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28.09.1999 13:40

Technologie- und Wissenstransfer an der Universität Würzburg

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Eine mittelständische fränkische Firma sucht Hilfe. Es gilt, ein Problem auf dem Gebiet der Kunststofftechnologie im Bereich Medizintechnik zu lösen sowie Forschungspartner im Bereich modifizierte Biofilterverfahren zur Abluftreinigung zu finden. Über E-Mail fragt ein Unternehmen nach neuen Werkstoffen für Hüftprothesen, die vom menschlichen Gewebe besser als bisherige Materialien angenommen werden - solchen Fragestellungen aus der Wirtschaft öffnet sich die Universität Würzburg zunehmend.

    Ergebnisse der Forschung und ihre Umsetzung sind für den Standort Deutschland, die Verbesserung der Lebensverhältnisse, die langfristige Sicherung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und die Erhaltung der Umwelt von entscheidender Bedeutung. Anwendungsorientierte Grundlagenforschung und der Transfer der industriell umsetzbaren Forschungsergebnisse in die Wirtschaft werden in der Zukunft für die Hochschulen immer wichtiger. Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Technologietransferstelle der Universität.

    Angehörigen der Hochschule wie auch Vertretern der Wirtschaft wird über die Transferstelle der Universität Zugang zu Experten und apparativen Ausstattungen ermöglicht. Weitere Dienstleistungen sind u.a. die Vermittlung von Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sowie die Suche nach geeigneten Finanzierungsmöglichkeiten für eine Zusammenarbeit von Firmen und Wissenschaftlern, was besonders für kleine und mittlere Unternehmen ohne großes Forschungsbudget wichtig ist.

    Im Rahmen der Aktivitäten im Technologietransfer pflegt die Universität Würzburg zahlreiche Kooperationen und arbeitet eng mit regionalen Einrichtungen wie den Industrie- und Handelskammern Würzburg-Schweinfurt und Aschaffenburg, der Landesgewerbeanstalt Bayern und der Bayern Innovativ GmbH zusammen. Es bestehen insbesondere in den Bereichen Medizin und Medizintechnik, Biotechnologie, Energietechnik, Physik und Informatik zahlreiche Industriekooperationen - Beispiele zeigen die Aussteller der Universität auf dieser Messe - sowohl im Raum Mainfranken wie auch in Bayern und darüber hinaus auf nationaler und internationaler Ebene.

    Die Universität Würzburg ist Mitglied im Innovationsverbund Unterfranken, dessen Ziel die regionale Vernetzung der Technologietransferaktivitäten auf der operativen Ebene ist, um einerseits einen raschen Informationsfluss zwischen den Partnern zu gewährleisten, andererseits die Bündelung der in Unterfranken im Technologiebereich vorhandenen Potentiale zu ermöglichen. Weiterhin ist die Universität in das Franken-Marketing-Konzept integriert, das den fränkischen Raum innerhalb des Freistaates Bayern, aber auch bundes- und europaweit als modernes und dynamisches Gebiet darstellt und vermarktet.

    Ein wesentliches Ziel der Technologietransferaktivitäten der Universität besteht darin, universitären Firmengründungen in der Region ein geeignetes Umfeld geben zu können, da im Bereich der anwendungsorientierten universitären Grundlagenforschung, die in Produkte und Unternehmensgründungen führen kann, an den meisten Hochschulen ein Vakuum besteht, welches universitäre Firmengründungen behindert. Nach Abschluss einer Forschungsarbeit existiert im Regelfall kein fertiges neues Produkt, es existiert jedoch eine innovative Produktidee oder eine neue Technologie, die allerdings erst soweit fortentwickelt werden muss, dass sie zur Marktreife gelangt. Erst mit dem marktfähigen Produkt ist dann eine Unternehmensgründung möglich.

    Die Weiterentwicklung der aus der Forschungsarbeit entstandenen Produktidee oder des Verfahrens kann aber nicht innerhalb des Forschungsinstitutes selbst erfolgen - denn dieses wendet sich wieder der Erforschung neuer, wissenschaftlich ungelöster Fragen zu. Aus dem Programm "Offensive Zukunft Bayern" sollen in diesem Zusammenhang Mittel für ein "Innovations- und Gründerzentrum Würzburg-BioMed" zur Verfügung gestellt werden. Inzwischen wurde ein entsprechender Förderverein gegründet, zu dessen Mitgliedern unter anderem auch Universität und Stadt Würzburg gehören. Für die Errichtung des Zentrums hat die Stadt im Gewerbegebiet Ost bereits Gelände zur Verfügung gestellt.

    Aussteller auf der Mainfrankenmesse:

    CUSS - ein Simulationsprogramm für Notfälle

    Massenunfälle stellen eine neue Dimension der rettungsdienstlichen Versorgung dar: Die Vielzahl von Verletzten zwingt sowohl den zuerst am Unfallort eintreffenden Notarzt als auch später den Leitenden Notarzt zu schwierigen Entscheidungen. Für eine gesonderte Schulung dieser Mediziner wurde das multimediale Simulationsprogramm CUSS entwickelt, das von Prof. Dr. Peter Sefrin, Professor für Präklinische Notfallmedizin an der Universität Würzburg, vorgestellt wird. Um die reale Darstellung eines Großunfalls zu erreichen, arbeitet das Programm mit Bild-, Ton- und Videodateien: CUSS stellt den Anwender vor das Problem, eine möglichst große Anzahl von Verunglückten mit unterschiedlichen Verletzungsgraden und Symptomen mit einer unzureichenden Anzahl von Helfern zu versorgen und mit einer anfangs zu geringen Anzahl von Rettungsmitteln abzutransportieren. CUSS steht für "Computergestützte Simulation der Sichtung von Verletzten bei einem Massenunfall" und ist das Ergebnis einer fächerübergreifenden Zusammenarbeit von Universität, Fachhochschule und der Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigen Notärzte. Demonstrationstermine: Freitag, 1. Oktober, 11.30 und 14.00 Uhr, Samstag, 2. Oktober, 14.00 Uhr.

    Vakuumdämmungen für Gebäudefassaden

    Über neue Wege in der Wärmedämmung informiert das Bayerische Zentrum für Angewandte Energieforschung e.V. (ZAE Bayern, Vorsitz: Prof. Dr. Jochen Fricke). Vorgestellt werden evakuierte Dämmungen, die in einer Dicke von nur vier Zentimetern eine 30 Zentimeter starke herkömmliche Dämmung ersetzen können. Es handelt sich um gepresste Pulverplatten auf der Basis von mikroporöser Kieselsäure mit einer Umhüllung aus Aluminiumverbundfolie - ähnlich wie bei vakuumverpacktem Kaffee. Diese Dämmpaneele bleiben über Jahrzehnte funktionsfähig und sind deshalb für den Baubereich interessant. Ihre Verwendung bietet sich dort an, wo wenig Platz zur Verfügung steht und zugleich eine hohe Dämmwirkung wichtig ist, etwa bei Fensterbrüstungen, Fußbodendämmungen und besonders bei der Innendämmung von denkmalgeschützten Fassaden. Diese Vakuumdämmtechnik wurde an der Fassade des neuen Experimentiergebäudes des ZAE Bayern am Würzburger Hubland erstmals an einem Haus angewendet. Derzeit sind beim ZAE Bayern Projekte in Planung, bei denen mehrere Tausend Quadratmeter Vakuumpaneele in Demonstrationsfassaden eingebaut werden sollen.

    Neuartiger Knochenersatz

    Der Ersatz von Knochen ist zum Beispiel dann nötig, wenn im Kieferbereich eines Patienten ein Tumor und mit diesem auch großräumig Knochen entfernt werden musste. Ein neuartiger Knochenersatz soll am Lehrstuhl für experimentelle Zahnheilkunde (Prof. Dr.-Ing. Roger Thull) der Universität Würzburg entwickelt werden. Das Ausgangsprodukt liegt bereits vor: Es ist ein Pulvergemisch aus Kalziumphosphaten, das mit Wasser vermengt wird und so einen formbaren Zement liefert. Dieser liegt nach der Aushärtung als Hydroxylapatit vor - ein Stoff, der mit dem nicht-organischen Bestandteil von natürlichen Knochen identisch ist. Noch erfüllen die Zemente aus Hydroxylapatit nicht alle Anforderungen, denn ihre Abbindezeit und ihre mechanischen Eigenschaften sind nicht reproduzierbar: Die Werte streuen sehr stark und sind nicht im notwendigen Maß vorhersagbar. Deshalb wird zunächst versucht, die Phosphatpulver besser zu charakterisieren - von Interesse sind Partikelgröße, Verteilung der Größen im Gemisch und elektrische Oberflächeneigenschaften. Anschließend sollen die Anforderungen an die optimalen Komponenten festgelegt und der Zement als Prototyp hergestellt werden. Außerdem wollen die Wissenschaftler Beimischungen prüfen. So ließe sich der Zement etwa mit Antibiotika versetzen, um Infektionen im Anwendungsgebiet vorzubeugen.

    Fahrerloses Transportsystem verbessert

    Der Neuauslegung der Fördertechnik im Lackierbereich der Smart-Produktion in Hambach (Frankreich) diente ein Projekt, das vom Lehrstuhl für Informatik III (Prof. Dr. Phuoc Tran-Gia) vorgestellt wird. Die Problemstellung: Die Fördertechnik zwischen Hochregallager und Lackierbereich, bestehend aus fahrerlosen Transportsystemen (FTS), erreichte nicht den gewünschten Durchsatz. Es sollten daher die Anzahl der FTS ermittelt werden, die für den Zieldurchsatz benötigt werden, und gleichzeitig neue Fahrwege und eine neue Fahrsteuerung für die FTS entwickelt werden. Da die laufende Fertigung nicht unterbrochen werden durfte, war eine Simulationsstudie das geeignete Mittel für die Neuauslegung der Fördertechnik: Anhand eines Simulationsmodells untersuchten die Wissenschaftler verschiedene FTS-Steuerungsalternativen, die den Durchsatz der Fördertechnik maximieren und gleichzeitig die Anzahl der FTS minimieren. Anhand der Simulationsergebnisse wurde die Fördertechnik zwischen Weihnachten und Silvester 1998 umgebaut. Weil das neue Fördersystem im Simulationsmodell bereits ausgiebig getestet war, funktionierte die neue Fahrstrecke auf Anhieb fehlerfrei und lieferte den gewünschten Durchsatz.

    Reglersystem für Kläranlagen

    Zur Regelung von Kläranlagen, die nach dem Belebtschlamm-Verfahren arbeiten, wird momentan im wesentlichen der Sauerstoffgehalt in der Anlage herangezogen. Gelegentlich werden bei größeren bzw. gut ausgestatteten Kläranlagen auch die Nitrat- und Ammoniumwerte berücksichtigt. Bei vielen kleineren Kläranlagen ist dies aber nicht der Fall, da die Messvorrichtungen sehr teuer und wartungsaufwendig sind. Präsentiert wird das Aqualogic-Reglersystem der Firma Intech BTS, das neue Ansätze benutzt: Zum einen wird zur Ermittlung des Zustandes im Belebtschlammbecken zusätzlich zur Sauerstoffsonde die wartungsarme und robuste Redoxpotentialsonde verwendet. Daraus ergibt sich, in Verbindung mit einer speziellen Berechnung der Stellgrößen, dass dieser neue Regler mit einem relativ geringen finanziellen Aufwand betrieben werden kann und somit auch kleineren und mittleren Kläranlagen von Kommunen eine kostengünstige Modernisierung erlaubt. Das Unternehmen Intech BTS erhielt 1999 den Bayerischen Umweltpreis. Es wurde gemeinschaftlich von der Firma Intech PEV (Rimpar) und der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Roland Benz vom Lehrstuhl für Biotechnologie der Universität Würzburg gegründet.


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-wuerzburg.de/zv/abt8/
    http://www.wuerzburg.de/mfm99/index.html


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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