Nr. 110/5.12.05/kö
Descartes-Preis für Karlsruher Wissenschaftler
Forscher-Team für Arbeiten über Meta-Materialien ausgezeichnet
Die Europäische Union hat am vergangenen Freitag in London den mit insgesamt 1,15 Millionen Euro dotierten Descartes-Forschungspreis verliehen. Unter den Preisträgern sind Professor Dr. Martin Wegener, Physiker an der Universität Karlsruhe und Koordinator des DFG-Centrums für Funktionelle Nanostrukturen (CFN), und Dr. Stefan Linden vom Forschungszentrum Karlsruhe. Sie gehören einem der fünf internationalen Wissenschaftler-Teams an, die aus 85 Vorschlägen als Gewinner ausgewählt wurden. Bei ihrem prämierten Projekt, in dem künstliche Strukturen mit völlig neuartigen optischen Eigenschaften entwickelt wurden, arbeiteten die Karlsruher mit Forschern aus Griechenland, Großbritannien, der Türkei und den USA zusammen. Die Arbeitsgruppe erhielt ein Preisgeld von insgesamt 200 000 Euro.
EXEL - hinter diesem Projektkürzel verbergen sich Forschungsergebnisse, die dazu führen könnten, dass Physiklehrbücher in Teilen neu geschrieben werden müssen. Denn die von Wegener und seinen Kollegen anvisierten so genannten linkshändigen Meta-Materialien beeinflussen Lichtwellen ganz anders als natürliche Stoffe. Durchsichtige Objekte wie Glaslinsen oder Kristalle lenken einen von rechts einfallenden Lichtstrahl nach rechts vom seinem geraden Weg ab. Deshalb erscheint zum Beispiel auch ein Strohhalm, der schräg in einem Wasserglas steht, geknickt und sein Ende unter Wasser viel weiter von der Senkrechten entfernt als es tatsächlich ist. Linkshändige Metamaterialien würden dagegen den Lichtstrahl zur anderen Seite des Lots, also nach "links" brechen - ein Phänomen, das in der Natur nicht zu beobachten ist.
"Ganz so weit sind wir aber noch nicht", räumt Wegener ein. Ihm und seinen Kollegen ist es mit ihrer Entwicklung allerdings gelungen, nicht nur die elektrische, sondern auch die magnetische Komponente der elektromagnetischen Wellen zu beeinflussen, aus denen sichtbares Licht besteht. Die Strukturen bestehen aus Tausenden von winzigen, nur wenige Hundert Nanometer (1 Millionstel Millimeter) großen Goldringen mit einem feinen Schlitz, die wie Schwingkreise wirken. Lichtwellen erzeugen in ihnen einen oszillierenden Ringstrom, der wie bei einem Elektromagneten ein Magnetfeld aufbaut, das eine magnetische Resonanz zeigt - es schwingt mit derselben Frequenz wie das eingestrahlte Lichtfeld. Dieses System zeigt eine "negative magnetische Antwort", die Voraussetzung für linkshändige Meta-Materialien ist.
Ermöglicht wurden diese Ergebnisse erst durch die intensive Zusammenarbeit von Experten aus verschiedenen Ländern, erläutert Wegener. "Nachdem die Theoretiker des EXEL Teams die physikalischen Grundlagen berechnet hatten, konnten wir in Karlsruhe die Meta-Materialien anfertigen, um diese Überlegungen im Experiment zu bestätigen." Zwar handele es sich bei diesen Erkenntnissen noch um Grundlagenforschung, so der Physiker, aber die linkshändigen Meta-Materialien ermöglichten viel versprechende Anwendungen bei lithografischen Verfahren in der Halbleiter-Industrie und in der Telekommunikation.
Zur Person:
Professor Dr. Martin Wegener (43) studierte Physik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main, wo er auch promovierte. Nach einem zweijährigen Forschungsaufenthalt bei den AT&T Bell Laboratories in Holmdel, NJ (USA) erhielt er 1990 eine C3-Professur an der Universität Dortmund. Seit Oktober 1995 ist er Ordinarius für Angewandte Physik an der Universität Karlsruhe. Seit dessen Gründung im Jahr 2001 ist Wegener außerdem Koordinator des DFG-Centrums für Funktionelle Nanostrukturen, das mit über 200 Mitarbeitern und mehr als 60 Forschungsprojekten eine der größten Einrichtungen auf dem Gebiet der Nanowissenschaften in Europa ist.
Dr. Stefan Linden (33) studierte Physik in Karlsruhe. Nach Abschluss seiner Doktorarbeit, die er am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart anfertigte, ging er für ein Jahr als Postdoc an die Universität von Toronto, Kanada. Seit 2003 arbeitet er am Institut für Nanotechnologie am Forschungszentrum Karlsruhe. Dort wird er ab Januar 2006 eine eigene Helmholtz-Hochschul-Nachwuchsgruppe leiten.
Über den Descartes-Preis:
Der Descartes-Preis für die Forschung wird seit 2000 vergeben. Er zeichnet EU-Wissenschaftlerteams für herausragende wissenschaftliche und technologische Ergebnisse aus, die in länderübergreifender Forschung erzielt wurden. In diesem Jahr wurden aus 76 Vorschlägen 14 Finalisten ermittelt, von denen fünf Gewinner-Teams den Descartes-Preis erhielten. Die Preisverleihung fand am 1. und 2. Dezember 2005 in den Räumen der Royal Society in London statt.
Weitere Informationen unter
* http://europa.eu.int/comm/research/descartes/research_en.htm
(in Englisch)
* http://europa.eu.int/comm/research/descartes/press_en.htm
(Englisch, mit deutschen Presseinformationen)
* http://www.eubuero.de/arbeitsbereiche/wissenschaftundgesellschaft/descartes-2005
Weitere Informationen:
Angelika Schukraft
Presse und Kommunikation
Universität Karlsruhe (TH)
Telefon: 0721/608-6212
E-Mail: schukraft@verwaltung.uni-karlsruhe.de
http://www.presse.uni-karlsruhe.de/4629.php
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Informationstechnik, Mathematik, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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