch ein zukünftiger bemannter Mond- oder Mars-Flug: An Bord von Weltraumfahrzeugen ist es von entscheidender Bedeutung, Flüssigkeiten unter den schwierigen Bedingungen der Schwerelosigkeit sicher und effektiv zu handhaben. Das gilt sowohl für Treibstoffe als auch für Wasser und flüssige Gase. Eine besonders viel versprechende und elegante technische Lösung ist der Einsatz von seitlich offenen Leitungen, so genannten Kapillarkanälen.
Dabei strömt eine Flüssigkeit zwischen zwei parallel zueinander angeordneten, schmalen Platten. Dieser Kapillarkanal ist also oben und unten begrenzt, links und rechts dagegen offen. Die strömende Flüssigkeit wird durch ihre Oberflächenspannung und die gute Benetzung zum Wandmaterial zwischen den beiden Platten gehalten. Welche Kräfte dabei wirksam sind und wie sie interagieren, wird seit einigen Jahren mit den Gleichungen der Strömungsmechanik mathematisch modelliert. Theoretische Berechnungen müssen allerdings durch Experimente immer wieder überprüft werden.
Diesem Ziel diente auch das Raketenexperiment, das an einem Kapillarkanal aus zwei parallelen Glasplatten durchgeführt wurde. Die Breite der Platten betrug 25 Millimeter, ihr Abstand 10 Millimeter und die Länge des Kanals wurde während des Fluges zwischen 12 und 19 Millimeter variiert. Als Flüssigkeit wurde ein sehr dünnflüssiges Fluid verwendet, dessen Stoffeigenschaften wie Zähigkeit, Dichte und Oberflächenspannung in Kombination mit der Geometrie des Testkanals realen Treibstoffen sehr ähnlich sind. Die Ergebnisse können somit vom Modell auf ein Raumfahrzeug übertragen werden. Eine hochauflösende Kamera filmte das Experiment und sandte ihre Daten direkt zur Bodenstation, von wo aus die Versuchsleiter sofort in den Ablauf eingreifen konnten.
Mit ihrem Experiment konnten die Bremer Forscher jetzt sehr präzise ermitteln, bei welcher Geschwindigkeit die Strömung abreißt und warum das geschieht. Im Kapillarkanal breiten sich nämlich in Längsrichtung Kapillarwellen aus. Sobald die Strömung genauso schnell wird wie diese Wellen, reißt sie ab - ein Phänomen, das "Choking-Effekt" genannt wird. Die neuen Ergebnisse tragen grundlegend dazu bei, bisher kaum verstandene Vorgänge in Kapillarkanälen zu erklären.
Die Forschungsarbeit des ZARM wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gefördert. Das Experiment wurde durch die Firma EADS ST in Bremen gebaut und in die Rakete integriert.
Universität Bremen
Zentrum für Angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM)
PD Dr.-Ing. Michael Dreyer,
Dipl. Phys. Uwe Rosendahl
Telefon: 0421- 218 4038
E-Mail: dreyer@zarm.uni-bremen.de
http://www.zarm.uni-bremen.de/2forschung/grenzph/isoterm/crit_velo/crit_velo.htm
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Maschinenbau
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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