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06.01.2006 09:51

"Alternativ-Religion" vor 100 Jahren in Jena geformt

Axel Burchardt Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Sonderausstellung "100 Jahre Deutscher Monistenbund" im Ernst-Haeckel-Haus der Universität Jena beginnt am 11. Januar, 17.15 Uhr

    Jena (06.01.06) Am 11. Januar 1906 wurde im Zoologischen Institut der Universität Jena der Deutsche Monistenbund (DMB) gegründet. Die Federführung hatten dabei u. a. die Biologen Ernst Haeckel und Wilhelm Breitenbach sowie der Bremer Reformtheologe Albert Kalthoff. Der Monistenbund sollte für eine einheitliche, auf Naturerkenntnis gegründete Welt- und Lebensanschauung eintreten. In dieser Vereinigung wurden die allgemeinen philosophischen Konsequenzen der Evolutionsbiologie im Haeckel'schen Sinne, wonach sich alle Vorgänge der Welt auf ein einziges Ordnungsprinzip zurückführen lassen, proklamiert. In dieser Gesamtheit hoben sich nach Meinung der Monisten die scheinbaren Gegensätze von Freiheit und Notwendigkeit, Natur und Geist, Körper und Seele, Ich und Natur sowie Gott und Welt auf.

    Genau ein Jahrhundert nach der Gründung wird im Ernst-Haeckel-Haus der Universität Jena die Sonderausstellung "100 Jahre Deutscher Monistenbund" eröffnet. Bei der Vernissage, zu der der Eintritt frei ist, sprechen ab 17.15 Uhr Prof. Dr. Dr. Olaf Breidbach über "Monismus als Weltanschauung" und Dr. Heiko Weber zum Thema "Der Deutsche Monistenbund 1906-1933". Die Sonderausstellung im Haeckel-Haus (Berggasse 7) ist vom 11. Januar bis 31. Oktober, dienstags bis freitags von 9-12 Uhr und von 13-16 Uhr, zu sehen.

    Auf Grund seiner Bedeutung erlangten Haeckel und seine Anhänger zur Lebenszeit des Biologen fast ein Informationsmonopol - und beherrschten somit wissenschaftliche wie öffentliche Meinungsbildung auf diesem Feld. Die Monisten wirkten mit ihrer Idee daher nachhaltig auf die Lebensreformbewegung ein und bereiteten der Ideologisierung der Biowissenschaften im beginnenden 20. Jahrhundert den Weg. Bedeutsam ist dabei, dass der im Bund vertretene "Monismus" keineswegs nur für Naturwissenschaftler interessant war, sondern breite Bevölkerungskreise ansprach und so einen wesentlichen Beitrag zur Popularisierung der Naturwissenschaft leistete. Zugleich war er für eine moderne Strömungen aufnehmende Theologie interessant. Der erste Vorsitzende des Monistenbundes war der Bremer Reformtheologe Albert Kalthoff.

    Der Deutsche Monistenbund verstand sich somit nicht als eine Vereinigung von Naturwissenschaftlern, sondern auch als kulturbildende Organisation. Dabei sah man sich als eine Alternative zur christlichen Religionsgemeinschaft. Der Monismus und die von ihm propagierte Vorstellung von Naturwissenschaft wurden quasi in den Status einer Ersatzreligion erhoben. Die Ziele des DMB sollten über eine aktive Einbindung breiter Volksmassen verwirklicht werden. Hierzu sollte das bisher in "Unwissenheit" und unter kirchlicher Dogmatik gehaltene Volk durch das Selbstbekenntnis der überzeugten Monisten aufgeklärt werden. Dies geschah bei vielfältigen Festen, Kursen und u. a. durch die von Wilhelm Ostwald herausgegebenen Reden zum Monismus. Sie tragen den Titel "Monistische Sonntagspredigten" und sollten an Sonntag-Vormittagen - also zur Zeit der kirchlichen Gottesdienste - in monistischen Versammlungen vorgetragen werden. Dennoch war das inhaltliche Spektrum des Monismus durchaus heterogen, wie auch in der neuen Exposition zu erfahren ist.

    Die Ausstellung "100 Jahre Deutscher Monistenbund" im Haeckel-Haus dokumentiert die Entwicklung des Monistenbundes in den Jahren 1906 bis 1933 und der in Folge seiner Gründung ins Leben gerufenen Gegenorganisationen wie des evangelischen Keplerbundes. Sie ermöglicht Einblicke in die historischen Dokumente der Propagierung einer Weltanschauung, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem bedeutenden Kulturfaktor wurde.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Dr. Olaf Breidbach / Dr. Heiko Weber
    Institut für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik - "Ernst-Haeckel-Haus" der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Berggasse 7, 07745 Jena
    Tel.: 03641 / 949500 oder 949508
    E-Mail: Olaf.Breidbach@uni-jena.de oder Heiko.A.Weber@uni-jena.de


    Bilder

    Treffen von Vertretern des Deutschen Monistenbundes am 11. Mai 1906 in Jena: (v. r.) Arthur Schwarz, Ernst Haeckel, Wilhelm Breitenbach, F. Siebert, Thiele, Johannes Unold.
    Treffen von Vertretern des Deutschen Monistenbundes am 11. Mai 1906 in Jena: (v. r.) Arthur Schwarz, ...
    Foto: EHH-Archiv
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    Karte des Deutschen Monistenbundes (DMB).
    Karte des Deutschen Monistenbundes (DMB).
    Foto: EHH-Archiv
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Geschichte / Archäologie, Informationstechnik, Philosophie / Ethik, Religion
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

    Treffen von Vertretern des Deutschen Monistenbundes am 11. Mai 1906 in Jena: (v. r.) Arthur Schwarz, Ernst Haeckel, Wilhelm Breitenbach, F. Siebert, Thiele, Johannes Unold.


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