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08.12.2005 10:47

Den Traum vom Gehen und Rennen realisieren

Axel Burchardt Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Forschungen der Universität Jena zu aktiven Beinprothesen von EU gefördert

    Jena (08.12.05) Ein sportlicher Waldlauf ist für Menschen ohne Beine ein kaum erfüllbarer Wunschtraum. Denn mit herkömmlichen Beinprothesen können sie zwar leidlich gehen, rennen kann man mit diesen jedoch nicht. Dafür benötigt man teure Spezialprothesen, die einer gebogenen Blattfeder ähneln. Weltweit können sich diese Hightech-Produkte jedoch nur wenige Behinderte leisten. "Kommerzielle Beinprothesen, mit denen Gehen und Rennen möglich ist, gibt es zurzeit noch nicht", sagt Dr. André Seyfarth, Leiter des Lauflabors am Institut für Sportwissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Dort arbeiten er und seine Mitarbeiter jedoch intensiv daran, den Traum vieler Behinderter Wirklichkeit werden zu lassen. Eines ihrer Forschungsprojekte dabei wird jetzt sogar von der Europäischen Union (EU) gefördert. Sie hat dafür gerade knapp 240.000 Euro zur Verfügung gestellt.

    Dank des EU-Stipendiums kann der 29-jährige Physiker Dr. Hartmut Geyer in den nächsten zwei Jahren am renommierten Massachusetts Institut of Technology (MIT) in den USA arbeiten und forschen. Im dritten Jahr wird er dann die Ergebnisse an seinem Jenaer Arbeitsplatz auswerten. "Das MIT ist eine der führenden Einrichtungen auf dem Gebiet der Biomechatronik", erklärt Geyer. "Dort wurden mit die technologisch modernsten Prothesen entwickelt, die heute kommerziell angeboten werden."

    "Auf den ersten Blick erscheinen die Bewegungsabläufe beim Gehen und Rennen sehr kompliziert", sagt Dr. Seyfarth. Das Zusammenspiel von Muskelreflexen und Gelenken ist sehr komplex und bei den unterschiedlichen Bewegungsarten auch sehr verschieden. "Den Unterschied merkt jeder, der beispielsweise über Asphaltstraßen oder Waldwege rennt", so der Leiter des Lauflabors. "Unsere Gelenke und Muskeln fangen harte Stöße bestens ab und passen sich den Untergrundbedingungen sehr gut an". Die Wissenschaft stehe erst am Anfang, wenn es darum geht, die Bewegung über die physikalischen Parameter hinaus erklären zu können. Doch dabei haben die Jenaer Bewegungsforscher der Konkurrenz offensichtlich einiges voraus, was auch die EU zu Ihrer Förderung veranlasste. "Wir sind die Ersten, die ein einheitliches Grundmodell für das Gehen und das Rennen haben", sagt Seyfarth. Seit Mitte der 90er Jahre beschäftigt sich die Jenaer Biomechanik um Professor Reinhard Blickhan, aus der auch das Lauflabor hervorgegangen ist, mit dieser Aufgabenstellung.

    "Unser Ziel ist jedoch nicht, die natürlichen Bewegungen eines Beines genau zu kopieren, wie das die Biomimetik tut", erklärt Dr. Geyer. Bestreben der Jenaer Forscher ist es, "zu schauen, woher die Bewegung kommt, die biologischen Funktionsabläufe in ihren physikalischen und mechanischen Elementen zu verstehen und die Erkenntnisse in ingenieurtechnische Systeme umzusetzen". Im Fall der Beinprothesen gehe es darum, nicht nur Prothesen mit passiven Gelenken zu bauen, die etwa über hydraulische Gelenke Stöße beim Gehen dämpfen. Die Jenaer wollen in Zusammenarbeit mit dem Ilmenauer Lehrstuhl für Biomechatronik von Professor Hartmut Witte Prothesen mit aktiven Gelenken entwickeln.

    Dafür seien noch viele Probleme zu lösen, räumt Seyfarth ein. "Wir brauchen kleine, aber starke und schnelle Motoren, wissen jedoch noch nicht genau, wo diese eingebaut werden müssen und wie sie ihre Steuersignale erhalten sollen." Auch die energetische Versorgung der Motoren ist noch schwierig, Batterien seien zu schwer und kurzlebig. "Wasserstoffzellen wären eine vernünftige Alternative", erklärt er. Das Know-how des MIT, mit dem die Jenaer bereits seit einigen Jahren Kontakte pflegen, werde für die eigene Forschung an Beinprothesen sehr nützlich sein, meint Dr. Geyer.

    Doch soll von seinem USA-Aufenthalt nicht nur das Jenaer Bewegungs-Forschungszentrum profitieren. "Das Stipendium wird von der EU auch finanziert, weil Prothetik und Robotik traditionell Wissenschaftsfelder sind, in denen die USA und Japan die Spitze einnehmen", erklärt Dr. Seyfarth. Europa wolle da aufholen. Die Jenaer Kompetenzen spielen dabei offensichtlich eine wichtige Rolle.

    Kontakt:
    Dr. André Seyfarth
    Nachwuchsforschergruppe "Lauflabor" der Universität Jena
    Dornburger Str. 23, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 945730
    E-Mail: oas@uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.lauflabor.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Maschinenbau, Medizin, Sportwissenschaft
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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