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23.12.2005 13:35

Wissenschaftler zweiter Klasse?

Barbara Manthey Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland

    Geisteswissenschaftler wenden sich per Resolution an den Bund und prangern den TVöD als Mogelpackung an.

    Die geisteswissenschaftlichen Institute im In- und Ausland sind alarmiert: Wissenschaftler, die bei einer Forschungsorganisation des Bundes arbeiten wollen, werden künftig wie Berufsanfänger bezahlt. Unabhängig von Berufserfahrung und wissenschaftlicher Reputation werden Forscher bei ihrer Anstellung im Geltungsbereich des im Oktober dieses Jahres für alle Institutionen des Bundes in Kraft getretenen Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) automatisch in die unterste Stufe der für sie geltenden Vergütungsgruppe eingruppiert.

    Der Grund: Es sollte eine stärkere Vergütung nach der Leistung und nicht nach Dienstjahren erfolgen. Grundsätzlich ist diese neue Orientierung des TVöD positiv zu bewerten. Die Vergütung nach Dienstjahren wurde denn auch völlig abgeschafft, doch Leistungskriterien für diese Berufgruppe wurden nicht entwickelt. Es gibt weder Kennzahlen, nach denen Leistungszuschläge berechnet werden können, noch die Maßgabe mit Zielvereinbarungen zu arbeiten, um Leistungskriterien zu erfüllen, nach denen eine gerechte Vergütung erfolgen kann. Damit ist nicht mal das "Kleine Einmaleins" der Tarifpolitik erfüllt. Die Streichung der Vergütung nach Dienstjahren ist somit eine nicht hinnehmbare einseitige Kürzung. Wenn der TVöD eine stärkere Orientierung auf Leistungen verspricht, aber keine Kriterien zu deren Berechnung vorsieht, ist er nicht nur ein unvollständiger Tarif, sondern eine Mogelpackung. Die geisteswissenschaftlichen Institute fordern daher schnellstmöglich die Aufstellung von Leistungskriterien und die Entwicklung von Kennzahlen für ihre Berufsgruppen, damit nach einem seriösen Tarif gearbeitet werden kann.

    Betroffen vom TVöD in der jetzigen Fassung sind insbesondere Wissenschaftler, für die es die Regel ist, mehrfach die Forschungseinrichtung zu wechseln. Es ist zu befürchten, dass der in jeder Hinsicht notwendige Austausch zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Arbeitgebern massiv behindert wird. Der Wechsel zu einer Forschungsinstitution des Bundes wird für erfahrene Wissenschaftler somit unattraktiv und die Gewinnung hervorragenden Forschungspersonals deutlich erschwert. Dies gilt umso mehr für im Ausland angesiedelte Forschungseinrichtungen, die im besonderen Maße auch international konkurrenzfähig sein müssen.

    Vor diesem Hintergrund bemühte sich das Bundesforschungsministerium zunächst um die Durchsetzung einer zumindest teilweisen Anerkennung von Vordienstzeiten. Ergebnis war eine vom Innenministerium getroffene Ausnahmeregelung, die allerdings grundsätzlich nur für Wissenschaftler in naturwissenschaftlichen, medizinischen und technischen Fächern Anwendung findet. Diese Ungleichbehandlung trägt einmal mehr zu dem Eindruck bei, dass die weniger einträglichen geisteswissenschaftlichen Disziplinen im Rahmen der Bemühungen um international anerkannte Exzellenz nur noch eine untergeordnete Rolle spielen.

    Die international arbeitenden geisteswissenschaftlichen Forschungsinstitute des Bundes, zu denen unter anderem das Deutsche Archäologische Institut (DAI) und die Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland (DGIA) zählen, wenden sich vor diesem Hintergrund an die Öffentlichkeit, um auf die Ungleichbehandlung der Wissenschaftsbereiche hinzuweisen und die Gleichstellung der Geisteswissenschaften voranzutreiben. So hat sich die öffentlich-rechtliche Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland mit weltweit rund 80 wissenschaftlichen Angestellten inzwischen mit einer Resolution an den Bund gewandt, in der dieser mit Nachdruck aufgefordert wird, die Beschäftigten im Bereich der Geisteswissenschaften mit denen im Bereich der naturwissenschaftlichen, medizinischen und technischen Fächer bei der Anerkennung von Vordienstzeiten gleichzustellen. Nur so könne die notwendige wissenschaftliche Flexibilität und die Gewinnung exzellenten Personals gewährleistet werden.


    Weitere Informationen:

    http://www.stiftung-dgia.de
    http://www.dainst.org


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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